Dass die Musik von Arnulf Herrmann auch durch ihre brillante, vorzugsweise erdig dunkle Instrumentation wirkt (und eben nicht überredet) zeigt die Tour de Trance nach einem Text von Monika Rinck. Ursprünglich für Stimme und Klavier geschrieben (2017/22), entwickelte Herrmann aus dem Material ein dichtes viersätziges Orchesterwerk (2020), das im letzten Satz zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt. Die Farbigkeit der vertikalen Kaskaden und die suchenden Bewegungen der horizontalen Wellen zwingen dabei zu nichts, sondern fordern unmerklich Geistesgegenwart – eine Aufmerksamkeit, die in keinem Moment enttäuscht wird. Denn die Spannung wird gehalten, längere sinfonische Zusammenhänge mit höchster Souveränität gestaltet. Die live mitgeschnittenen Aufführungen von der musica viva des Bayerischen Rundfunks sind nicht minder fulminant, der extrem anspruchsvolle Vokalpart hat in Anja Petersen eine ideale Interpretin gefunden. Und ja: es sind wirklich Werke fürs Repertoire – wenn man sich denn traut!
Arnulf Herrmann. Drei Gesänge am offenen Fenster für Sopran und Orchester (2014); Tour de Trance für Sopran und Klavier (2017/22);Tour de Trance für Orchester mit Sopran (2020)
Anja Petersen (Sopran), Björn Lehmann (Klavier), Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Stefan Asbury, Pablo Heras-Casado
BR Klassik 900641 (2014, 2021, 2022)