26. März 2023 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Winterreise / Benjamin Appl

Winterreise / Benjamin Appl

Was für eine Intensität. Benjamin Appl denkt und singt Schubert Winterreise vom ersten Ton an als ein Psychogramm des Wanderers, der seine Emotionen, sein Innerstes auf den Lippen trägt. Puristen des notierten Urtextes oder des gepflegten Kunstliedes mögen sich dabei an manchen Stellen stören, wenn Appl bisweilen Töne zerbrechlich wirken lässt, unvermittelt in Sprechgesang verfällt, in sich versinkt oder aufbegehrt. Auch James Baillieu setzt am Klavier immer wieder eigene Akzente in Artikulation und Phrasierung. Ist diese Winterreise womöglich allzu frei in der Gestaltung? Wie so oft im Leben kommt es

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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Winterreise / Arttu Kataja

Winterreise / Arttu Kataja

Eine Seite im Booklet, weniger noch: eine einzige Frage reicht aus, um der Aufnahme vor dem Hintergrund von mehr als 300 derzeit verfügbaren Einspielungen der Winterreise mit Sympathie zu begegnen: «Why add a new recording of this song cycle to such a comprehensive spectrum of performances?» Die Antwort fällt nicht minder klug aus: Der Liederzyklus sei so reich und mehrdeutig, dass jede Interpretation einzigartig und legitim wäre. Den argumentativen Umweg hätte man freilich nicht beschreiten müssen. Denn Arttuu Kataja, der aktuell an der Staatsoper Unter den Linden unter Vertrag steht,

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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Winterreise / Joyce DiDonato

Winterreise / Joyce DiDonato

Eine wirklich relevante Frage stellt Joyce DiDonato: «Aber was ist mit ihr?» Ihr bald folgender Verweis auf Charlotte in Goethes Werther (auch hier bleibt alles weitere unklar) mag nahe liegen – aber so richtig will all das nicht aufgehen. Natürlich sollte Schuberts Winterreise allen weiblichen Stimmen nicht verwehrt bleiben – das Setup aber sollte man sich nicht unnötig verkrampfen. Denn warum sollte der einsame Wanderer im 21. Jahrhundert nicht auch eine Wanderin sein? Dann muss man auch nichts umständlich spiegeln, fasste doch Wilhelm Müller eine menschlich universelle Gefühlswelt in Worte.

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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Winterreise / Benjamin Bruns

Winterreise / Benjamin Bruns

Bereits vor zwei Jahren erschien diese Einspielung der Winterreise mit Benjamin Bruns. Aufgenommen wurde sie im Februar 2018 im Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater Rostock – ein mittelgroßer Saal, der sich wohl bestens für Liederabende vor Publikum anbietet. Für eine Audio-Produktion kann solch eine Räumlichkeit, zumal im leeren Zustand, allerdings auch zu einer Forcierung verleiten, obwohl die Gattung «Lied» doch der Idee nach eine sehr private ist. Zuhause in der bürgerlichen guten Stube oder im Salon bahnte sich das Lied erst langsam einen Weg in den Konzertsaal: zunächst

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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Winterreise / James Rutherford

Winterreise / James Rutherford

>Bevor es Frühling wird, rasch noch eine «Winterreise», mag mancher denken. Musikalisch zielt das natürlich auf Schuberts Vertonung der gleichnamigen Müller’schen Verse – ein Meisterwerk der hohen Liedkunst, des Kunstliedes wie auch des Liederzyklus’. Und so darf es nicht verwundern, dass der Einspielungen inzwischen Legionen sind. Vielfach spiegeln die Interpretationen die sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wandelnden Sichtweisen und Vorlieben der Sänger – und der Sängerinnen. Es gibt dabei allerdings einige Aspekte, die auch heute noch einen genaueren Blick wert sind sind: Wie steht es mit den oft anfallenden Transpositionen?

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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Anima Eterna Brugge

Anima Eterna Brugge

Dass dieses Album zu kurz wäre, kann man nun wirklich nicht sagen. Mit einer Spielzeit von 79’48“ geht es an die Grenze. Und wo es fast alle Ensembles bei der Einspielung von Schuberts Oktett belassen (immerhin mit einer Dauer von etwas mehr als einer Stunde), da legt hier die bunt gemischte Formation von Anima Eterna Brugge nach: nämlich das unterschätzte, kaum gespielte und noch seltener zu hörende Septett von Franz Berwald (1796–1868). Weder Werk noch Komponist haben weit und breit irgendein Jubiläum – was diese Produktion eigentlich gleich sympathisch machen

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #065 – gemischtes Ensemble
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Wigmore Soloists

