26. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

British String Quartets

British String Quartets
British String Quartets
Manchmal wundere ich mich schon sehr, wenn eine allzu wohlfeile Box bereits vor(!) der eigentlich letzten Folge einer Serie erscheint – und die treuen Käufer so gewissermaßen doppelt betrogen werden: Erst investieren sie über die Jahre viel Geld in den Erwerb der Einzelveröffentlichungen, und am Ende haben sie in diesem Fall noch nicht einmal einen zeitlichen Vorteil genossen. Da sollten die Marketing-Experten noch einmal bei Joseph Haydn in die Lehre gehen, der sehr gezielt und mit nachhaltigem Erfolg seine Streichquartette zunächst exklusiv in Abschriften willigen Subskribenten anbot und dann – nach einer gewissen Frist – die Werke an gleich mehrere Verlage gleichzeitig zur Drucklegung verkaufte. – Doch um es gleich zu sagen: Bei der vorliegenden Sammlung ist das Label Naxos sehr sorgsam und anständig mit den Musikfreunden umgegangen: Die letzte Einzel-Veröffentlichung der in dieser stattlichen Box mit 20 CDs versammelten Aufnahmen erschien tatsächlich vor zehn Jahren. Und es ist eine Anthologie, an der man als Kammermusik-Liebhaber nicht vorbei kommt.

Da wäre zunächst das Repertoire, das man in einer vergleichbaren Breite sonst nirgends findet. Versammelt sind Quartette der großen und ganz großen Namen der englischen (und nicht: britischen) Musik: Alwyn, Arnold, Bax, Berkeley, Bliss, Bridge, Britten, Elgar, Ireland, Moeran, Rawsthorne, Rubbra, Vaughan Williams und Walton. Und es sind glücklicherweise nicht nur die als gültig gezählten Streichquartette eingespielt worden, sondern auch Einzelstücke, Jugendwerke oder (wo es der Werkkatalog nahelegte) ergänzende (Klavier-)Kammermusik. So entstand über anderthalb Jahrzehnte eine Enzyklopädie, die es «in sich» hat – auch hinsichtlich der inzwischen vielfach preisgekrönten Interpretation durch das akustisch angenehm präsent eingefangene Maggini Quartet. Ihm folgt man auch vertrauensvoll dort, wo stilistisch der bekannte britische (sorry: englische) Tonfall verlassen wird. – Doch warum heute noch eine solche «physische» Box erstehen, wo doch vermeintlich alles online steht? Die Antwort ist einfach: Sie lässt sich auf den gängigen Streaming-Portalen nicht finden. Vielmehr muss man sich dort entweder durch einen klar strukturierten Katalog oder den verwachsenen Dschungel mehr oder weniger mühsam zu den Einzelveröffentlichungen(!) durcharbeiten und hat am Ende keine Gesamtschau. Hier zeigt sich, dass die CD – zumal in solch einem wunderbaren Komprimat – als physisches Medium wohl absehbar noch eine Zukunft hat und in der Gegenwart besteht.

British String Quartets
William Alwyn. Streichquartette Nr. 1–3, Novelette – Malcolm Arnold. Streichquartette Nr. 1–2; Phantasy «Vita Abundans» – Arnold Bax. Streichquartette Nr. 1–3, Lyrical Interlude, Adagio ma non troppo «Cathaleen-ni-Hoolihan» – Lennox Berkeley. Streichquartette Nr. 1–3 – Arthur Bliss. Streichquartette Nr. 1–2, Streichquartett in A; Klarinettenquintett; Conversations für Flöte, Oboe, Violine, Viola & Cello – Frank Bridge. Streichquartette Nr. 1-4, Phantasy für Klavierquartett fis-Moll; Phantasy Quartet, Novelletten, Three Idylls, Londonderry Air, Sir Roger de Coverly, Sally in our Alley, Cherry Ripe, Three Pieces – Benjamin Britten. Streichquartette Nr. 1–3, Three Divertimenti, Quartettino, Alla Marcia, Simple Symphony – Edward Elgar. Streichquartett e-Moll op. 83, Klavierquintett a-Moll op. 84 – John Ireland. Streichquartette Nr. 1–2, The Holy Boy – Ernest John Moeran. Streichquartett Es-Dur, Streichquartett a-Moll, Streichtrio G-Dur – Alan Rawsthorne. Streichquartette Nr. 1–3, Theme and Variations für 2 Violinen – Edmund Rubbra. Streichquartette Nr. 1–4, Amoretti für Singstimme und Streichquartett op. 43, Ave Maria Gratia Plena, Klaviertrio Nr. 1 op. 68 – Ralph Vaughan Williams. Streichquartette Nr. 1–2, Phantasy Quintet – William Walton. Streichquartett a-Moll, Klavierquartett d-Moll
Maggini Quartet, Charles Daniels (Tenor), Michael Cox (Flöte), Nicholas Daniel (Oboe), David Campbell (Klarinette), Garfield Jackson (Viola), John Tattersdill (Kontrabass), Peter Donohoe, Martin Roscoe (Klavier)

Naxos 8.502021 (1994–2009)

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