27. Juli 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Christian Tetzlaff / Brahms & Berg

Christian Tetzlaff / Brahms & Berg

Es ist eines jener Alben, die wahrlich nicht alltäglich zu nennen sind. Und das bei gleich zwei Werken, die zum Standard gehören, von denen alle Musikliebhaber:innen in der eigenen Tonträger-Sammlung bereits eine oder mehrere bevorzugte Einspielungen haben. Wie hier aber Christian Tetzlaff die oft gehörten, allzu vertrauten Kompositionen angeht und umsetzt, frappiert noch beim zweiten, dritten und auch vierten Hören. Und nicht zu vergessen und keineswegs in die zweite Reihe zu stellen: das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Robin Ticciati ohne sein Zutun die Interpretation nicht zu denken wäre. Was also

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Igor Levit / Fantasia

Igor Levit / Fantasia

Noch einmal Fantasien – wenigstens auf dem Cover dieses Doppelalbums. Denn neben der Chromatischen Fantasie und Fuge von Johann Sebastian Bach und Ferruccio Busonis Fantasia contrappuntistica stehen Franz Liszts monumentale Sonate h-Moll wie auch Alban Bergs einsätzige Sonate op. 1 auf dem Programm. Fraglos eine dramaturgisch radikale Entscheidung (was soll danach noch kommen?), pianistisch aber mit Sicherheit eine tour de force. Den vier Schwergewichten auch noch vier kurze Encores zur Seite zu stellen, ist eigentlich eine schöne Idee, wenn da nicht der Beipackzettel des Labels Igor Levit selbst zitieren würde.

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Schumann Quartett / 1923

Schumann Quartett / 1923

Wer wohl bei dieser Produktion auf die Idee kam, den Untertitel 100 Years of Radio hinzuzufügen? Weder die eingespielten Kompositionen haben dazu einen Bezug, noch taucht das Wort «Radio» oder «Rundfunk» im ausführlichen Booklet-Essay auf. Der Hoax geht sogar weiter: Das Datum «1923» (gemeint ist der 29. Oktober 1923) bezieht sich allein auf die erste für Privatpersonen bestimmte Live-Übertragung in der Weimarer Republik. Blickt man jedoch auf Europa, wäre auf die BBC zu verweisen, die bereits am 14. November 1922 (!) auf Sendung ging. Zwischenfazit: Man muss nicht auf jeden

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Vienna 1900

Vienna 1900

Auch hier stimmt die als Motto gewählte Jahreszahl nicht ganz. Vielmehr ist mit «Wien 1900» eher ein «Wien um 1900» gemeint – also jene Zeit, in der sich die alte Donaumetropole längst in eine Stadt mit mondänem Ring und historisierendem Rathaus gewandelt hatte (die heutige breite Einbahn-Autoschneise gibt so gut wie nichts mehr von der einstigen breitflächigen Anlage wieder). Von den ausgefahren Bahnen der Musik setzten sich Schönberg und sein Kreis schon in den ersten Jahren des neuen Säkulums ab, auch wenn man heute viel stärker ihre Nähe zu den

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Vienna 1905–1910

Vienna 1905–1910

Nach der Jahrhundertwende war Wien mehr als nur die altgediente Metropole einer sich ihrem Ende nähernden Doppelmonarchie. Sie war vor allem ein Hotspot der Kultur – ein Schmelztiegel vieler Nationen und Entwicklungen, in dem gleichermaßen konservative Kräfte wirkten wie auch eine sich neu formierende und orientierende Avantgarde in Musik, Kunst, Drama und Literatur. Der Aufbruch in das 20. Jahrhundert konnte kaum vielfältiger sein, und doch wird er musikalisch bis heute vor allem durch die Protagonisten der «Zweiten Wiener Schule» repräsentiert. So auch auf diesem Album mit je einer herausragenden Komposition

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Alban Berg Quartett – Complete Recordings

Alban Berg Quartett – Complete Recordings

37 Jahre bestand das legendäre Alban Berg Quartett, das mit seinen Interpretationen selbst ein Stück Gattungsgeschichte geschrieben hat. Auch wenn die Formation (anders als andere) nur wenige neue Partituren zur Uraufführung brachte, so hatte sie sich nie ausschließlich dem klassisch-romantischen Repertoire verschrieben (auch hier: anders als andere). Überdies finden sich Produktionen, die über ihre angestammte Domäne hinausgehen: Walzer von Strauß I und II sowie Lanner, teilweise in Arrangements der Zweiten Wiener Schule (eingespielt 1992), und Tango Sensations mit Werken von Astor Piazzolla & Co. (2003). Als sich das Quartett 2007

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Lento religioso – Amsterdam Sinfonietta / Candida Thompson

Lento religioso – Amsterdam Sinfonietta / Candida Thompson

Das Motto der CD ist Programm. Entliehen ist es dem dritten Satz der Symphonischen Serenade op. 39 (1947/48) von Erich Wolfgang Korngold, doch erstreckt es sich emotional über alle sieben Tracks, die sich so zu einem großen Charakterbild zusammenfügen. Dramaturgisch schlüssig ist dabei die Kombination von Arrangements und Einrichtungen einzelner Sätze sowie originalen Partituren für Streichorchester: auf der einen Seite Alban Bergs Sonate op. 1 und Wagners Vorspiel zu Tristan und Isolde, auf der zweiten das Adagio aus Anton Bruckners Streichquintett, auf der dritten endlich neben Korngolds eindringlichem Satz ein

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One Century of Music – Orchestre de la Suisse Romande

One Century of Music – Orchestre de la Suisse Romande

Aus den Radioprogrammen wie vom Plattenteller ist der Name des Orchesters nicht wegzudenken. Mehr noch handelt es sich bei dem Orchestre de la Suisse Romande um das musikalische Aushängeschild der Romandie. Das macht leicht vergessen, dass sowohl die Gründung wie auch die nachfolgenden Jahre von Unsicherheiten begleitet waren. Als nach dem Ende des Ersten Weltkriegs andernorts um die politische Richtung gekämpft wurde und die Spanische Grippe ihre Opfer forderte, präsentierte sich am 30. November 1918 das Orchester erstmals in der Genfer Victor Hall und zwei Tage später im Théâtre de

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