7. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mozart Contemporaries / Carmen Mainer Martín

Mozart Contemporaries / Carmen Mainer Martín
Mozart Contemporaries / Carmen Mainer Martín
Es gibt Instrumente, die in der Kammermusik zu wenig präsent waren und sind. Das Fagott gehört dazu. Nach seiner vielseitigen Verwendung in der barocken Continuo-Gruppe hat es in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwar mit den anderen Holzbläsern seinen Platz im Orchester gefestigt und ausgebaut; in der Kammermusik blieb es allerdings weitgehend unterrepräsentiert: Es fand vor allem innerhalb von Bläsergruppen Verwendung (später etwa im Holzbläserquintett oder im Klavier-Bläserquintett) – Sonaten, aber auch Konzerte sind hingegen nur selten anzutreffen. Fast könnte man es daher als eine glückliche Fügung sehen, dass Wolfgang Amadeus Mozart mit seiner Sonate für Fagott und Violoncello B-Dur (KV 292) einen eigenen Beitrag zum Repertoire geliefert hat – sonst wären viele auf Zugkraft ausgelegte Titel wie Mozart Contemporaries nur ein halbes Versprechen.

Tatsächlich überrascht auf diesem Album die Zusammenstellung der Kompositionen positiv. Mit François Devienne (1759–1803) und Thaddäus Wolfgang von Dürnitz (1756–1807) sind neben Mozart zwei weitere Meister vertreten, die mit ihren Lebensdaten nur wenig auseinander liegen. Doch auch die Kompositionen umfassen keine größere Zeitspanne: Mozarts Sonate entstand um 1775, die Sonaten von Dürnitz (einem selbst Fagott spielenden Adligen) lassen sich auf die Jahre um 1780 datieren, die Sonaten von Devienne (im Original für zwei Fagotte) wurden 1782 gedruckt. Sie alle stehen somit an der Schwelle zur «Wiener Klassik». Interpretatorisch ist die Produktion in sich ausgewogen und sehr stimmig, auch ein wenig musikantisch angehaucht. Selbst die Verwendung eines modernen Flügels erweist sich nicht als so störend, wie ich befürchtet hatte. Es fehlen eben nur die Farben der Obertöne.

Mozart Contemporaries. 18th Century Music for Bassoon
François Devienne. Duos concertants op. 3 Nr. 1 und 2; Thaddäus Wolfgang von Dürnitz. Sonaten für Fagott und Klavier Nr. 1, 3, 5, 6; Wolfgang Amadeus Mozart. Sonate für Fagott und Violoncello B-Dur KV 292
Carmen Mainer Martín (Fagott), Violeta Mur (Violoncello), Enrique Escartín Ara (Klavier)

Brilliant Classics 96020 (2019)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #115 – Fagott