23. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Tobias Hoffmann – Conspiracy

Tobias Hoffmann – Conspiracy

Man könnte das jetzt Stück für Stück mit Bewunderung weiterführen. Alles sitzt! Nix klemmt! Die Musiker sind großartig, die Kompositionen sind voller Raffinesse und mit genug Platz für genügend Freiheiten. Alle charaktervoll gesetzt, mal Schönbergs Komposition mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen nicht nur streifend wie bei «Relentless» oder dem Walzer-Blues bei «Trailblazers» … Tobias Hoffmann und seiner Big-Band ist hier ein wirklich großer Wurf gelungen. Ohne Scheiß!

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Torkewitz – NY Ensembles

Torkewitz – NY Ensembles

Chris(tian) Torkewitz, Musiker aus Deutschland, der seit einiger Zeit in New York beheimatet ist, wandelt zwischen den Welten von Jazz und «Neuer Musik». Hier ist er quasi nicht nur beidseitig engagiert, sondern in diesem Fall auch mit divers großen Ensembles vom Streichquartett bis zur «klassischen» BigBand zu hören. Gleich beim ersten Stück seiner Chamber Suite, «Vista», ist sofort klar, wer ihm in seiner kompositorischen Arbeit als Vordenker und Vorkomponist das Klangbild prägt: Ein durch Leonard Bernstein gequirlter Igor Strawinsky dürfte es sein. Es klingt nach «Geschichte vom Soldaten» im Sacre-Style,

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Muthspiel & Orjazztra Vienna ­Homecoming

Muthspiel & Orjazztra Vienna – ­Homecoming

Christian Muthspiel feiert(e) in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Das zelebriert sein Label gebührend mit zwei Doppel-CDs. Die eine davon (Diary 1989–2022, Selected Recordings) versammelt älteres Material, das zu einem Puzzle sich eines Künster:innenlebens zusammenfügt. Die andere CD «Homecoming» besteht aus insgesamt 12 Tracks, die im März 2021 aufgenommen worden sind. Laut Waschzettel habe sich Muthspiel damit «den Traum eines eigenen Jazzorchesters, den er seit seinem Weggang vom Vienna Art Orchestra im Jahr 2004 hatte» erfüllt. Die an gleicher Stelle angeführte Behauptung, dass Großbesetzungen im Jazz rar geworden seien, kann

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Gil Evans Orchestra 1986 live in der Fabrik Hamburg

Gil Evans Orchestra 1986 live in der Fabrik Hamburg

Mit viel Spannung und Tamtam, samt medialen Brimboriums, wurde diese neue CD-Reihe mit Musik aus der Hamburger „Fabrik“ erwartet. Große Namen des Jazz sollten sich die Hand reichen. Man grub da aus, was fast als Sensation zu Ehren hat kommen sollen. In der ersten Veröffentlichung spielte das Gil Evans Orchestra über mehrere Stunden, und hier zwei CDs lang, ein Programm mit Hendrix-Schwerpunkt auf. Die Hamburger Fabrik ist eine Institution wie es auch der NDR in der Ägide unter Michael Naura als Leiter der Jazzredaktion dies war. Zur Not hat man

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Zurich Jazz Orchestra & Steffen Schorn: to my beloved ones

Zurich Jazz Orchestra & Steffen Schorn: to my beloved ones

Auch die traditionelle BigBand ist nicht erneuerungsresistent und die Marke Jazz Orchestra drückt das sehr gut aus. Das gilt insbesondere auch für das Zurich Jazz Orchestra unter der residenten Leitungsgastarbeit von Steffen Schorn und das mit ihm Sprünge arrangiert , die Laune und Lust verbreiten. Hinter Titeln wie „Die Tochter des Tyrannen“ kochen die ein Süppchen orientalischer Klangpampe, heftig gewürzt und reich an musikalischem Protein. Nachhaltig mit akustischem Koffein versetzt, bleibt da kein Tanzfuß im Nassen, kein Ohr auf dem Trockenen. Nicht weniger glücklich wird man mit den anderen Tracks.

