24. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Mahler / Philipp von Steinaecker

Mahler / Philipp von Steinaecker

«Dass alles durchaus so zu Gehör kommt, wie es in meinem inneren Ohr ertönt, ist die Forderung, zu der ich alle zu Gebote stehenden Mittel bis aufs letzte auszunützen suche. Nur am richtigen Platze und in seiner völligen Eigenart darf jedes Instrument verwendet werden.» – Die Älteren der geneigten Leserschaft werden sich noch an die 1970er und vor allem die 1980er Jahre erinnern, als sich die historisch informierte Aufführungspraxis nach ersten Versuchen Bahn brach, ein ganzes Repertoire eroberte und schließlich wiederbelebte. Stand zunächst die Musik bis etwa zur Mitte des

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #134 – Nr. 9
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Bruckner / Tonhalle-Orchester Zürich

Bruckner / Tonhalle-Orchester Zürich

Nach der Nr. 7 und Nr. 8 nun also die «Neunte». Offenbar haben sich das Tonhalle-Orchester Zürich und Paavo Järvi für das Bruckner-Jahr auf die hohen Nummern und damit die späten Werke konzentriert. Sie stehen damit etwas abseits von den großen, enzyklopädischen Editionen und reihen sich eher in die Reihe jener Einspielungen ein, die nur einzelne Werke in den Fokus rücken. Der Vorteil, sich ganz auf etablierte Fassungen zu stützen und zudem nur die letzte Trias zu berücksichtigen, mag auch ökonomischer Natur sein (ich glaube kaum, dass es nach 2024

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #134 – Nr. 9
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Tüür / Paavo Järvi

Tüür / Paavo Järvi

Es mag angehen, dass noch im 21. Jahrhundert Sinfonien geschrieben werden –und fast möchte ich ein «wieder» hinzufügen. In den hektischen Jahrzehnten der Avantgarde war es kaum möglich, mit einer so bezeichneten Partitur Erfolg zu haben. Die Gattung schien überholt und mit Gustav Mahler (dessen 9. Sinfonie wie ein Schlusspunkt erschien, die 10. ging schon rätselhaft darüber hinaus) an ein gewisses Ende gekommen zu sein. Soweit die zentraleuropäische Perspektive. In Skandinavien wie auch im Baltikum tickten die Uhren etwas anders – zwar unterschiedlich, aber eben doch mit einem tiefen Blick

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #134 – Nr. 9
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Amazonia / Simone Menezes

Amazonia / Simone Menezes

Der Urwald. Unendliches Grün. So scheint es jedenfalls (noch). Nun ist die Hörbar nicht der Ort, um über tropische Edelhölzer und für Weidevieh sinnlos gerodete Flächen zu sinnieren. Wohl aber über Produktionen und Alben, die sich die Sorge um diese Natur, ihre Vielfalt und die vielfach unberührte Kultur indigener Stämme zunutze machen. Diese Sorge nämlich nährt das Album Amazonia – eine Produktion, die in Zusammenhang steht mit einer tourenden Show, bei der künstlerisch anspruchsvolle Fotographien eine Partitur von Heitor Villa-Lobos (1887–1959) illustrieren, oder die wahrlich sinfonische Partitur die Kraft der

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #125 – Brasilien
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Haydn Vol. 15 / Giovanni Antonini

Haydn Vol. 15 / Giovanni Antonini

Sehr kontinuierlich und keineswegs überstürzt schreitet die aus der Schweiz umfassend gesponserte Gesamteinspielung der Sinfonien von Joseph Haydn voran. Nun liegt die Folge 15 vor, mit Werken aus der mittleren Zeit (wenn man so will). Aber was sagt das schon aus? Haydn ist in nahezu jeder seiner Sinfonien so originell, wie man es anderen Komponisten in ein oder zwei Werken wünschen würde. Das wirklich Fantastische an dieser betont gemächlichen (und damit alles andere als zeitgemäßen) Serien-Produktion sind die sich immer wieder einstellenden (Neu-)Entdeckungen. Haydn definiert in den 1770er und 1780er

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #124 – Sinfonisches
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Händel / Brockes-Passion

Händel / Brockes-Passion

Als im Jahres 1712 unter dem Titel Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesu die von Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) stammende Um-dichtung der Leidensgeschichte Christi im Druck erschien, war nicht absehbar, dass in den folgenden Jahrzehnten mindestens 13 Komponisten diesen Text einer Vertonung zugrunde legten; unter ihnen Reinhard Keiser, Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel, Johann Mattheson, Johann Friedrich Fasch und Gottfried Heinrich Stölzel. Brockes traf mit seiner gleichermaßen auf Rührung wie Erschütterung angelegten Dichtung offenbar nicht nur den Geschmack seiner Zeitgenossen, sondern regte darüber hinaus in

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #113 – Passionsmusiken
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Chausson / Poème de l’amour et de la mer

