15. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Močnik / Johannes-Passion

Močnik / Johannes-Passion
Močnik / Johannes-Passion
Wohl erst durch diese Einspielung – zwölf Jahre nach der Uraufführung – wird die Johannes-Passion des slowenischen Komponisten Damijan Močnik (*1967) einem größeren Kreis bekannt. Močnik, der vor allem durch seine Kompositionen für Chor hervorgetreten ist, reiht sich mit diesem Werk in eine ebenso große wie großartige Tradition von Vertonungen ein, die sich mit den letzten Tagen Jesu in Leben und Leiden musikalisch auseinandersetzen. Johann Sebastian Bachs Passions-Vertonungen werden zwar in der Musikgeschichte ein ewiger Fixstern bleiben; seither sind aber insbesondere im 20. Jahrhundert einige nicht minder gewichtige Werke entstanden – teilweise a cappella, teilweise orchestral. Nur eben satztechnisch wie stilistisch und vor allem theologisch vollkommen anders gestaltet.

Mit dem universellen lateinischen Text seiner Passio Domini nostri Iesu Christi secundum Ioannem erinnert Močnik ein wenig an die Lukas-Passion von Penderecki aus dem Jahre 1966, nicht nur wegen der signifikanten Verwendung der Glocken. Er schafft mit dem Lateinischen nicht nur «Verständlichkeit» über alle Sprachgrenzen hinweg (zugegebenermaßen ein Paradoxon), sondern auch eine gewisse Objektivität gegenüber dem Geschehen, das von den Einwürfen des nicht im Mittelpunkt stehenden Orchesters kommentiert wird. Tatsächlich sind es die Solisten und Chorstimmen, die auf einfühlsame Weise die Passion vergegenwärtigen. Traditionsgemäß übernimmt dabei die Partie des Jesus eine dunkle Stimme (hier: Gabriel Rollinson, Bassbariton), für den Erzähler / Evangelisten ist hier jedoch eine Frauenstimme vorgesehen (Siobhan Stagg, Sopran). Dass Močnik seine Passionsvertonung gleichsam mit einem gregorianischen Choral ausklingen lässt («Amor in aeternam»), überrascht nach Passagen in der Faktur von Fauxbourdon und Organum nicht, sondern wirkt nur konsequent.

Damijan Močnik. Passio Domini nostri Iesu Christi secundum Ioannem (2011)
Siobhan Stagg (Sopran), Lydia Teuscher (Sopran), Attilio Glaser (Tenor), Gabriel Rollinson (Jesus), Rok Ferenčak (Tenor), Tadej Osvald (Bass), Max Hanft (Orgel), Slowenischer Philharmonischer Chor, Gregor Klančič (Choreinstudierung), Münchner Rundfunkorchester, Ivan Repušić

BR Klassik 900343 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #080 – Passionen