18. Januar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Olga Neuwirth: Solo (Klangforum Wien)

Olga Neuwirth: Solo (Klangforum Wien)

In Olga Neuwirths Solostücken geht es weniger um halsbrecherische Demonstrationen unkonventioneller Spieltechniken als um Klangräume, wo Dinge aufeinandertreffen, die sich normalerweise nicht zwangsläufig begegnen, wo Disparates zu einer schrägen Poetik verschmilzt. Zum Beispiel eine Flöte und der Rhythmus einer Olivetti-Schreibmaschine („Magic flu-idity“, 2018) oder die elementaren Klanglichkeit eines Fagotts mit Tape-Interpolationen einer diffus verrauschten Folklore („Torsion“, 2003). Das kann in Neuwirths abgründigen Musik-Legierungen Züge des Unheimlichen annehmen wie im taufrischen „CoroAtion I: io son ferito ahimè“ (2020): eine ganz persönliche Corona-Reflexion, wo ein Sammelsurium an Perkussion in eine sphärische Sample-Klangwelt

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Enno Poppe: Filz (Ensemble Resonanz und Tabea Zimmermann)

Enno Poppe: Filz – Ensemble Resonanz

Stücke für Streicher stehen im Fokus der aktuellen Poppe-Veröffentlichung mit dem Ensemble Resonanz, wie gewohnt im Selbstdirigat eingespielt. Dass Streichinstrumente eine besondere Faszination auf den Komponisten ausüben, scheint naheliegend, sind Enno Poppes gleichsam ‚asiatische’ Artikulationspraktiken im differenzierten Einsatz von Mikrotonalität doch auf ständiges Schleifen der Tonhöhe aus. Das mit Tabea Zimmermann denkbar prominent besetzte „Filz“ für Viola und Kammerorchester (2013/14) klingt, als hätte man ein Bratschenkonzert in ein Säurebad geworfen. Zimmermanns perforierte Solopassagen lassen Anflüge elegischer Expressivität wie verätzt erscheinen. Faszinierend. Die rezitativischen Außensätze, bei denen das Orchester als sparsamer

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Imants Kalniņš: Complete Symphonies

Imants Kalniņš: Complete Symphonies

Imants Kalniņš (geb. 1941) ist ein Wanderer zwischen den Welten. Klassisch an der Lettischen Musikakademie ausgebildet, schrieb er insgesamt sieben Sinfonien, Kantaten und Chorwerke – aber auch die Rockoper Ei, jūs tur! (Hey, ihr da!, 1971), ein Rockoratorium Kā jūra, kā zeme, kā debess (Wie das Meer, wie die Erde, wie der Himmel, 1984) sowie zahlreiche Songs. Wer als Purist mit den klassischen Werken des populären Grenzgängers Andrew Lloyd Webber hadert, sollte dennoch die Musik von Kalniņš nicht zu schnell auf die Seite legen. Zu einem vergleichbaren internationalen Erfolg hat

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #033 – Sinfonisches
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Heisig / Klare (2020)

Heisig / Klare (2020)

Aber wie geht denn das denn. Phonola gestanzt und Saxophon Improvisationen darüber. Da gibt es die Bezüge zurück in die Welt Conlon Nancarrows, der seinem Klavier über die programmierten Rollen Klänge und Spielstrukturen abverlangte, die bisher wohl niemand so wagte. Gut, das ist eben programmiert. Da ist Null Luft für Interventionen. Mit der Phonola ist das ein bisschen anders. Die wird vor die Tastatur gesetzt und der Musiker hat immer noch gewisse Möglichkeiten der Einflussnahme. Tempo, Pedal. Das hört man! Mit dem Altsaxophonisten Jan Klare kommt man so ins Gespräch.

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Hannes Seidl / Daniel Kötter: Stadt (Land Fluss) - A Radio-Play (2021)

Hannes Seidl / Daniel Kötter: Stadt (Land Fluss) – A Radio-Play (2021)

A Radio-Play, altdeutsch, ein Hörspiel. Wie ein kluger Radioautor in den 60er Jahren bereits bemerkte, ein doppelter Imperativ als Kompositum. Hör‘! plus Spiel‘! Kann sein, dass man sich bewusst für die englische Form entschieden hat, das mehr in den Theaterbereich lugt – und das, obwohl das Theater hier gerade als Performance der Klänge und Worte zusammentrifft. Spielen wir also das Spiel? Davon zuerst das Spiel: Stadt Land Fluss. Aber keine Bange, es gibt hier nicht ein eitles Wissensquiz in neuen Klängen. Sondern, basierend auf den Musik-Theaterstücken, die Hannes Seidl mit

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Danielpour: Passion of Yeshua

Danielpour: Passion of Yeshua

Schon lange hat sich die Perspektive auf die im Neuen Testament überlieferte Passionsgeschichte verändert: Die kanonischen Texte der Evangelien erscheinen im 21. Jahrhundert in einem anderen Licht, etwa mit Blick auf die unterrepräsentierte Rolle der weiblichen Protagonisten oder einen latenten Antisemitismus. Richard Danielpour (*1956) begegnet dem in seiner «Passion of Yeshua» durch ein zweisprachiges Libretto – Hebräisch für den Tanach und Englisch (in zwei divergierenden Übersetzungen) für die Abschnitte aus den Evangelien – und macht in seinem einführenden Essay deutlich, wie lange und intensiv er eine angemessene musikalische Antwort auf

