5. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mozart / Philippe Herreweghe

Mozart / Philippe Herreweghe
Mozart / Philippe Herreweghe
Nicht mehr lange, und diese Aufnahme ist bereits 30 Jahre alt. Dass sie dennoch den Weg in die Hörbar gefunden hat, ist nicht allein der letzten Wiederveröffentlichung geschuldet, sondern auch ihrer nun schon «klassisch» anmutenden Interpretation. Sie hält sich an die seit dem 19. Jahrhundert tradierte und zur Hörgewohnheit gewordene Süßmayr-Fassung, bringt aber mit dem Klang und der historisch informierten Aufführungspraxis ein neues Element hinein, ohne sich in Spielereien, Manierismen Exaltiertheiten zu verlieren. Noch ist die Liste der mitwirkenden hervorragenden Solist:innen nicht von gestern; sie bilden aber (und das ist eher verblüffend) zu jeder Zeit ein in sich abgerundetes Ensemble.

Dieser Interpretation sind rasche Tempi oder ein radikales Querbürsten der Partitur (ja, das gab es auch und wurde kürzlich ebenfalls wiederveröffentlicht) vollkommen fremd. Weder Extreme, die üblicherweise immer auf Kosten der Komposition gehen, noch eine in breiten Strömen ausgegossene Romantik wird man in dieser Einspielung finden. Wer stets das «Neue» sucht, wird das Album möglicherweise auf die Seite legen – oder fündig werden: Derart in sich abgerundet sowie akustisch die Balance zwischen Räumlichkeit und Präsenz wahrend, ist Vergleichbares rar. In diesem Fall ist mir ausnahmsweise die zigste Reprise eines Longsellers sehr willkommen, auch wenn man sich kaum an etwas reiben kann.

Wolfgang Amadeus Mozart. Requiem d-Moll KV 626; Kyrie d-Moll KV 341
Sibylla Rubens (Sopran), Annette Markert (Alt), Ian Bostridge (Tenor), Hanno Müller-Brachmann (Bass), La Chapelle Royale, Collegium Vocale Gent, Orchestre des Champs-Élysées, Philippe Herreweghe

harmonia mundi HMM 931620 (1996)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #102 – Mozart. Requiem