23. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Bassoon Concertos / Dag Jensen

Bassoon Concertos / Dag Jensen
Bassoon Concertos / Dag Jensen
Ein Album, das zwischen Carl Maria von Weber und der skandinavischen Region, zwischen Romantik und zeitgenössischer Musik seinen Platz sucht. Tatsächlich ist das konzertante Repertoire für Fagott im 19. wie auch im 20./21. Jahrhundert erstaunlich rar. Dennoch stellt sich die Frage, warum für dieses Album gerade diese (und nicht andere) Werke zur Einspielung ausgewählt wurden. Knapp die Hälfte der Spielzeit nehmen das Konzert op. 75 und das ungarisch inspirierte Konzertstück des in Eutin geborenen frühromantischen Weber ein, sekundiert von einem Werk des klassischen Finnen Bernhard Crusell (1775–1838) und des Norwegers Olav Berg (*1949), der seine Partitur für die Einspielung punktgenau fertigstellte. Leicht hätte allerdings auch noch das Concertino von Franz Berwald aus dem Jahr 1827 auf die Tonspur und in das Konzept gepasst – in diesem Sinne wurde einfach eine Chance vergeben.

Dass Dag Jensen bei den älteren Stücken neben dem Solopart auch die Leitung der Kammerakademie Potsdam übernommen hat, ist sicherlich unter kollegialen Aspekten zu begrüßen; interpretatorisch führt dies indes zu einer spürbaren Distanz zwischen Solo und (begleitendem) Tutti, ohne dass diese als Gewinn zu verzeichnen wäre. Im Gegenteil ist das ansonsten agile Orchester zu sehr auf Sicherheit bedacht und setzt zu wenig eigene Akzente. Das ändert sich erst in dem kaleidoskopartigen Konzert von Olav Berg (nun unter der versierten Stabführung von Gregor Bühl), das so auch viel freier umgesetzt wirkt. Dass es den Solisten in den Vordergrund rückt (wie auch die anderen Werke der CD), ist dem Komponisten nicht anzulasten; im Gegenteil versteht er es geradezu selbstverständlich, den Solopart idiomatisch inspiriert zu gestalten. Am Ende ist es gar dieses Konzert, das das Album so «hörbar» macht – bei den anderen Kompositionen wäre ein historisches Instrumentarium (oder zumindest die klangliche Annäherung daran) von Vorteil gewesen.

Carl Maria von Weber. Konzert für Fagott und Orchester F-Dur op. 75; Andante e Rondo Ungarese B-Dur für Fagott und Orchester; Bernhard Crusell. Concertino B-Dur für Fagott und Orchester; Olav Berg: Konzert für Fagott und Orchester (2022)
Dag Jensen (Fagott), Kammerakademie Potsdam, Gregor Bühl

cpo 555 576-2 (2023)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #115 – Fagott