3. Mai 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Kozeluch / Sergio Azzolini

Kozeluch / Sergio Azzolini
Kozeluch / Sergio Azzolini
Die beiden als Cousins verwandten Kozeluch (Koželuh) haben in der Musikgeschichte bisher nur einen Platz in der zweiten Reihe gefunden; vor allem die Umstände der Zeit und Rezeption haben dazu beigetragen. Zudem hatten sie auch nicht das Glück, mit einer herausragenden Komposition einen prägenden Stempel zu setzen. Vielleicht kennen wir aber noch immer zu wenig aus jener Zeit. Schon in seinem Booklet-Essay weist Karl Böhmer darauf hin, dass im ausgehenden 18. Jahrhundert allein in Italien mehrere Fagottisten mit eigenen Konzerten unterwegs waren – Werken, von denen sich nichts erhalten hat. Hier nun sind es vier Kompositionen von Jan Anton (1738–1814) und Leopold Kozeluch (1747–1818), die volle Aufmerksamkeit verdienen, an erster Stelle freilich das Fagottkonzert des älteren Jan Anton Kozeluch. Es ist mit Pauken und Trompeten «groß» besetzt, und dennoch macht das Tutti immer Platz für das Solo. Von geradezu hinreißender Eleganz ist das mittlere Larghetto – ein Satz, den man wirklich mehrfach hören möchte.

Das wohl später entstandene Oboenkonzert ist nicht ohne die Welt der italienischen Oper zu denken – es handelt sich wie bei Mozart um eine instrumentale Transformation des Vokalen und kann dessen Werk wahrlich an die Seite gestellt werden. Mehr «vorklassisch» mutet das Fagottkonzert von Leopold Kozeluch an, aber auch hier nimmt wieder die Kantabilität der Solostimme gefangen. Es muss an den alten Instrumenten (und ihren modernen Nachbauten) liegen, wie gut sich das Fagott hier in das Orchester einfügt und klanglich mischt sowie eine viel größere Ausdruckspalette bietet, als man es von heutigen Instrumenten erwarten würde (Sergio Azzolini spielt auf der Kopie eines Fagotts von Caspar Tauber, der fast vier Jahrzehnte in Wien wirkte). So fein ausgearbeitet und interpretiert bestätigen diese Werke wieder einmal die Erfahrung, dass Ende des 18. Jahrhunderts weit mehr starke Komponisten das Musikleben bestimmten, als man es für gewöhnlich vermutet. Dieses Album (bereits 2016 aufgenommen und 2021 erschienen) wird Bestand haben. Die Akustik im Festsaal des Landgasthofs Riehen bestätigt ihren hervorragenden Ruf.

Jan Anton Kozeluch. Konzert C-Dur für Fagott und Orchester (JAK XIV:1); Konzert F-Dur für Oboe und Orchester (JAK XIV:3); Sinfonie Nr. 3 g-Moll (PosK I:5); Leopold Kozeluch. Konzert B-Dur für Fagott, Streicher und Basso continuo (JAK XIV:2)
Sergio Azzolini (Fagott), Giovanni de Angeli (Oboe), Camerata Rousseau, Leonardo Muzii

Sony 19439788202 (2016)

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