12. Mai 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Schattenrisse

Schattenrisse

Dieses Doppelalbum ist noch immer aktuell. Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck unter der Leitung von Jan Michael Horstmann, die im Hinterland Sachsen-Anhalts eher im Stillen wirkt, hat hier Musik von sechs Komponist:innen unterschiedlicher Nationalität eingespielt, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten ein ähnliches Schicksal erlitten haben. Ob in Flammen aufgegangen, verboten und vergessen oder durch überstürzte Emigration einer kontinuierlichen Aufführungstradition beraubt: Hier werden ganz unterschiedliche Schicksale gestreift und musikalisch wiederbelebt. So etwa die wohl jedes Neujahrskonzert bereichernde Spanische Phantasie des bereits 1933 nach Argentinien emigrierten Benno Uhlfelder (1868-1946) (sein einstiger Bero-lina-Verlag dürfte

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
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Ernst Bachrich

Ernst Bachrich

Fast scheint es, als sei Ernst Bachrich (1892-1942) nur eine Randnotiz der Musikgeschichte. Doch der Schein trügt, wenn man sich auf Spurensuche begibt, Informationen, Dokumente und Kompositionen zusammenträgt. Matthew Vest hat dies zunächst unabhängig von diesem Album getan – die Produktion stellt eher die Verklanglichung seiner umfangreichen Recherchen und Forschungsergebnisse dar: Nach einem ordentlichen Jura-Studium fand Bachrich bald Anschluss an den Schönberg-Kreis, unterstützte organisatorisch, spielte aber auch als hervorragender Pianist und Korrepetitor eine Rolle – sowohl im Verein für Musikalische Privataufführungen, also auch bei der verlegerischen Vorbereitung der Uraufführung von

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
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Viktor Ullmann

Viktor Ullmann

Schon seit längerem ist Der Kaiser von Atlantis ins Repertoire eingegangen. Es handelt sich um ein «Spiel in einem Akt», eine Kammeroper. Sie ist unbestritten das Hauptwerk von Viktor Ullmann (1898–1944), keineswegs aber seine letzte Partitur. Entstanden im Ghetto Theresienstadt, wurde das Werk im Rahmen der organisierten «Freizeitgestaltung» einstudiert, nach der Generalprobe indes abgesetzt (diese Vorgänge lassen sich nicht mehr genau rekonstruieren). Sowohl Ullmann als auch sein junger Librettist Peter Kien (1919–1944), der sich auch bildnerisch betätigte, wurden bald darauf nach Auschwitz deportiert… Drei Jahrzehnte vergingen bis zur Uraufführung des

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
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Hans Heller

Hans Heller

Umso erfreulicher ist die Spurensuche, die Jascha Nemtsov unternommen hat – biographisch wie auch durch das Schaffen. Die sechs ausgewählten Werke zeigen Heller bereits in den 1920er Jahren als einen auch dodekaphon arbeitenden Komponisten, dessen dunkel timbrierte Werke Tendenzen des Expressionismus (Klaviersonate) wie des Neoklassizismus (Suite) aufnehmen. Es ist zu hoffen, dass es nicht bei dieser ersten Produktion bleibt, sondern noch mehr aus dem Œuvre erkundet wird.

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
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Hans Gál

Hans Gál

Trotz seines langen Lebens ist es um Hans Gál (1890–1987) merkwürdig ruhig geblieben. Nach Studien im post-Brahms-Umfeld und einem Opern-Erfolg (Die heilige Ente, 1923) wurde er 1929 Direktor des Mainzer Konservatoriums. Von den Nationalsozialisten 1933 des Amtes enthoben, wandte er sich zunächst wieder nach Wien, ging dann nach Großbritanien und fand ab 1945 im schottischen Edinburgh eine neue Wirkungsstätte. Anschluss an die jeweils aktuellen stilistischen Entwicklungen fand er nach keinem der beiden Weltkriege. Vielmehr entwickelte Gál eine ganz eigene Sprache, der er auch treu blieb: tonal geprägt und aus dem

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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Clarinet Trio Anthology / Daniel Ottensamer

Clarinet Trio Anthology / Daniel Ottensamer

Eine Produktion aus dunklen Corona-Zeiten. Wo viele mit schnellen Ideen vor-preschen (auch im präsent zu bleiben), da machte sich das (namenlose) Trio mit Daniel Ottensamer (Klarinette), Stephan Koncz (Violoncello) und Christoph Traxler (Klavier) auf, ein stattliches Repertoire aus mehr als 200 Jahren zu durchkämmen. Im Konzertsaal wie im Katalog ist diese wunderbare Besetzung, die auch bei der sieben CDs umfassenden Box in Anlehnung an das Klaviertrio nicht ganz ideal als «Klarinettentrio» bezeichnet wird (während das Klarinettenquintett mit Streichquartett definiert ist), meist nur durch Beethoven (op. 11) und Brahms (op. 114)