Chausson / Poème de l’amour et de la mer

Vermutlich gehört Ernest Chausson (1855–1899) zu den prominentesten Opfern eines Fahrradunfalls. Nicht etwa in der Stadt, sondern auf dem Land in der Sommerfrische. Bergabwärts, eine scharfe Kurve, keine oder unzureichende Bremsen, eine Steinmauer. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden hier eingespielten Werke bereits vollendet. Es sind seine wohl bekanntesten, die zwischen 1886 und 1895 entstandenen Oper Le Roi Arthus op. 23 wird noch immer als Geheimtipp gehandelt. Chaussons offenkundige musikalische Nähe zu Richard Wagner bezeichnete Edouard Lalo 1883 einmal als «Wagnérie purulente» (eine Wagner-Vereiterung) – kein Wunder, reiste Chausson doch

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #112 – Meer
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Dandrieu & Corelli / Le Consort

Dandrieu & Corelli / Le Consort

Was viele Jahrzehnte später als Streichquartett zum «Gesellenstück» wurde, das war um die Wende zum 18. Jahrhundert die Triosonate. In der Nachfolge von Arcangelo Corelli und maßgeblich beeinflusst von seinen Opera entstanden zahlreiche Sammlungen, in der Regel von sechs Sonaten. Hier ist auch das 1705 gedruckte «Opus 1» von Jean François Dandrieu (1682–1738) zu verorten, der sich frühbegabt den Tasteninstrumenten zuwandte und als Musiker bis zu einem der vier etatmäßigen Organisten an der Chapelle Royale in Versailles aufstieg. Dass von ihm nur weniges gedruckt wurde und nur wenig mehr erhalten

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #111 – Opus 1
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Mozart & Paisiello / Julien Chauvin

Mozart & Paisiello / Julien Chauvin

Wer sich beim Anhören dieses Albums etwas verwundert am Ohrläppchen zupft, hat vermutlich keine Notiz vom Kleingedruckten auf dem Cover oder anderen in Klammer gesetzten Angaben genommen. «Paris 1804» steht da – Ort und Jahr verweisen nicht nur auf die erste Aufführung von Mozarts Requiem in Frankreich am 21. Dezember 1804 in Saint Germain l’Auxerrois unter der Leitung von Luigi Cherubini, sondern auch auf die dafür erstellte Bearbeitung, die lange Zeit fortlebte. Sie reflektiert die aufführungspraktischen Voraussetzungen vor Ort, Ästhetik und Geschmack der Zeit, verzichtet ab dem Lacrimosa auf ganze

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #102 – Mozart. Requiem
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Bruckner 8 / Paavo Järvi

Bruckner 8 / Paavo Järvi

Es verblüfft mich stets aufs Neue, wenn Dirigenten mit wechselnden Orchester das immer gleiche Repertoire einspielen. Auf die Spitze trieb es einst Karajan, der mit «seinen» Berliner Philharmonikern den Beethoven-Zyklus gleich dreimal für die kleine Ewigkeit festhielt – damit lange Zeit präsent blieb und dem Label anhaltenden Umsatz bescherte. Gerade die großen Namen verleiten zu derartigen Doppelungen – nicht genug damit, dass man sie im Konzertsaal ohnehin in Dauerschleife hört. So nun auch Paavo Järvi. Nicht ausgemacht ist, ob er mit der 7. und 8. Sinfonie von Anton Bruckner einen

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #098 – Sinfonisches
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Tubin / Paavo Järvi

Tubin / Paavo Järvi

Das Estonian Festival Orchestra unter der Leitung von Paavo Järvi ist schon lange keine unbekannte Größe mehr. Beim französischen Label Alpha ist nun schon die vierte Produktion herausgekommen – und wieder ist es ein überaus zielsicherer Griff ins Repertoire, der dieses Album besonders werden lässt. Mit zwei Werken steht das Schaffen des estnischen Komponisten Eduard Tubin (1905–1982) im Zentrum, flankiert durch zwei herausragende Werke aus Polen von Grażyna Bacewicz (Concerto, 1948) und Witold Lutosławski (Musique funèbre, 1958) für Streichorchester. Ein dramaturgischer Coup, der zudem die wunderbare Trauermusik von Lutosławski wieder

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #098 – Sinfonisches
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Winterreise / Benjamin Appl

Winterreise / Benjamin Appl

Was für eine Intensität. Benjamin Appl denkt und singt Schubert Winterreise vom ersten Ton an als ein Psychogramm des Wanderers, der seine Emotionen, sein Innerstes auf den Lippen trägt. Puristen des notierten Urtextes oder des gepflegten Kunstliedes mögen sich dabei an manchen Stellen stören, wenn Appl bisweilen Töne zerbrechlich wirken lässt, unvermittelt in Sprechgesang verfällt, in sich versinkt oder aufbegehrt. Auch James Baillieu setzt am Klavier immer wieder eigene Akzente in Artikulation und Phrasierung. Ist diese Winterreise womöglich allzu frei in der Gestaltung? Wie so oft im Leben kommt es

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #078 – Winterreise
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