26. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Mozart Contemporaries / Carmen Mainer Martín

Mozart Contemporaries / Carmen Mainer Martín

Es gibt Instrumente, die in der Kammermusik zu wenig präsent waren und sind. Das Fagott gehört dazu. Nach seiner vielseitigen Verwendung in der barocken Continuo-Gruppe hat es in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwar mit den anderen Holzbläsern seinen Platz im Orchester gefestigt und ausgebaut; in der Kammermusik blieb es allerdings weitgehend unterrepräsentiert: Es fand vor allem innerhalb von Bläsergruppen Verwendung (später etwa im Holzbläserquintett oder im Klavier-Bläserquintett) – Sonaten, aber auch Konzerte sind hingegen nur selten anzutreffen. Fast könnte man es daher als eine glückliche Fügung sehen, dass

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Schumann Quartett / 1923

Schumann Quartett / 1923

Wer wohl bei dieser Produktion auf die Idee kam, den Untertitel 100 Years of Radio hinzuzufügen? Weder die eingespielten Kompositionen haben dazu einen Bezug, noch taucht das Wort «Radio» oder «Rundfunk» im ausführlichen Booklet-Essay auf. Der Hoax geht sogar weiter: Das Datum «1923» (gemeint ist der 29. Oktober 1923) bezieht sich allein auf die erste für Privatpersonen bestimmte Live-Übertragung in der Weimarer Republik. Blickt man jedoch auf Europa, wäre auf die BBC zu verweisen, die bereits am 14. November 1922 (!) auf Sendung ging. Zwischenfazit: Man muss nicht auf jeden

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Trio élégiaque / Trio RoVerde

Trio élégiaque / Trio RoVerde

„Rachmaninow wurde aus Stahl und Gold geschaffen: Stahl in den Händen und Gold im Herzen.“ – Ein wunderbares Bonmot des aus Krakau stammenden Pianisten Józef Hofmann, der damit die wesentlichen Charakterzüge von Sergei Rachmaninow als ausübenden Pianisten beschrieben hat. Neben seinen Einspielungen sind es heute aber vor allem seine Werke, die in Erinnerung geblieben und im Konzertsaal präsent sind. In diesem Jahr vielleicht sogar mehr als gewöhnlich, denn Rachmaninow wurde vor 150 Jahren in einer Kleinstadt südlich von St. Petersburg geboren; gestorben ist er im Herbst einer langen Doppel-Karriere vor

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Byrd / My Ladye Nevells Booke

Byrd / My Ladye Nevells Booke

Es ist wohl allein der Sammel-Leidenschaft von John Baldwin, einem Sänger der St. George’s Chapel (Windsor Castle) und seiner Verehrung des Komponisten William Byrd zu verdanken, dass in einem einzigen singulären Manuskript insgesamt 42 Kompositionen für Virginal überliefert sind. Doch auch die Geschichte der am 11. September 1591 vollendeten Handschrift, bekannt als My Ladye Nevells Booke, ist einzigartig: Es befand sich im Besitz von Elizabeth I., später ist es bei Charles Burney nachweisbar, im 21. Jahrhundert gelangte es in den Besitz der British Library – als Ausgleich einer angefallenen Erbschaftssteuer.

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Max Reger / Artium Trio

Max Reger / Artium Trio

Dieses Album beschreibt im gewissen Sinne die Entwicklung des jungen portugiesischen Artium Trios: Es wurde 2016 gegründet, die Einspielung wurde wurde 2018 produziert, die Veröffentlichung erfolgte aber erst 2021 bei Brilliant Classics – weit im Vorfeld des Reger-Jahr 2023 (150. Geburtstag), das selbst für einen seit langem überzeugten Regerianer nahezu unbemerkt seinem Ende entgegen geht. Umso mehr darf man sich daher an dieser Einspielung und einer Trio-Formation freuen, der ich deutlich mehr Aufmerksamkeit wünsche! Wenn diese Aufnahme aber schon fünf Jahre alt ist – wie wird das Ensemble seither noch

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Duarte / Belfort Guitar Duo

Duarte / Belfort Guitar Duo

Was wäre das Gitarren-Repertoire ohne die Werke von John W. Duarte (1919–2004)? Duarte, der zeitweise als Chemiker arbeitete und einige Jahre einen Tabakladen hatte, fand neben seinen Kompositionen erst ab 1974 als Direktor von Cannington International Guitar Summer School and Festival seinen Platz im Berufsleben – ein Amt, das er für 20 Jahre versah und vieles bewegte. Wirft man einen Blick auf sein Œuvre, traut man den eigenen Augen kaum. In einem Zeitraum von über 60 Jahren (zwischen 1941 und 2003) entstanden nicht weniger als 148 gezählte Kompositionen, daneben aber

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Patagonia Express

Patagonia Express

Je südlicher man sich auf den amerikanischen Doppelkontinent denkt, desto größer wird die Sehnsucht. Patagonien steht für weite Landschaften und fast unendlich scheinende Wegstrecken hin zu schroffen Gipfeln, mächtigen Abbruchkanten und Eisbergen, die Pinguine nicht zu vergessen. Und man erinnert sich an den Old Patagonian Express von Paul Theroux (1979), der den Autor bis ins (vergleichsweise) nördliche Esquel führte – ein Reiseroman wie aus einer anderen Zeit. So melancholisch wie die Musik von Astor Piazzolla. Und damit spricht dieses Album vielleicht eher die individuellen Vorstellungen, Erinnerungen und Träume jedes Einzelnen

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American Pioneers

American Pioneers

Manchen wird etwas unwohl, wenn das Adjektiv «american» nicht geographisch korrekt den großen Doppelkontinent meint, sondern nur die Vereinigten Staaten und deren «way of life». Natürlich gibt es in nahezu allen Bereichen des Lebens populäre Verallgemeinerungen; dass sie sich aber auch auf seriösen Covern und im eingespielten Repertoire niederschlagen, überrascht dann doch. Die ohnehin ungenaue, oftmals allzu leichtfertig hingeworfene Begrifflichkeit verweist auf eine kulturelle Vormachtstellung, die zwar faktisch existent ist (zumal durch verschiedene musikalische Institutionen), zugleich aber vieles ausklammert oder gar ausgrenzt. Ob die auf diesem mit «American Pioneers» überschriebenen

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