Stradella / Il Trespolo tutore (1679)

Stradella / Il Trespolo tutore (1679)

Seine riskanten Liebschaften wurden ihm am Ende zum Verhängnis. Überlebte der aus Venedig geflohene Alessandro Stradella (1643–1682) in Turin noch ein rächendes Attentat, so wurde er schließlich vier Jahre später in Genua wegen einer anderen Causa auf offener Straße erstochen. Nun gilt für den am Ende 39 Lenze zählenden Komponisten nicht ganz die Sentenz «Lebe schnell, sterbe jung», aber die biographischen Umstände haben in der Musikgeschichte schon etwas Einzigartiges und würden einen fesselnden «Tatort» abgeben, während auf der Opernbühne die ganze Sache bei Flotow und César Franck weitaus glücklicher und

Montéclair / Jephté (1737)

Montéclair / Jephté (1737)

Carissimi und Händel setzten das alttestamentarische Drama um Jephta und die Opferung seiner Tochter in großen Oratorien um, in Paris hingegen erkannte man schon zu Beginn des18. Jahrhunderts das große Bühnenpotenzial des Plots. Und so schuf zunächst Simon-Joseph Pellegrin ein Libretto gegen alle ungeschriebenen Gattungstraditionen, später dann Michel Pignolet de Montéclair (1667–1737) eine Partitur, die zu dem Besten und Zukunftsweisendsten zählt, was an der Seine zu jener Zeit komponiert wurde. Glücklicherweise kommt es am Ende des fünften Akts nicht zur grausigen Tat (auch wurde eine Nebenhandlung eingeführt). Bereits bei der

Vivaldi / Argippo (1730)

Vivaldi / Argippo (1730)

Was wäre wohl geschehen, wenn bereits im 18. Jahrhundert VG Wort und GEMA als Hüterinnen des Urheberrechts mit ihren strengen Mitarbeitern im Parkett gesessen hätten? Nicht auszudenken! Nicht nur, dass ein einmal in die Welt gesetztes und für gelungen erachtetes Libretto vielfach wiederverwendet und in der Regel ungefragt verändert wurde. Auch bei der Zusammenstellung der musikalischen Nummern nahm man es bisweilen nicht so genau – oder eben doch, wenn ganz gezielt besonders erfolgreiche Arien aus Werken anderer Komponisten entnommen und neu eingepasst wurden. Diese Praxis des groß angelegten Pasticcios hatte

Telemann / Miriways (1728)

Telemann / Miriways (1728)

Die Opern von Georg Philipp Telemann sind noch immer «terra incognita» (Pimpinone vielleicht ausgenommen). Wer aber hätte gedacht, dass der vielfach als «Polygraph» verunglimpfte Komponist während seines langen Lebens für Leipzig, Weißenfels und natürlich die Hamburger «Oper am Gänsemarkt» mehr als 50 Bühnenwerke geschrieben hat? Dass sich zwar vieles nachweisen lässt, sich aber nur weniges erhalten hat, liegt (wie so oft) an der Vergänglichkeit der Institutionen. Zu den erhaltenen Raritäten zählt auch Miriways: 1728 und nochmals 1730 gespielt, wurde der Dreiakter erst wieder 1992 und 2012 in Magdeburg aufgeführt; bei

Vinci. Gismondo

Vinci / Gismondo (1727)

Max Emanuel Cenčić ist mit dieser Ausgrabung wieder einmal ein großer Coup gelungen: Die Komposition trifft den Kern des Geschehens und spult nicht bloß den Fundus an Topoi ab, die Interpretation zündet durch stimmliche Virtuosität und Gestaltungskraft. Dies gilt nicht allein für Cenčić selbst in der Titelrolle und den heller timbrierten und stimmlich klareren Yuriy Mynenko (Ottone), sondern mehr noch für die Sopranistinnen: Sophie Junker (Cunegonda) mit starkem Legato, Aleksandra Kubas-Kruk (Primislao) dramatisch präsent und Dilyara Idrisova (Giuditta) mit wundervoll beweglicher und warmer Stimme. Der eigentliche Star aber ist für mich das Orkiestra Historyczna unter der Leitung von Martyna Pastuszka. Mal zupackend forsch, mal verspielt lyrisch fließend, klanglich herausragend eingefangen. Dies gilt nicht weniger für Marcin Światkiewicz, der als «maestro al cembalo» mitlesend, denkend und ungekünstelt frei agiert. Ein großer Wurf!