Die eingespielten sechs Konzerte bieten jedenfalls eine wunderbare Schau auf Werke aus Vivaldis Feder, die keinesfalls «von der Stange» sind. Es mag wohl an Johann Georg Pisendel (1687–1755) gelegen haben, der 1716/17 im Gefolge des sächsischen Kronprinzen in Venedig beim «prete rosso» studierte – und einige Autographe oder eigene, heute singuläre Abschriften mit nach Dresden nahm; Kennern werden beim Stichwort «Schrank II» die Ohren klingeln, andere können gerne danach googeln und ins Staunen geraten. Schon nach Umfang und Gewicht stellen die Konzerte eine Besonderheit dar. Natürlich ist Vivaldi mit seinem unverwechselbaren Stil, seinen Motiven, Themen und rhythmischen Modellen sofort zu erkennen – und dennoch scheint der Typus für Pisendel in all den Kadenzen, harmonischen Ausweichungen und Klangfarben transzendiert. Dass dies auch interpretatorisch erfahrbar wird, zeigen Julien Chauvin und das Concert de la Loge in dieser hochklassigen Einspielung, die hinsichtlich der souveränen spieltechnischen Umsetzung wie auch der gestalterischen Konstanz (im Ganzen wie im Detail) keine Wünsche offen lässt. Dennoch bleibt es um und mit Vivaldi (auch mit den Dresdner Erweiterungen um Bläserstimmen) weiterhin sehr spannend.
Concerti per Violino X „Intorno a Pisendel“.
Antonio Vivaldi. Violinkonzerte G-Dur RV 314, D-Dur RV 226, B-Dur RV 369, d-Moll RV 237, D-Dur RV 225, A-Dur RV 340
Julien Chauvin (Violine), Le Concert de la Loge
Naïve OP 7546 (2021)