Eine großzügige Präsentation der Arbeit von Stefan Prins bietet Kairos unter dem Titel „Augmented“. Schon angesichts der rekordverdächtigen 280 Minuten Material auf CD und DVD eine bezeichnende Überschrift. Das „Augmentieren“ ist aber vor allem ästhetisches Prinzip von Stefan Prins, der in intermedialen Kompositionen an der Erweiterung, Vergrößerung, und gleichzeitigen Verunklarung der Materialfelder und Darstellungsebenen arbeitet. Das Visuelle ist dabei ebenso entscheidend wie das Akustische und so durchdringen sich „leibhaftiges“ Bühnengeschehen und „immaterielle“ Avatare in vielschichtigen Mischungen aus Instrumentalklang, Elektronik und Video-Projektionen.
Die oft unauflösbare Gleichzeitigkeit von virtuell und real, technischer Affirmation und Technikkritik macht Prins’ Arbeiten besonders faszinierend. Die Intensität ihrer geräuschträchtigen Klangsphären – verstärkt, verzerrt, verpixelt, oft gnadenlos laut – wird vom Nadar Ensemble und Klangforum Wien hier konsequent ausgereizt. In „Generation Kill“ (2012) steuern vier externe Spieler die Geschicke der Instrumentalisten und deren vorproduzierten Doppelgängern wie an einer Play-Station. Die Irritation ist einkomponiert: was man sieht, ist nicht unbedingt deckungsgleich mit dem, was man hört. „Piano-Hero“ (2011–17) zerlegt den Solo-Virtuosen während vier MIDI-Keyboard-Stücken in seine Einzelteile.
Die Auflösung einer einheitlichen Wahrnehmungsperspektive zugunsten multipler Identitäten vollzieht sich besonders komplex und eindrucksvoll im akustisch-visuellen Spiegelkabinett der „Mirror Box Extensions“ (2014/15).
- Zuerst erschienen in der nmz 2019/06 unter dem Titel:
Multiple Identitäten – Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek
Stefan Prins: Augmented
Nadar Ensemble/Klangforum Wien
Kairos