«Und die See wird allen neue Hoffnung bringen, so wie der Schlaf die Träume bringt.» Und so geht die Hörbar diese Woche auf große Fahrt durch ruhige Gewässer wie auch in eher stürmische Gefilde. Den Anfang macht eine sehr stimmige und starke Produktion mit Klavierwerken, gespielt und zelebriert von Lydia Maria Bader. Bereits bekannt als Schatzsucherin mit einem Hang zu thematisch eng verzahnten Programmen, fährt sie hier aus auf den Ozean – vor allem mit dem dreiteiligen Le chant de la mer (1905) von Gustave Samazeuilh (1877–1967); einem Riesenwerk (25 Minuten) eines heute vollkommen unbekannten Komponisten, das technisch hochvirtuos sehr lebendige Bilder imaginiert.
Neben einigen kleineren Stücken präsentiert das Album mit den Sea Pieces op. 55 (1898) von Edward MacDowell (1860–1908) eine weitere Sammlung: Diese acht Nummern sind weniger der Natur als dem Menschen verbunden. Zwar gibt es einen Wandering Iceberg, aber auch eine pathetische Hymne A.D. MDCXX auf die in jenem Jahr geglückte Überfahrt der Mayflower und ihre wagemutigen Passagiere. Es sind Charakterstücke, die menschliche Ideen der See und des Meeres vermitteln – allerdings meist mit eher gemäßigtem Wellenschlag. Darin täuschen die Werke ein wenig darüber hinweg, welcher Druck mitunter auf der Takelage lastet. Lydia Maria Bader versteht es mit ihrem Spiel reichlich blau-grüne Farben hervorzuzaubern, doch stellen auch höhere Windstärken kein Problem dar. Eine beim Hören vielfach meditativ anmutende Produktion.
Tales of the Sea
Ernest Bloch. Poems of the Sea; Zhu Gongyi. Ouverture – Small Stream; Gustave Samazeuilh. Le chant de la mer; Frank Bridge. A Sea Idyl; Anton Rubinstein. Etüde op. 1 «Ondine»; Edward MacDowell. Sea Pieces op. 55
Lydia Maria Bader
ARS 38 617 (2023)