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Initiative H: Polar Star

Initiative H: Polar Star

Diese großen Ensembles, die größer wirken als „large“ und aber kleiner als „Big Bands“ sind und die in der romanischen Kultur beheimatet sind, finden einen ganz seltsamen eigenen Ton. Die Klangkulturen, ob bei Eve Risser, bei Art Zoyd, oder hier eben bei Initiative H, schmelzen insbesondere auch die populärmusikalischen Tonkulturen aus Rock und Pop jenseits des Jazz mit ein, so dass die Sache mit dem „Jazz“ zur schönsten Nebensache wird, die gleichwohl im Zentrum steht. Das liegt an der ausgiebigen Freude an repetitiven Mustern, denen man immer wieder im Aufbau

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Composers’ Orchestra Berlin: Holding Pattern

Composers’ Orchestra Berlin: Holding Pattern

Corona, Corona, Corona. Für viele angeblich längst vorbei, aber lassen wir den unmöglichen Streit über Wissenschaft und Gefühl besser außen vor. Die musikalische Nachschüttung allerdings läuft – manchmal unter dem Label „Neustart Kultur“ (in diesem Fall hier allerdings nicht): Lauter kreative Prozesse, die da in Gang gesetzt wurden, wenn man den Pressetexten glauben schenken will: „Viele der Titel wurden während des Corona-Lockdowns geschrieben: Im Rückblick hatte dies mehr Einfluss auf den kreativen Prozess als man sich vorgestellt hatte.“ Es sind neun verschiedene Komponist:innen in zehn Titeln. Vielfalt ist garantiert, sofern

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Louis Matute Large Ensemble – Our Folklore

Louis Matute Large Ensemble – Our Folklore

Das ist so richtig vollkommene Musik, die mit einer Selbstverständlichkeit im Ausdruck auftritt, die keinen Widerspruch duldet, sondern eine Einladung ist, dabei zu sein beim Ausrollen von Rhythmen, Harmonien und Farben. Im Ensemble des Gitarristen Louis Matute finden sich viele musikalische Sprachkulturen zusammen, ohne dabei zu grauem Tonbrei zu versuppen. Nix ist hier grau, es ist bunt, manchmal etwas verschleiert dabei und gebrochen pastellig. „Our Folklore“ heißt dieses Album, man möchte es sowohl ironisch verstehen wie zugleich als Versprechen, die ästhetische Latte nicht zu hoch zu hängen, aber zu probieren,

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Claassen, Linx & WDR Big Band: And Still we sing

Claassen, Linx & WDR Big Band: And Still we sing

Es gibt Spoken Word! Und es gibt Arrangements, die knallen. Eine WDR BigBand wird durch die Leitung von Magnus Lindgren zu durchaus übergermanischen Flügen angeregt. Aufgeregt, aufregend mit zwei Sänger*innen, die dem ganzen Treiben Paroli und Parolen bieten können. Das geht von der Nummer 1 (Sum it up – disturbing the peace) über fröhlichsülzenden Balladen in 2 (Along Goes Betty). Das klingt in meinen Ohren durchaus wie eine späte Fortsetzung von eskalierenden Rolltreppen aus Composers-Orchestra-Zeiten mit Carla Bley. So umschmeichelnd in Linien, harmonischen Ver-Rückungen und Gesangsenergie – die aus der

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Silent Explosion Orchestra – Portraits of New York City

Silent Explosion Orchestra – Portraits of New York City

Was für ein Name für eine Big Band: Silent Explosion Orchestra. Dabei handelt es sich um ein deutsches Gewächshausorchestra, das „einige der talentiertesten jungen Jazzmusiker von Saarbrücken über Mannheim und Mainz bis nach Köln“ vereine, wie man auf der Website der Kapelle lesen kann. Still explodiert hier aber eher nichts. Überhaupt explodiert selten etwas. Man kann ohne mit den Haaren in den Ohren earzubangen sagen: Solide Arrangements, solides Spiel mit den zwingend nie ausbleibenden Brass-Parallel-Phrasen; meistens jedenfalls. Das Ensemble hat sich nicht weniger attraktiv an New York City Portraits probiert.

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Michael Leonhart Orchestra: Suite Extracts Vol. 1 [2019]

Michael Leonhart Orchestra: Suite Extracts Vol. 1 [2019]

Suppe. Es suppt. Musikalisches Gemüse, mal köchelt es, dann kocht es, mal schnurgelt es, dann zieht es durch an den vielen Gewürz-Zutaten. Das Michael Leonhart Orchestra vereint unter sich viele bekannte Musiker*innen. Statt Orchestra wäre wohl die Bezeichnung eines Big Ensembles passender. Denn immer wieder schälen sich kleinere Ensembles zu eigenen musikalische Entitäten zusammen. Eine Jazziversum mit soliden charakteristischen Planeten in den Umlaufbahnen. Und ja. Eine Suppe kann auch so ein Universum sein. Ornette Colemans „Lonely Woman“ wird da eingebettet in „Big Bottom“ – das ist schon schräg, aber es

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