1. Mai 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
J. B. Chr. Freislich: Kantaten

J. B. Chr. Freislich: Kantaten

Andrzej Szadejko und sein Goldberg Baroque Ensemble sind mit Sicherheit nicht die «Entdecker der Danziger Barockzeit», aber sie können auf zahlreiche Studien aus den letzten Jahrzehnten aufbauen, die aus der Sichtung von Quellenmaterial hervorgegangen sind. Die achte Folge der bei Dabringhaus & Grimm erscheinenden CD-Serie «Musica Baltica» bringt nun weltliche Kantaten von Johann Balthasar Christian Freislich (1687–1754), dessen Schaffen bereits 1997 in einer Leipziger Dissertation umfänglich und mit Werkverzeichnis aufgearbeitet wurde. Genauer müsste man also propagieren: Andrzej Szadejko ist es gelungen, viele Institutionen mit ins Boot zu nehmen, um international

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Glenn Gould / Bach-Box

Glenn Gould / The Bach-Box

Es gibt Aufnahmen, die legendär sind und die dennoch kaum jemand kennt. Dazu zählt etwa Willem Mengelbergs Deutung von Mahlers Vierter (Amsterdam, November 1939). Wer diesen Mitschnitt je gehört hat, der wird mit glühenden Worten von ihr sprechen. Was mich aber bereits Ende des 20. Jahrhunderts wunderte: Er war schon damals nicht mehr im Katalog zu finden. Erst das Streaming hat den Schatz wieder aus dem Archiv ans Licht geholt. Anders verhält es sich mit den Bach-Interpretationen von Glenn Gould. Sie alle waren und werden immer präsent sein – ihre

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Bach: Complete Concertos – Concerto Copenhagen

Bach: Complete Concertos – Concerto Copenhagen

Obwohl das Concerto Copenhagen in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert, mutet die Diskographie des gerne auch «CoCo» genannten Ensembles erstaunlich übersichtlich an. Mehr noch ist es wohl so, dass die internationale Aufmerksamkeit erst mit der Aufnahme der Bach-Konzerte einsetzte, deren erste Folge vor nun schon 18 Jahren herauskam und deren letzte 2015 erschien. Ein Glücksfall – auch für das Label cpo, das sich sonst eher auf Repertoire-Entdeckungen versteht, hier nun aber eine Formation mit «Standards» ins Rampenlicht führte. Inzwischen sind die fünf Alben auch kombiniert und wohlfeil zu haben

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Bach: Transcriptions

Bach: Transcriptions

Bearbeitungen und Transkriptionen Bach’scher Werke gibt es wie Sand am Meer. Bereits Wolfgang Amadeus Mozart hatte einige Fugen aus dem «Wohltemperierten Klavier» für Streichtrio sowie Streichquartett arrangiert; andere Komponisten folgten ihm mit weiteren Übertragungen nach. Es liegt fraglos an der gleichsam «abstrakten», allumfassenden musikalischen Faktur, dass auch noch heute unzählige Adaptionen, vielleicht mehr als je zuvor, einem auf CD, in den Medien oder auch auf der Straße begegnen: von dem der Kälte trotzenden Akkordeonspieler bis hin zum professionell agierenden Ensemble, das den ganzen Generalbass durch eine Kontrabass-Balalaika ersetzt. Immer wieder wundervoll

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Bach / Secular Cantatas – Suzuki

Bach / Secular Cantatas – Suzuki

Was wäre die protestantische Kirchenmusik ohne Bachs Kantaten? Kaum mag man sich fragen, wer und womit für die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte im Zweifel diese Position eingenommen hätte, wenn die Leipziger Ratsherren am Ende eine andere «dritte Wahl» getroffen hätten. Was verloren oder auch erst gar nicht geschrieben worden wäre, kann man sich bestens anhand von Bachs weltlichen Kantaten vorstellen – immerhin sind es stolze 20 an der Zahl, die sich erhalten haben. Sie sind allerdings im Repertoire noch immer Raritäten, ein paar von ihnen haben dann aber doch als sogenannte Parodien

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Bach: Keyboard Works – Scott Ross

Bach: Keyboard Works – Scott Ross

Es ist eine Box, auf die man lange warten musste, die nun aber ein musikalisches Vermächtnis würdigt, das schon lange drohte, im Business-Strudel unterzugehen. Denn während Scott Ross mit seiner Einspielung aller 555 einsätzigen Sonaten von Domenico Scarlatti Schallplatten- und Interpretationsgeschichte geschrieben hat (1984/85), sind seine wenigen Bach-Produktionen Raritäten geblieben. Nach einer Aufnahme der Werke von Henri d’Anglebert (1629–1691) sollte ein kompletter Zyklus der Bach’schen Werke folgen. Ein Mammutunternehmen, das aber Fragment blieb – mehr noch: von dem nur der erste Anfang vorliegt. Denn so wie die Karriere von Scott

