Wow – denkt man sich. Das Repertoire ist nach wie vor unerschöpflich und bietet noch immer Werke und Werkgruppen, die offenbar noch nie eingespielt wurden. So scheinbar auch die hier vorgestellten Triosonaten von Michele Mascitti (1664–1760). Er war ein seit 1704 in Paris lebender Neopolitaner, ein Grenzgänger zwischen den Stilen, auch wenn hier die Triosonaten seines Opus 1 Corellis Einfluss kaum verbergen können. «World premiere recordings» steht auf dem Cover, und im Kleingedruckten nochmals «world premiere recordings of his Triosonatas Op. 1». Dass auf dem Album tatsächlich nur der zweite Sixpack zu Recht erklingt (Nr. 7–12), wird rasch klar: die Sonaten Nr. 1–6 sind ursprünglich nur für eine Violine und Basso continuo geschrieben. Dennoch handelt es sich auch im Weiteren um eine Mogelpackung: Bereits 2022 wurden von Ensemble Quentin le jeune die Sonaten Nr. 7 und 9 aufgenommen und herausgebracht (Calliope Records).
Aber auch so wurde eine Chance vergeben. Denn die Aufnahme von Musica Elegentia und Matteo Chicchitti überzeugt kaum. Da wird vieles artig artikuliert und phrasiert, nur will es musikalisch überhaupt nicht zünden. Das liegt hier freilich weniger an der weitläufigen Kirchenakustik. Es ist vielmehr eine zur Ruppigkeit neigende Schnurrigkeit zu beobachten, die die Sequenzen sequenziert, die Kadenzen kadenziert – oft genug durch plötzliches Absetzen und ohne vorhergehende rhetorische Ankündigung. Aber auch gestisch wie tonlich (und oft genug auch mit intonatorischem Flirren) finden die fünf Musiker:innen nicht recht zu einer Einheit zusammen. Das Album wäre daher fast verzichtbar, wenn es nicht den Blick auf eine bemerkenswerte junge Komponistenkarriere zu Beginn des 18. Jahrhunderts werfen würde.
Michele Mascitti. Sonata a Tre – Opera Prima
Triosonaten op. 1 Nr. 7–12
Musica Elegentia, Matteo Chicchitti
Challenge CC 72979CHAN 20279 (2023)