5. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mauro d’Alay / Reale Concerto

Mauro d’Alay / Reale Concerto
Mauro d’Alay / Reale Concerto
Immer wieder verblüfft die musikalische Vielfalt, die sich in der SLUB Dresden als Schatzkammer italienischer Musik aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erhalten hat. In diesem Fall sind es Concerti des aus Parma stammenden Mauro d’Alay (1687–1757), über dessen Leben bisher kaum etwas bekannt ist. Frühe Spuren führen nach Venedig, dann nach Deutschland und London (1726/28). Schließlich wirkte d’Alay zwischen 1730 und 1747 am spanischen Hof von Philipp V., der die ebenfalls aus Parma stammende Elisabetta Farnese geheiratet hatte. In Madrid erwarb d’Alay ein für damalige Verhältnisse beeindruckendes Vermögen und kehrte am Ende seines Lebens in seine Heimatstadt zurück. Ihm gehörte die 1718 von Antonio Stradivari fertiggestellte «ex San Lorenzo», die Ende des 20. Jahrhunderts auch David Garrett zur Verfügung stand und heute einer japanischen Stiftung gehört.

Obwohl Mauro d’Alay wie viele andere seiner musikalischen Zeitgenossen eine geradezu europäische Biographie aufweist, bleiben seine hier eingespielten Kompositionen deutlich dem italienischen Stil verhaftet. Mehr aber noch muten sie wie aus der „zweiten Reihe“ an und stellen somit wohl einen Teil jenes Sediments dar, auf dem überhaupt erst das exzeptionelle und prägende Œuvre von Antonio Vivaldi zu denken ist. Daran ändern auch die beiden für die legendäre «Anna Maria della Pietà» entstandenen Concerti wenig. Dass d’Alay allerdings ein herausragender Solist gewesen sein muss, machen die hohen spieltechnischen Anforderungen deutlich, die auf diesem Album leider hin und wieder hautnah erfahrbar werden; ferner fehlt es dem Reale Concerto um Daniele und Luca Fanfori an aufführungspraktischem Schwung und Spritzigkeit. Am Ende bleibt der Repertoiregewinn.

Mauro d’Alay. The Dresden Concertos for Violin, Strings and Organ
Concerto d-Moll für zwei Violinen, Concerto D-Dur, Concerto B-Dur, Concerto B-Dur «for Anna Maria», Concerto F-Dur (auch Carlo Zuccari zugeschrieben); Concerto D-Dur «for Anna Maria» (instrumentiert von Emilio Ghezzi)
Reale Concerto

Dynamic CDS 7982 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #083 – Concerti