Dass mich die Interpretation dennoch nicht überzeugt, liegt vor allem an der Position der Mikrophone, der damit eingefangenen Akustik und zugrunde liegenden Ästhetik. Natürlich hat es die zart besaitete Harfe schwer, sich gegen ein sinfonisch besetztes Orchester zu behaupten. Doch wer genau hinhört, der wird merken, dass bereits die Komponisten selbst sich dieser Voraussetzung bewusst waren und in der Partitur hinsichtlich Faktur und Instrumentation reichlich vorgesorgt haben. Bei diesem Album allerdings scheint man dem nicht getraut zu haben – so stark ist die solistische Harfe in den Vordergrund gerückt, das Orchester aber weit nach hinten. Dem WDR Sinfonieorchester wird dabei seine klanglichen Individualität genommen, ein wirklich konzertantes Wechselspiel bleibt aus. Vielmehr erscheint mitunter Unwichtiges zu präsent, Thematisches im Orchester bleibt hingegen oft nur angedeutet. Das kommt weder dem Konzert von Glière noch dem von Mossolow aus dem Jahr 1939 (seine bekannte Eisengießerei entstand früher) entgegen. Neugierig auf mehr macht wenigstens der kurze Auszug aus Glasunows Ballett Raymonda (1898).
Reinhold Glière. Konzert für Harfe und Orchester op. 74; Alexander Glasunow. «Prélude et la Romanesca» aus: Raymonda op. 57; Alexander Mossolow, Konzert für Harfe und Orchester; Peter Tschaikowski. «Tanz der Zuckerfee» aus: Der Nussknacker op. 71 (arr. von Xavier de Maistre)
Xavier de Maistre (Harfe), WDR Sinfonieorchester, Nathalie Stutzmann
Sony 19439913812 (2021)