27. Juli 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Mauro d’Alay / Reale Concerto

Mauro d’Alay / Reale Concerto

Immer wieder verblüfft die musikalische Vielfalt, die sich in der SLUB Dresden als Schatzkammer italienischer Musik aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten hat. In diesem Fall sind es Concerti des aus Parma stammenden Mauro d’Alay (1687–1757), über dessen Leben bisher kaum etwas bekannt ist. Frühe Spuren führen nach Venedig, dann nach Deutschland und London (1726/28). Schließlich wirkte d’Alay zwischen 1730 und 1747 am spanischen Hof von Philipp V., der die ebenfalls aus Parma stammende Elisabetta Farnese geheiratet hatte. In Madrid erwarb d’Alay ein für damalige Verhältnisse beeindruckendes Vermögen

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Maria Stange / Solo

Maria Stange / Solo

Die Einspielung ist so direkt in der Abbildung des Tons, dass man unversehens eine ganze Menge über das Instrument, die zahlreichen Varianten der Zupfens und die damit verbundenen Klangfarben lernt. Fast könnte man von einer enzyklopädischen Schau sprechen, hört man unter dieser Perspektive etwa die herausragende frühromantische Fantasie von Louis Spohr, an der auch das Jahr der Entstehung (1807) verblüfft, das à l’espagnole aus den zwei Divertissements (1924) von André Caplet, oder auch die Scintillation von Carlos Salzedo – ein Werk, das wegen seiner extremen aufführungspraktischen Herausforderungen unter Harfenistinnen und

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Fiocco / Lamentationes

Fiocco / Lamentationes

Ist die musikalische Deutung der in den vier Evangelien überlieferten Passionsgeschichte aus der protestantischen Liturgie des Karfreitags nicht wegzudenken, so sind es auf römisch-katholischer Seite die heute weniger präsenten Vertonungen der alttestamentlichen Klagelieder Jeremias. Während sie im jüdischen Glauben die Erinnerung an die Zerstörung des Salomonischen Tempels in Jerusalem wach halten, haben sie im katholischen Zeremoniell als durchgehend lateinischer Text ihren Platz in der frühen Matutin am Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag gefunden. Vor allem in der Renaissance und im Barock kam es zu einer Reihe von Vertonungen – am bekanntesten

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Stölzel / Ein Lämmlein geht

Stölzel / Ein Lämmlein geht

Schon lange ist die mitteldeutsche Kirchenmusik des Barock nicht mehr nur mit dem Namen Bach, Johann Sebastian Bach, verbunden – zumindest auf Tonträ-ger. Das ist nicht nur ein Verdienst des Vereins «Mitteldeutsche Barockmusik», der viele Aktivitäten bündelt, sondern am Ende auch jedes einzelnen Forschers, Musikers, Ensembles. Vor allem beim Label cpo sind über viele Jahre (besser: drei Jahrzehnte) hinweg zahlreiche Werke auch auf CD erschienen – in guten, in der Regel sogar hervorragenden Einspielungen. Bei Gottfried Heinrich Stölzel (1690–1749) denke ich besonders an die wohl schon legendäre Produktion seiner Brockes-Passion

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Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Merkwürdig. Auch auf dem Backcover dieses wunderbaren und kompetenten Doppelalbums ist schon wieder von der «Musik vor Bach» die Rede. Ganz so, als wäre alles, was vor 1685, 1723 etc. entstanden ist, nur historisches Beiwerk. Wann kommt endlich das Selbstbewusstsein der A&R-Abteilungen, das frühe Barock (man entschuldige diese indifferente Einordnung) endlich in seiner musikalischen Einmaligkeit und Vielfalt angemessen wahrzunehmen? Man muss dafür nicht die Musikgeschichte in all ihren Verästelungen studieren. Wer aufmerksam zuhört, erkennt sofort, dass hier eine ganz eigenständige und vor allem schöpferisch eindrucksvoll originelle Klangwelt bis heute etwas

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Thomas Selle / Johannes-Passion

Thomas Selle / Johannes-Passion

Dass die Musik von Thomas Selle (1599–1663) so selten gespielt bzw. gesungen wird, hat verschiedene Gründe. So haben sich zwar schon seine Zeitgenossen sehr anerkennend gegenüber dem Komponisten und seinem Schaffen geäußert; einer weiteren Rezeption stand allerdings die vielfach nur handschriftliche Überlieferung der Werke entgegen (und dies bis heute). Dabei hatte er seit 1641 in der freien Hansestadt Hamburg eine auch organisatorisch wichtige Position inne, die im 18. Jahrhunderts dann repräsentativ durch Georg Philipp Telemann und Carl Philipp Emanuel Bach bekleidet wurde. Es mag gleichwohl überraschen, dass Selle, in Leipzig