Wigmore Soloists

Für mich zählen Kompositionen in gemischten Besetzungen (zumal ohne Klavier) mit zu den schönsten Schöpfungen, die einem Kammermusik seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zu bieten hat. Und ich meine dabei all jene Opera, die dem Titel nach als Septett, Oktett, Nonett etc. bezeichnet werden. Natürlich handelt es sich um Einzelwerke mit ganz charakteristischen Klangfarben (sowohl der Besetzung wie auch dem Personalstil nach), und dennoch weisen sie ein unüberhörbar engmaschiges Netz an Beziehungen auf. Schuberts Oktett D 803 ist etwa ohne das Septett op. 20 von Beethoven nicht zu denken

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #065 – gemischtes Ensemble
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Winterreise / Zender

Winterreise / Zender

Wer Schuberts Winterreise in der ihr eigenen Modernität weiterdenkt, wird an Hans Zenders «komponierter Interpretation» aus dem Jahre 1993 nicht vorbeikommen. Die Partitur stellt den seltenen Glücksfall einer kongenial empfundenen und ausgearbeiteten «Musik über Musik» dar, ein Werk der inneren wie äußeren Verdichtung, ein Werk, das auf seltsam irritierende Weise die schon von Schubert angelegten Klänge durch neue Farben und Spielweisen aus der Beengtheit des modernen Klaviers befreit (mit Blick auf ein für Schubert zeitgenössisches Instrument mit seinem viel reicheren Spektrum stellt sich die Frage freilich ein wenig anders). Hans

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #054 – Winterreise (arrangiert)
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Winterreise / Le Chimera Project

Winterreise / Le Chimera Project

Die Produktion zeigt schlicht und ergreifend die faszinierende Offenheit von Müllers Versen in Schuberts unvergleichlicher Winterreise. Vielleicht mögen Puristen allein angesichts der Besetzung des Ensembles nach nur wenigen Zeilen bereits das Lesen dieser Rezension einstellen. Allerdings: entstanden ist hier eine in dieser Art einmalige Einspielung, mehr noch: eine Interpretation, die in sich von berückender Authentizität ist. Und ich lehne mich für einen Moment ganz weit aus dem Fenster: Hätte Schubert die recht eigenen Klänge und die Aufführungspraxis des aus dem weiten Osten kommenden Klezmer gekannt … wer weiß? Diese Einspielung

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #054 – Winterreise (arrangiert)
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Winterreise / Ragazze Quartet

Winterreise / Ragazze Quartet

Nicht erst seit Arnold Schönbergs Opus 10 gab und gibt es immer wieder Kompositionen, Arrangements und Versuche, das in sich geschlossene, gattungsgeschichtlich überfrachtete, klanglich aber höchst flexible Streichquartett mit einer Singstimme zusammen zu bringen. Und so ist das Ragazze Quartet (mit ihrem Arrangeur Wim ten Have) nicht die erste Formation, die sich an eine entsprechende Interpretation von Schuberts Winterreise macht. Die Übertragung des (nicht nur) begleitenden Klavierparts auf die vier Saiteninstrumente bietet sich mit Blick auf die Faktur des Satzes vielfach an: Manches erscheint wie gemacht für eine natürlich wirkende

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #054 – Winterreise (arrangiert)
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Winterreise / Voyager Quartet

Winterreise / Voyager Quartet

Den musikalischen Kommentaren zur Winterreise fügt das Voyager Quartet eine weitere Facette hinzu. Dass es sich um eine persönliche Sichtweise handelt, wird allerdings erst bei genauerem Hinhören erfahrbar. Aus dem Zyklus von 24 Liedern wurden zwölf ausgewählt, mit einem knappen Preludio versehen und mit Intermezzi untereinander verbunden. Die Auswahl richtet sich allerdings weder nach den beiden Teilen der Winterreise, auch nicht nach den von Schubert in einem ersten Anlauf vertonten Texten, die er dann später (teilweise durch Transposition) in die erweiterte Disposition integrierte. Ausgewählt wurden vor allem jene Lieder, die

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #054 – Winterreise (arrangiert)
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Winterreise / Trio Bogányi

Winterreise / Trio Bogányi

Der engste Freundeskreis war irritiert, Schubert aber gefielen «diese Lieder mehr als alle, und sie werden euch auch noch gefallen.» So jedenfalls hat Joseph von Spaun die ersten Reaktionen auf die Winterreise in seinen recht spät notierten Aufzeichnungen über meinen Verkehr mit Franz Schubert (1858) festgehalten. Bis heute hat der Liederzyklus nichts von seiner Faszination eingebüßt – im Gegenteil: Die darin beschriebene existenzielle Einsamkeit in der Kälte der Welt scheint aktueller denn je, ist aber heute einfacher und ohne Gesichtsverlust nach außen tragbar. Waren für Schubert noch Wilhelm Müllers Worte

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #054 – Winterreise (arrangiert)
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