29. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Bruckner 8 / Paavo Järvi

Bruckner 8 / Paavo Järvi
Bruckner 8 / Paavo Järvi
Es verblüfft mich stets aufs Neue, wenn Dirigenten mit wechselnden Orchester das immer gleiche Repertoire einspielen. Auf die Spitze trieb es einst Karajan, der mit «seinen» Berliner Philharmonikern den Beethoven-Zyklus gleich dreimal für die kleine Ewigkeit festhielt – damit lange Zeit präsent blieb und dem Label anhaltenden Umsatz bescherte. Gerade die großen Namen verleiten zu derartigen Doppelungen – nicht genug damit, dass man sie im Konzertsaal ohnehin in Dauerschleife hört. So nun auch Paavo Järvi. Nicht ausgemacht ist, ob er mit der 7. und 8. Sinfonie von Anton Bruckner einen weiteren kompletten Schweizer Zyklus plant. Und doch steht die aktuelle Einspielung der 8. Sinfonie (Alpha) nun in bleibender Konkurrenz zu der mittlerweile über zehn Jahre alten Aufnahme mit dem hr-Sinfonieorchester von 2011 (RCA).

Tatsächlich überzeugt die neue Produktion aus der frisch renovierten Züricher Tonhalle mit einer so präsenten wie präzisen Akustik, während in der Frankfurter Aufnahme zahlreiche Passagen seltsam indifferent verschwimmen. Auch zeigt sich das Orchester aus der Eidgenossenschaft im Ton deutlich runder. Dennoch vermute ich bei den Holzbläser-Einwürfen zu Beginn des Kopfsatzes den Tonmeister am Regler – wie schon in Frankfurt, wo insgesamt nicht ganz der Standard wie unter Eliahu Inbal erreicht wurde. Satt klingt die Züricher Blech-Sektion, und dennoch schwelgt Paavo Järvi nicht im statischen Klang, sondern geht vielmehr beständig vorwärts. Bruckners «moderato» wirkt bei ihm nie zögernd, im Scherzo sogar im Gegenteil seltsam sportiv. Andererseits wird so im langsamen Satz der originale Zusatz doch nicht schleppend einmal angemessen umgesetzt, zugleich mit einem sehr offenen Steichersound. Das Finale steht gleichsam für die gesamte Interpretation, indem es einen langen Blick über die 80 Minuten wirft und eine «Geschichte» erzählt. Da wird die Partitur frisch angegangen, an manchen Punkten gar cinematographisch zugespitzt – und lässt einen am Ende aber emotional einigermaßen unberührt zurück.

Anton Bruckner. Sinfonie Nr. 8 (1890)
Tonhalle-Orchester Zürich, Paavo Järvi

Alpha ALP 987 (2022)

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