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #151 – Klarinette
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Salon de Ravel / Marina Baranova

Salon de Ravel / Marina Baranova

Mit sogenannten Konzeptalben tue ich mich schwer. Zu oft kann man nämlich den Eindruck gewinnen, die Zusammenstellung der einzelnen Sätze und Kompositionen wäre beliebig und dabei mehr oder weniger offensichtlich bloß einer Marketingstrategie geschuldet. Die Musik selbst wird dann zur Verfügungsmasse, um die jeweiligen Protagonisten in Szene zu setzen. Und wo die ausgewählten Stücke im Original nicht so recht passen, werden sie durch Arrangements passend gemacht. Meist entsteht so ein Stil-Mix, der ein vermeintlich breiteres Publikum ansprechen soll. Von all dem ist bei Salon de Ravel nichts zu spüren. Es

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #150 – Ravel 150
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Ravel / Seong-Jin Cho

Ravel / Seong-Jin Cho

Während das Klavierkonzert G-Dur als Repertoirestück immer wieder auf dem Programm steht und vielfach eingespielt wurde, hat es Ravels Konzert für die linke Hand anhaltend schwer, sich Gehör zu verschaffen. Obwohl beide Werke parallel entstanden sind, scheinen sie doch ganz unterschiedlichen Welten zu entstammen: das eine hell leuchtend und mit feinem, elegantem Esprit, das andere eher düster bis frech-forsch, im Finale eher in sich gekehrt. Komponiert für Paul Wittgenstein (1887–1961) fand dieser denn auch keinen Zugang zum Solopart, so dass es (wie bei anderen Komponisten auch) mit Ravel zu Streitereien

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #150 – Ravel 150
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Ravel / London Symphony Orchestra

Ravel / London Symphony Orchestra

«Nach ,Daphnis et Chloé’ wird es schwierig sein, die Technik von Ravel weiterhin mit der minutiösen Fertigkeit von Matrosen zu vergleichen, die im Innern einer Flasche geduldig einen winzigen Dreimaster auftakeln.» Mit diesen Worten räumte Émile Vuillermoz bereits kurz nach der Uraufführung des Balletts im Frühsommer 1912 mit offenbar feststehenden Topoi und Bildern auf (Revue Société Internationale de Musique, 15. Juni 1912). Heute ist es kaum noch vorstellbar, Ravels Musik mit dem Kunsthandwerk eines Buddelschiffs zu vergleichen. Vielleicht war es aber gerade der große Wurf dieser knapp einstündigen sinfonischen Partitur,

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #150 – Ravel 150
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Malawski / Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic

Malawski / Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic

Von Artur Malawski (1904–1957) wird man außerhalb seiner polnischen Heimat wohl kaum etwas gehört haben. Auch ich kannte bisher nicht einmal seinen Namen – dabei steht er für eine (fast) verlorene Generation in einem Staat, der nach dem Ersten Weltkrieg restituiert, 1939 überfallen und ab 1945 in neuen Grenzen zu einem Satelliten wurde. Als Komponist fast vergessen, prägte Malawski als Lehrer in Krakau wichtige Persönlichkeiten der nächsten Generation: Zu seinen Schülern zählen als Komponisten Bogusław Schaeffer, Krzysztof Penderecki und Wojciech Kilar sowie als Dirigenten Jerzy Katlewicz und Jerzy Semkow. Seine

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #149 – Sinfonisches
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Albert Maria Herz

Albert Maria Herz

Manchester, Köln, London, New York. Die Stationen der Komponistin Maria Herz (1878–1950) haben musikalisch wohlklingende Namen, und doch war es ihr zeitlebens nicht vergönnt, sich mit ihren Werken dort oder anderswo durchzusetzen. Um überhaupt eine Chance bei Verlagen und Veranstaltern zu haben, stellte sie schließlich ihrem Vornamen den ihres 1920 an der spanischen Grippe verstorbenen Mannes voran: Aus Maria wurde Albert Maria Herz. Offenbar mussten erst 70 Jahre nach ihrem Tod die Rechte auslaufen und der Nachlass in der Zürcher Zentralbibliothek zugänglich werden, um auf sie und ihre Partituren aufmerksam

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #140 – :innen
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