27. Juli 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
John Adams / RSO Wien

John Adams / RSO Wien

Anders als Philip Glass hat sich John Adams (*1947) schon lange aus den heimtückischen Fallstricken der Minimal Music befreit. Was bei dem einen zu einer manieristischen Perpetuierung bekannter Patterns mutiert, entwickelte sich bei Adams zu einem sehr breiten Repertoire an eigensprachlichen Möglichkeiten. Und dennoch ist es schon recht verblüffend, wie die als dreisätzige Sinfonie angelegte, nach eigener Aussage ein wenig auf das Los Angeles und Hollywood der 30er und 40er Jahre abzielende Partitur von City Noir (2009) an mehr als nur zwei Ecken und Enden dann doch an die viel

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Quartette / Quatuor Avium

Quartette / Quatuor Avium

Man muss zweimal hinschauen, ist zunächst verwundert – und erinnert sich dann an das vermeintlich «falsch» besetzte Streichquartett von Anton Arensky (dort mit zwei Violoncelli). Das 2018 gegründete und in Karlsruhe beheimatete Quatuor Avium geht nochmals einen anderen Weg: In diesem Ensemble wird die Viola verdoppelt – und sogleich erlangt das vielfach durch die erste Violine brillant geführte Streichquartett in dieser überraschenden Besetzung einen viel wärmeren, geschmeidigeren Ton Die Betonung der Mittellage überzeugt hier in famoser Weise – zumal mit Kompositionen, die explizit für diese Kombination der vier Streicher geschrieben

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La Femme / Flaka Goranci

La Femme / Flaka Goranci

Ein Konzeptalbum, das mit knapp 77 Minuten Spielzeit viel Musik in sich hat –Musik von Komponistinnen verschiedener Jahrhunderte, Musik aber auch, die sich mitunter kaum greifen lässt, sondern irgendwo zwischen Orient und Okzident, zwischen unterschiedlichen Wurzeln und Kulturen, zwischen to¬naler Geschmeidigkeit und kantabler Melancholie gelegentlich in einem «easy listening» zerfließt oder untereinander kaum kommuniziert. Es ist ein Album, das die Idee des Crossover ernst nimmt und zu einer Reise in den Südosten Europas und darüber hinaus einlädt, deren Stationen aber seltsam nebulös bleiben und allein durch einen spürbar musikantischen Impetus

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Komponistinnen / Franziska Heinzen

Komponistinnen / Franziska Heinzen

Manche Zahlen kehren in enzyklopädisch geordneter Musik immer wieder. Oft ist es die «Sechs», seltener die «Zwölf», häufiger die «Vierundzwanzig». So auch bei diesem Album, dass zwar nicht systematisch durch alle Tonarten geht, wohl aber 24 Lieder von 24 Komponistinnen umfasst. Dahinter steht eine nicht geringe kuratorisch-dramaturgische Arbeit, nämlich die Sichtung eines fast unüberschau-baren Repertoires, die Auswahl einzelner Gesänge (auch mit Rücksicht auf Am-bitus und Charakter) sowie schließlich die schlüssige Anordnung zu einem in sich geschlossenen Programm. Gelungen ist das mit überraschenden Kontrasten und vielfach bisher nicht eingespielten Kleinoden. Was

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Ensemble Ambidexter – Ensemble Ambidexter

Ensemble Ambidexter – Ensemble Ambidexter

Reibungen sind in der Musik ein besonderes Lebenselexier. Wo nämlich alles nur glatt geht und gezogen wird, bleibt wenig Anhaftungsmöglichkeit für die Zuhörer:innen. Aber Reibungen funktionieren nicht wie selbstverständlich, also so weil sie da sind. Wenn Schmirgel auf Schmirgel trifft, kann es schlicht auch einfach nur schmerzen. Auf eine (un-)bestimmt balanciertes Chaos kommt es an. Das klappt mal besser und mal weniger gut. Davon zeugt auch dieses erste Album des Ensemble Ambidexter.

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Bassoon Concertos / Dag Jensen

Bassoon Concertos / Dag Jensen

Ein Album, das zwischen Carl Maria von Weber und der skandinavischen Region, zwischen Romantik und zeitgenössischer Musik seinen Platz sucht. Tatsächlich ist das konzertante Repertoire für Fagott im 19. wie auch im 20./21. Jahrhundert erstaunlich rar. Dennoch stellt sich die Frage, warum für dieses Album gerade diese (und nicht andere) Werke zur Einspielung ausgewählt wurden. Knapp die Hälfte der Spielzeit nehmen das Konzert op. 75 und das ungarisch inspirierte Konzertstück des in Eutin geborenen frühromantischen Weber ein, sekundiert von einem Werk des klassischen Finnen Bernhard Crusell (1775–1838) und des Norwegers

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Ballads & Quintets / Fazıl Say & casalQuartett

Ballads & Quintets / Fazıl Say & casalQuartett

Ein Steg in sommerlicher Morgendämmerung. Nur selten einmal ist ein solch stimmungsvolles Coverfoto so dicht und überzeugend an der eingespielten Musik wie hier. Schade nur, dass man das aus dem Booklet nicht erfährt. Dabei handelt es sich just um jenen Steg, der von der hölzernen Villa des so bedeutenden türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk in Yalova auf das Marmarameer führt. Die Villa wiederum wird das «verschobene Haus» genannt, auf das Fazıl Say in seiner gleichnamigen Komposition Bezug nimmt. Was für eine Geschichte: Als sich Atatürk im Schatten einer Platane ausruhte, entstand

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