5. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Bruckner / Tonhalle-Orchester Zürich

Bruckner / Tonhalle-Orchester Zürich
Bruckner / Tonhalle-Orchester Zürich
Nach der Nr. 7 und Nr. 8 nun also die «Neunte». Offenbar haben sich das Tonhalle-Orchester Zürich und Paavo Järvi für das Bruckner-Jahr auf die hohen Nummern und damit die späten Werke konzentriert. Sie stehen damit etwas abseits von den großen, enzyklopädischen Editionen und reihen sich eher in die Reihe jener Einspielungen ein, die nur einzelne Werke in den Fokus rücken. Der Vorteil, sich ganz auf etablierte Fassungen zu stützen und zudem nur die letzte Trias zu berücksichtigen, mag auch ökonomischer Natur sein (ich glaube kaum, dass es nach 2024 noch eine Fortsetzung mit den früheren Sinfonien geben wird). Wie also schließt hier die «Neunte» hier einen nicht vorhandenen Zyklus ab?

Zunächst beeindruckt einmal mehr die Souveränität, mit der die Partitur in der renovierten und nach wie vor brillant klingenden Tonhalle umgesetzt wird. Man hat nicht den Eindruck eines falschen Raums mit künstlicher Akustik. Das lässt die Aufnahme auch warm und räumlich authentisch erscheinen. Andererseits wird dadurch die Interpretation offener erfahrbar: So präsentiert sich das Zürcher Tonhalle-Orchester als ein hochkarätiger, in sich geschlossener Klangkörper und lässt hier und da dennoch Ecken und Kanten erkennen, wenn einmal eine Flöte überhängt, das Blech sich zu präsent nach vorne wagt oder undeutlich wird. Dass sich schon der Kopfsatz nicht recht zur Größe aufschwingt, das Scherzo nicht so recht «knacken» will, das Adagio in den ersten Takten fast larmoyant anhebt und allzu schnell das dynamische Spektrum öffnet, ist der Sichtweise von Paavo Järvi geschuldet. Es gibt wahrlich Dutzende von Einspielungen, die man im Vergleich links liegen lassen kann. Andererseits finden sich auchDeutungen, die leicht an Steuerbord überholen. Eine Einspielung, die wohl eher in der Trias gesehen werden muss.

Anton Bruckner. Sinfonie Nr. 9
Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi

Alpha ALP 1068 (2023)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #134 – Nr. 9