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Hellendaal / La Sfera Armoniosa

Hellendaal / La Sfera Armoniosa

Um es gleich zu sagen: Diese Live-Einspielung (ein Konzertmitschnitt offenbar ohne jede Nachproduktion) klingt besser als so manche zusammengeschnittene Studioaufnahme. Es muss die Unmittelbarkeit des Moments sein, das Wissen, nichts ausbessern zu können und trotzdem das musikalische «Risiko» einzugehen, das diese und vergleichbare Produktionen aus dem Vielerlei der Neuveröffentlichungen hervortreten lässt. Ja, es gibt einige Passagen, die ein Beckmesser sich noch souveräner, noch perfekter vorstellen kann – zumal wenn ein Ensemble wie La Sfera Armoniosa so kenntnisreich und gut aufeinander eingespielt agiert. Nun bin ich nicht Beckmesser; ich freue mich

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Venturini / la festa musicale

Venturini / la festa musicale

Als Hannoveraner Hofkapellmeister steht Francesco Venturini (1675–1745) im Schatten von Agostino Steffani und Georg Friedrich Händel – wobei auch Steffani gerade erst wiederentdeckt wird. Entgegen seinem italienisch klingenden Namen wurde Venturini in Brüssel geboren, heiratete 1697 in der Residenzstadt an der Leine und wurde ein Jahr später ordentliches Mitglied der Hofkapelle. Schon bevor er 1713 zum Kapellmeister avancierte, war sein Opus 1 in Amsterdam bei Roger erschienen, einem bedeutenden Verlagshaus, was für die positive Aufnahme der Werke unter den Zeitgenossen spricht. Doch auch heute noch verblüffen Venturinis Concerti: die geradzahligen

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Vivaldi / Giordano Antonelli

Vivaldi / Giordano Antonelli

Es gab eine Phase der historisch informierten Aufführungspraxis, in der einige Ensembles und Orchester viele Werke als quasi paradigmatisch, ja entzeitlicht präsentierten, für mich eine ideale Sichtweise auf diese Partituren. Das hat sich im 21. Jahrhundert verändert. Waren es damals nur wenige Namen, die für eine auffällig eigenwillige und dennoch fundiert durchdachte Interpretation standen, so hat sich heute eher das Blatt gewendet – fast möchte ich sagen, dass es per se um Originalität und Auffälligkeit geht. In diese Richtung geht auch das Album mit Giordano Antonelli und der Musica Antiqua

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Concertos / Ensemble Diderot

Concertos / Ensemble Diderot

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts setzt sich das italienische Concerto rasch in ganz Europa durch. In ganz Europa? Nicht unbedingt in Frankreich und schon gar nicht in Paris, wo ihm gegenüber damals größte ästhetische Vorbehalte geäußert werden. Denn mit der geforderten Virtuosität drohte die so wichtige Eleganz verloren zu gehen, die freilich Hand in Hand ging mit den (so ist es im Booklet nachzulesen) mitunter spieltechnisch begrenzten Fähigkeiten der Ausführenden. Mit diesem Album liegen nun einige der wenigen «italienischen» Concerti aus französischer Feder in einer sehr geschmackvollen Einspielung vor. Wieder

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Vivaldi / Le Concert de la Loge

Vivaldi / Le Concert de la Loge

Die sich mit beeindruckender Kontinuität seit Jahren entwickelnde Vivaldi-Edition des französischen Labels Naïve überrascht auch in der 69. Folge. Das liegt zum einen an den verschiedenen Ensembles, die sich auf immer wieder neue und andere Weise dem schier unendlich anmutenden Werkbestand nähern – und dabei recht unterschiedliche Perspektiven entwickelt haben. In diesem Fall (es ist derweil die 10. Folge mit Violinkonzerten) ging der Stab an Julien Chauvin und das Ensemble Le Concert de la Loge – wahrlich keine schlechte Wahl. Und ich gestehe gern, dass das Ensemble bei mir schon

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Time Travel

Time Travel

Hier darf man sich getrost aussuchen, ob man im Lauf der Jahre den Anschluss verpasst oder das Personal Verspätung aus der vorherigen Fahrt hat. Ja, auch das musikalische Reisen ist nach wie vor ein Abenteuer. Und wer sein Album Time Travel nennt, muss sich am letzten neuzeitlichen Abenteuer messen lassen. Ich muss aber leider gestehen: Diese Produktion lässt mich kalt wie der tiefste Winter. Die Idee, Musik von Purcell und den Beatles zu verbinden und mitunter klanglich neu zu deuten, hat zwar einen gewissen Reiz – und wer genau hinhört,

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