Dennoch könnte ich mir einiges weitaus stärker akzentuiert vorstellen: Das anfängliche Gute Nacht gleitet etwas zu gefällig dahin, die Wetterfahne hätte gerne mehr Verfremdung vertragen. Darüber hinaus stellen sich aber ganz andere Fragen an eine derartige Transposition: Will man wirklich nur das Klavier substituieren und einige wenige eigene Akzente dort setzen, wo es ohnehin keine Alternativen gibt, oder beschreitet man besser nicht gleich einen freieren Weg, in dem diese Winterreise mit erweiterten Möglichkeiten gedeutet wird – nicht nur musikalisch, sondern auch interpretatorisch? Wim ten Have ist jedenfalls auf der sicheren Seite geblieben und mit ihm dann auch das Ragazze Quartet. Den vokalen Part dieser Einspielung hat Martijn Cornet mit seinem hohen Bariton übernommen; eigenständig angelegt und mit fundiertem Textverständnis gesungen. In den forcierten Passagen wünschte ich mir seine Stimme allerdings etwas voluminöser, während das mezza voce herrlich fahl und entrückt klingt.
Franz Schubert. Winterreise op. 89 D 911 (Arr. Wim ten Have)
Martijn Cornet (Bariton), Ragazze Quartet
Channel Classics CCS 43521 (2020)