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #030 – Passionen
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Franz Schubert / Kotcheff: Streichquartette – Alinde Quartett

Franz Schubert / Kotcheff: Streichquartette – Alinde Quartett

Muss es sein? Kaum ist „BTHVN 2020“ vorbei (es sei denn, man holt alles 2021 nach), folgt auch schon wieder 2027. Das junge Alinde Quartett hat eine ganz andere Idee: Mit Blick auf das noch weiter entfernte Schubert-Jahr 2028 hat es als erste Streichquartett-Formation einen neuen Zyklus in Angriff genommen. Und das sei schon jetzt gesagt: Die insgesamt sechs projektierten Folgen werden es in sich haben: Bereits das erste Album ist alles andere als beiläufig, sondern mit Blick auf das Ende hin angelegt. Es startet mit dem ersten, etwas verquer

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #026 – Streichquartette
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Douglas Weiland: Streichquartette 4 & 5 – The Melbourne Quartet

Douglas Weiland: Streichquartette 4 & 5 – The Melbourne Quartet

Keine andere Gattung ist in den vergangenen 250 Jahren so lebendig geblieben wie das Streichquartett. Trotz einer strengen Ästhetik, die kompositorische Erfahrung, schöpferischen Ernst, fortwährende Originalität und engen Bezug zur eigenen Geschichte verlangt, hat es jede Epoche, jeden Stilwechsel gefahrlos überstanden – man könnte sogar sagen: Gerade weil das Streichquartett in seiner Intimität und klanglichen Geschlossenheit das „Nackende der Tonkunst“ (C.M. von Weber) darstellt, wirft es den Komponisten auf die inneren Kräfte der musikalischen Gestaltung zurück. Es geht immer ums Ganze. So auch bei den beiden Streichquartetten Nr. 4 op.

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #026 – Streichquartette
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Alban Berg Quartett – Complete Recordings

Alban Berg Quartett – Complete Recordings

37 Jahre bestand das legendäre Alban Berg Quartett, das mit seinen Interpretationen selbst ein Stück Gattungsgeschichte geschrieben hat. Auch wenn die Formation (anders als andere) nur wenige neue Partituren zur Uraufführung brachte, so hatte sie sich nie ausschließlich dem klassisch-romantischen Repertoire verschrieben (auch hier: anders als andere). Überdies finden sich Produktionen, die über ihre angestammte Domäne hinausgehen: Walzer von Strauß I und II sowie Lanner, teilweise in Arrangements der Zweiten Wiener Schule (eingespielt 1992), und Tango Sensations mit Werken von Astor Piazzolla & Co. (2003). Als sich das Quartett 2007

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #023 – Geschenkboxen
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Detlev Glanert: Oceane

Detlev Glanert: Oceane

Selten nur wurde eine Opern-Uraufführung in den letzten Jahren so einhellig umjubelt. Auch die (Wieder-)Begegnung mit der Berliner Uraufführung von Detlev Glanerts Oceane (2016–2018) macht rasch klar, was an diesem Werk so begeistert hat, denn es handelt sich um ein emotional berührendes Seelendrama, gewaltig mitreißend und leise nachhörend. Zudem erscheint der von Theodor Fontane adaptierte Plot nicht unnötig transzendiert, sondern erfahrbar gemacht – und zeigt damit den weithin unterschätzten norddeutschen Poeten nicht als Biedermann des ausgehenden 19. Jahrhunderts, sondern als radikalen Vordenker. Oceane von Parceval, die dem Meer entsprang und

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #022 – Oper 20./21. Jahrhundert
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Péter Eötvös: Senza Sangue

Péter Eötvös: Senza Sangue

Die Frage, welchen Einakter man an einem Opernabend Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg zur Seite stellen könnte, hat eine schlüssige Antwort mehr erhalten. Bei dem gesuchten Gegenstück handelt es sich um Péter Eötvös’ im Jahre 2015 uraufgeführtes Drama Senza Sangue (Ohne Blut) – in der unrevidierten Version mit identischer Bártok-Besetzung (jedoch ohne Orgel), mit sieben Szenen und einer wiederkehrenden motivischen Zweiton-Reverenz. Im Gegensatz zum Blaubart zeigt sich allerdings ein wenig Licht am Ende des Tunnels – die Möglichkeit jedenfalls dafür. Zudem ist bei Eötvös die «Sage nicht alt», sondern spielt

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #022 – Oper 20./21. Jahrhundert
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Adès: Concerto, Totentanz – Gerstein / Bosten Symphony Orchestra / Adès

Adès: Concerto, Totentanz – Gerstein / Bosten Symphony Orchestra / Adès

Es ist ein gutes Zeichen, wenn ein Komponist auch als Instrumentalist und Dirigent präsent ist. Die Musikgeschichte hat mit dieser Konstellation bis zur Klassische Moderne beste Erfahrungen gesammelt: von Brahms und Mahler über Bartók und Hindemith bis Strawinsky. Auch wenn in keinem Fall eine auktoriale Aufführungstradition begründet wurde (so einst die ausdrückliche Motivation von Max Reger), waren die Komponisten doch die besten Promoter des eigenen Schaffens. Zwischenzeitlich ein wenig aus der Mode gekommen, finden sich solche Doppelfunktionen derweil wieder häufiger. Thomas Adès ist dabei einer der prominentesten Akteure – und

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #021 – Zeitgenössisches
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