27. Juli 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

La Femme / Flaka Goranci

La Femme / Flaka Goranci
La Femme / Flaka Goranci
Ein Konzeptalbum, das mit knapp 77 Minuten Spielzeit viel Musik in sich hat –Musik von Komponistinnen verschiedener Jahrhunderte, Musik aber auch, die sich mitunter kaum greifen lässt, sondern irgendwo zwischen Orient und Okzident, zwischen unterschiedlichen Wurzeln und Kulturen, zwischen to¬naler Geschmeidigkeit und kantabler Melancholie gelegentlich in einem «easy listening» zerfließt oder untereinander kaum kommuniziert. Es ist ein Album, das die Idee des Crossover ernst nimmt und zu einer Reise in den Südosten Europas und darüber hinaus einlädt, deren Stationen aber seltsam nebulös bleiben und allein durch einen spürbar musikantischen Impetus überzeugen.

Zugleich versteht sich die Produktion auch (gesellschaft-)politisch, greift aber in der Umsetzung daneben. Nicht nur, dass die byzantinische Äbtissin Kassia als «erste weibliche Komponistin» bezeichnet wird (ein überflüssiger Pleonasmus), auch der Ansatz des auf CD gebannten Projekts erscheint allzu indifferent und vage formuliert: «Femme […] bietet Musikgeschichten und Hits. Was die Frauen dieser CD verbindet, ist der unerbittliche Wille, künstlerisch tätig zu sein, gegen die Widerstände von Familienangehörigen, von Ausbildungsinstitutionen, Dirigenten und Intendanten.» Vielleicht hätte auch das Label in dieser flotten Aufzählung Erwähnung finden sollen, denn in der Tracklist auf dem Backcover erscheinen lediglich die Titel der einzelnen Nummern, nicht aber die Namen der Komponistinnen und Arrangeurinnen. Schade.

La Femme. A Journey of Female Composers
Suad Bushnaq. The borrowed Dress; Dima Orsho. Those Forgotten on the Banks of the Euphrates; Jasmin Reuter. Salomea; Oy ne svity, misyachen’ku (Arr. Zoryana Kushpler; Ilse Weber. Wiegala (Arr. Flaka Goranci); Maria Theresia von Paradis. Sicilienne für Violoncello und Orchester (Arr. Teodora Miteva); Niloufar Nourbakhsh. The Window; Flaka Goranci. The Speech of Love (Arr. Tina Schauer); Dora Pejačević. Rose op. 19/5, aus: Blumenleben; Ella Milch-Sheriff. Zeh hayofi; Annamaria Kowalsky. Perpetuo; Kassia. Pelagia für Stimme und Violoncello (Arr. Teodora Miteva); Albena Petrovic-Vratchanska. Peperuga; Nazife Güran. Dantel, aus: 3 Concert Études; So maki sum se rodila (Arr. Valentina Velkovska-Trajanovska); Isidora Zebeljan. Sarabande für Klarinette, Violine und Klavier; Francesca Caccini. Il primo libro delle musiche – Chi desia di saper für Stimme und Orchester (Arr. Karol Gostynski); Pauline Viardot-Garcia. Haï Luli; Eriona Rushiti. Hana; Consuelo Velázquez. Bésame mucho für Stimme und Orchester (Arr. Tina Schauer); Miriam Makeba / Jerry Ragovoy. Pata Pata für Stimme und Orchester (Arr. Tina Schauer)
Flaka Goranci (Mezzo), World Chamber Orchestra, Konstantinos Diminakis, Dima Orsho (Sopran), Zoryana Kushpler (Mezzo), Maximilian Bratt (Violine), Teodora Miteva (Violoncello), Donka Angatscheva (Klavier)

Naxos 8.551470 (2021, 2022)

HörBar<< Komponistinnen / Franziska Heinzen

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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