19. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

T.ON plays Herzog | Muche | Nillesen

T.ON plays Herzog | Muche | Nillesen
T.ON plays Herzog | Muche | Nillesen

Diese Musik erschließt sich mir sofort. Auf der Stelle. Vergessen sei, dass man wisse, wer da spielt und welche Instrumente. Dass es nur drei Musiker sind? Falsch. Der vierte ist der Aufnahmeraum. Dieser Hallraum, der sich als Spielraum manifestiert. Das ist Musik, die ganz und gar in diesem Klangfeld aufgeht.

Die Instrumentenangaben des Kölner Trios mit Matthias Muche (Posaune), Etienne Nillesen (Snare Drum) und Constantin Herzog (Kontrabass) irren in die Wirre. Am ehesten noch ist die Posaune als Eigenklang-Instrument im traditionellen Schema wahrnehmbar – aber verlängert um den Raum. Und natürlich wird der Kontrabass auch mal gezupft oder konventionell gestrichen und die Snare Drum geschlegelt.

In der Pressemitteilung heißt es dann simpel: «Sie kreieren eine aktuelle Musik an den Grenzlinien avancierter Spielformen experimenteller Musik. T.ON spielt eine visionäre, kontroverse und abenteuerliche Musik mit höchsten qualitativen Ansprüchen, aus den Schnittmengen Neuer Musik, Jazz und Improvisation; originell, poetisch, mit Tiefe und einer spürbaren Gegenwärtigkeit.»

Das gelingt immer dann besonders gut, wenn die Zeit über den Raum über den Klang dominiert. Und alles sich gegenseitig in umgekehrt proportionalem Zusammenhang untereinander in Beziehung setzt. Dann genau geschieht das Wunder! Das Wunder einer zeitlosen Musik aus der Zukunft, die ihre Klangschatten in die Gegenwart projiziert.

12 Tracks, in denen man sich verliert, in denen man sich selbst zurücklassen darf, um neue Landschaften aus Hauch und Tröt zu erkunden. Eine höfliche Einladung dazu ist genau diese Musik des Trios.

Die Titel der einzelnen Tracks aneinandergereiht ergeben den Satz: «Inspiration Is A Condition Of The Heartstrings. Being Plucked And Vibrating. Hello.»

Im Freejazzblog habe ich nachgelesen, dass die Aufnahmen wohl in der Kölner Kirche St. Gertrud stattgefunden haben. Einer Kirche im Baustil des sogenannten Brutalismus aus den 60er Jahren. Das wundert mich gar nicht. Sieht man sich dieses Bauwerk (vor allem inwendig) an, findet es sich sehr direkt wieder in der Musik des Trios. Sie reflektiert sich selbst massiv und doch wie auch das Bauwerk eigenartig flüchtig, leicht und luftig, schwereschwebend. Bitte Track 10 hören!


T.ON plays Herzog | Muche | Nillesen [2023]

  • Matthias Muche – Trombone
  • Constantin Herzog – Double bass
  • Etienne Nillesen – Extended snare drum

impakt köln (VÖ 10.3.2023 als Download und als CD)

hoerbar_nmz

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