In hiesigen Längengeraden vollkommen unbekannt, bietet das lettische Label Skani eine Fülle teilweise hervorragender Produktionen. Auch diese CD erweist sich rasch als ein Meisterstück: hinsichtlich einer wunderbaren Raumakustik, die Präsenz und Weite auf ganz natürliche Weise verbindet, eines besonderen Repertoires mit Gesängen des 12.–15. Jahrhunderts aus Riga, Hamburg, Lund und Limoges sowie einer berückenden Farbigkeit, die sich nicht exponiert, sondern einfach aus der Fülle schöpft. Dies gilt für die Gregorianischen Gesänge (Antiphonen und Hymnen) ebenso wie für die ohnehin freier zu gestaltenden Stücke (wie Conductus und Lauda).
Da die Quellen jener Zeit nur ein notiertes Gerüst überliefern, ist die klangliche Realisierung einst wie heute Aufgabe der Interpreten. Nicht ganz neu ist dabei die instrumentale Ergänzung durch Drehleier, Zither (hier die baltische Kokle), Blockflöte und Schlaginstrumente, wohl aber die ästhetische Stimmigkeit, mit der zwischen der vermeintlichen Archaik (auch der improvisierten Klangvorhänge) und weltlich-griffigen Rhythmen vermittelt wird. Vor allem ist es die Schola Cantorum Riga selbst mit ihren Solisten, die sich mit einem immer wieder neu geformten, klaren und warm timbrierten Gesang empfiehlt.
Vox clara: Late Medieval Chant from Riga, Hamburg, Lund, Limoges
Schola Cantorum Riga, Guntars Prānis, Ieva NīmaneSkani 085