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Fux: Gesù cristo

Fux: Gesù cristo

Erst langsam scheint Johann Joseph Fux (1660–1741) wieder aus dem Schatten der Geschichte hervorzutreten. So bekannt bis heute sein «Gradus ad Parnassum», so unbekannt blieb er als Komponist – und dies, obwohl er ab 1715 als Hofkapellmeister der Habsburger in Wien eines der wichtigsten musikalischen Ämter seiner Zeit bekleidete. Dabei scheint der Meister der Kontrapunktlehre auch durchaus einfühlsame Klänge geschrieben zu haben. Dies belegt jedenfalls seine als «Componimento sacro per musica» bezeichnete Passionsmusik mit dem Titel «Gesù Cristo negato da Pietro», die erstmals am 7. April 1719 in Wien erklang; eine

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Kieling: Matthäus-Passion

Kieling: Matthäus-Passion

Jugend forscht. Unter dieses Motto könnte man diese interessante Produktion stellen. Denn Jeroen Finke und das von ihm geleitete Ensemble lpdm (la protezione della musica) haben noch als Studierende abseits des breiten Wegs eine bisher unbekannte Passion eingespielt. Sie stammt von einem regional wirkenden Organisten, Kapellmeister und Komponisten des frühen 18. Jahrhunderts, ist singulär überliefert – und hat dennoch musikalisch einiges zu bieten. Sicher vor 1719 entstanden, handelt es sich um ein Werk von Johann Cyriacus Kieling (1670–1727), das allerdings (soweit ist es nachweisbar) einige Veränderungen und Ergänzungen von dritter Hand

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Theile: Matthäus-Passion

Theile: Matthäus-Passion

Sein Ruf als «Vater der Contrapunctisten« steht wohl bis heute einer breiteren Rezeption der (erhaltenen) Werke von Johann Theile (1646–1724) im Wege. Die Zeitgenossen schätzten ihn vor allem als gelehrten Musiker und Komponisten – damals Worte höchster Anerkennung, die nun aber, in einer Zeit des eher emotionalen Musikkonsums, wenig gelten. Dabei kennen wir Theile als Komponisten kaum: Seine Werke für die Hamburger Oper am Gänsemarkt sind verschollen, und auch sonst gewinnt man mit Blick auf das überlieferte Œuvre den Eindruck, dass wohl doch das Allermeiste unwiederbringlich verloren ist. Nicht so

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Extra Time – La Serenissima / Adrian Chandler

Extra Time – La Serenissima / Adrian Chandler

Eher Nachspielzeit als Zugabe. So ist dieses Album entstanden, das auf dem Cover den Eindruck einer namhaften Auswechselbank beim Duschen hinterlässt. Dumm nur, dass die Graphik eine wunderbare Chance vergeben hat: Hängt man nämlich die Shirts von „Albinoni“ und „Vivaldi“ einmal um, so hätte sich mit 1729 ein für die eingespielten Werke guter chronologischer Mittelwert ergeben. Entstanden ist die CD mit dem etwas seltsamen Titel „Extra Time“ tatsächlich durch Werke, mit denen am Ende von Aufnahmesitzungen die noch vorhandene Zeit gefüllt wurde. Diese Tracks lagen dann teilweise in der berüchtigten

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Vivaldi: Concerti per violino VIII – Le Concert de la Loge / Julien Chauvin

Vivaldi: Concerti per violino VIII – Le Concert de la Loge / Julien Chauvin

Seit 2001 erschienen im Rahmen der „Vivaldi Edition“ Jahr um Jahr gleich mehrere Folgen auf CD: Opern, geistliche Vokalmusik, Concerti und Sonaten. Nahezu jede Produktion ist dabei ein Erlebnis: Nicht nur weil das Cover bei jeder Produktion immer wieder überrascht, sondern weil auch verschiedene Solisten und Ensembles verpflichtet werden. Für die allein ihrer Anzahl nach schier endlos anmutenden Konzerte für Solovioline waren dies zuletzt die Accademia Bizantina (mit Alessandro Tampieri), Europa Galante (mit Fabio Biondi) und Il Pomo d’Oro (mit Dmitry Sinkovsky). Nun ist es am Concert de la Loge

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Neopolitan Concertos – Musica Fiorita / Daniela Dolci

Neapolitan Concertos – Musica Fiorita / Daniela Dolci

Neapel? Oper! So möchte man für gewöhnlich ausrufen. Doch diese Produktion macht deutlich, dass am Fuße des Vesuvs während des 18. Jahrhunderts auch anderes entstand – und dies auf vorzüglichem Niveau. Dass Instrumentalmusik vor allem in Norditalien ein Zuhause hatte, wird zwar nicht in Frage gestellt, wohl aber ergeben sich historisch wie musikalisch ganz neue Facetten. So findet sich ein Violinkonzert von Pergolesi ebenso wie sehr flüssig geschriebene Kompositionen für Violoncello von Francesco Supriani (1678–1753) und Stefano Galeotti (1723–1790). Folgt man dem Einführungstext im Booklet, so erschließt einem das Concerto

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