Musik aus dem alten Stralsund

Musik aus dem alten Stralsund

Auf dem Cover der Einspielung gibt ein Kupferstich einen guten Eindruck von der alten Hansestadt Stralsund. Aber nur wer einmal selbst in der großartigen Marienkirche, der massiv mit ihren Türmen aufragende Nikolaikirche oder der Jacobikirche stand, wird ermessen, welche wirtschaftliche Bedeutung der Stadt am Strelasund einst zukam. Freilich: Als Eucharius Hoffmann (1540–1588), Johann Vierdanck (1605–1646) und Caspar Movius (1610–1671) hier wirkten, war die mächtige Hanse längst Geschichte – nur der Stolz sowie die alten, bewährten Verbindungen in den gesamten Ostseeraum waren geblieben, und dies unter den schwierigen Bedingungen des Dreißigjährigen

Nunc dimittis

Nunc dimittis

Es sind die «Sammler», die für die Nachwelt wichtige Zeitzeugnisse bewahren. Zu ihnen zählt Gustav Düben (1628–1690) – ab 1663 Organist der Deutschen Kirche in Stockholm und Kapellmeister am schwedischen Königshof. Angesichts der von ihm und seinem Sohn zusammengetragenen mehr als 2.000 Manuskripte und Drucke umfassenden Sammlung haben die Nachfahren äußerst weise gehandelt, diesen Schatz nicht etwa in Einzelstücken zu veräußern (wer hätte sich dort im frühen 18. Jahrhundert auch ernsthaft für diese «alte» Musik interessiert?), sondern der Universitätsbibliothek Uppsala zu übergeben. Dort überdauerte die Sammlung fast vergessen die Jahrhunderte

Thomas Selle

Thomas Selle

Dass es Salzwedel in der Altmark einmal zu musikgeschichtlicher Bedeutung bringen sollte, war nicht ausgemacht. Tatsächlich war es wohl eher ein Zufall, dass eine umfangreiche Handschrift mit knapp 250 Werken von Thomas Selle (1599–1663) und einigen seiner Zeitgenossen in die Stadt und die Kirchenbibliothek gelangte und sich hier erhalten hat. Das Besondere an den Manuskripten sind die über 400 Jahre alten Vermerke von Selle selbst, der Namen von Musiken vermerkte, seinen eigenen Part mit «ego» bezeichnete, sowie eigene Werke bewertete und wohl auch aussonderte («ist schlecht»); darüber hinaus finden sich

Balthasar Erben

Balthasar Erben

In der Musikgeschichte begegnen immer wieder Komponisten und Interpreten mit einer überraschend modernen Biographie – und dies sogar in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Kaum vorstellbar etwa, dass dem in Danzig geborenen Balthasar Erben (1626–1686) mit 27 Jahren nicht etwa die herausragende Stelle des Kapellmeisters an der Hauptkirche St. Marien zugesprochen, sondern er vom Rat der Stadt mit einem großzügiges Stipendium versehen wurde, um sich (wie es hieß) in der Welt umzusehen und sich als Komponist zu vervollkommnen. Und so bereiste Erben über fünf Jahre Holland und England, Frankreich und

Copenhagen Connections

Copenhagen Connections

Musikalisch glich der gesamte Ostseeraum im 17. Jahrhundert einer blühenden Landschaft. Zahlreiche Musiker vor allem aus der protestantischen Mitte Deutschlands strömten in politisch und wirtschaftlich unsicheren Zeiten gen Norden, setzten über – und belebten so eine weitflächige Region von Kopenhagen über Riga bis Stockholm. Hilfreich waren da die alten Hanse-Beziehungen mit ihrem ausgebauten Wegenetz, zudem galt die deutsche Sprache als «Lingua franca». Mit Einflüssen aus den Niederlanden, aus Italien und dem mitteldeutschen Raum entstand so eine noch bis heute faszinierende Fülle an Ausdrucksformen – zu einer Zeit, in der das