23. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mompou / Mélodies et Chansons

Mompou / Mélodies et Chansons
Mompou / Mélodies et Chansons
Nur selten ist die Musik von Federico Mompou (1893–1987) live oder auf einem Album zu hören – und wenn, dann handelt es sich meist um eine Auswahl von Klavierstücken. Einzelne Lieder oder gar einen seiner Liederzyklen begegnet man hingegen selten. Umso interessanter ist daher diese Einspielung mit insgesamt 23 Nummern, darunter vier Sammlungen, die zwischen 1925 und 1973 entstanden sind. Sie zeugen von der für Mompous Schaffen charakteristischen stilistischen Geschlossenheit, die sich selbstständig in einer Art Spätimpressionismus entfaltet, in sich aber stets verschattet und melancholisch bleibt: Der im katalanischen Barcelona geborene und gestorbene Komponist reflektierte offenbar anhaltend seine frühen und prägenden Aufenthalte in Paris als Schüler von Fauré und unter dem Einfluss von Debussy und Satie.

Diese Verbindung nach Paris motiviert bei Mompou nicht nur die Auswahl der vertonten Dichtungen (u. a. von Paul Valéry), sondern auch seine Eigenart, bei zahlreichen Kompositionen die Singstimme sowohl mit spanischem als auch französischem Text zu unterlegen – was sicherlich auch von Seiten der Verleger mit Blick auf eine größere Verbreitung befördert wurde. Julia Sophie Wagner versteht es, die kleingliedrigen Linien mit großer Gestaltungskraft bis ins Detail zu individualisieren. Ohnehin kann ihr im Timbre dunkel verschatteter Sopran als ideal für diese Mélodies et Chansons gelten. Dass Mompou vom Klavier her kommt, ist dem vielfach anspruchsvollen Part deutlich anzumerken, den aber Steffen Schleiermacher so durchdacht wie souverän gestaltet. Man kann sich kaum vorstellen, dass die letzten der Lieder erst vor 50 Jahren entstanden, doch bei Mompou muss man auch angesichts seiner raren auktorialen Äußerungen anders denken: «Ich habe immer dagegen protestiert, wenn man mich einen Komponisten genannt hat – ich bin kein Komponist und möchte nicht als ein solcher gelten. Ich glaube ganz einfach, dass ich eine Musik [!] bin, ohne sicher zu sein, ob sie von mir gemacht wurde; ich habe stets das Gefühl, dass sie von außen in mich hineingelangt.»

Federico Mompou. Cinq Mélodies (1973); Huit Comptines (1926/48); Combat du rêve (1943/51); Psalm 130 (1936); Ave Maria (1957); Quatre Mélodies (1925); Chanson de la foire (1948/49)
Julia Sophie Wagner (Sopran), Steffen Schleiermacher (Klavier)

MDG 613 2219-2 (2020)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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