Diese Disposition verleiht dem Album eine erstaunliche äußere Einheitlichkeit, mehr aber noch gelingt es Pálsson durchgehend, nicht auf Topoi zu verfallen oder auf Muster zurückzugreifen. Die sich linear entwickelnden Klänge finden sich in faszinierender Vielfalt beständig neu, fallen nie in sich zusammen – und entfalten damit ein mehrdimensionales Gefüge. Darin aufgehoben wird der helle, erzählende Sopran von Tui Hirv: sehr klar artikuliert, vielfach in den Klang gleichsam instrumental integriert (Stalker’s Monologue) oder – sehr präsent – überhaupt erst die instrumentalen Impulse in der Art eines Melodrams setzend (Midsummer’s Night). Tatsächlich aber scheint sich Páll Ragnar Pálsson vom vielfach beschworenen musikalischen «Landscaping» in seiner Tonsprache auf erfrischende Weise entfernt zu haben. Das macht sie auch universeller, aufregender, anregender.
Páll Ragnar Pálsson. Atonement (2014), Lucidity (2017), Stalker’s Monologue (2013), Midsummer’s Night (2018), Wheel Crosses Under Moss (2011)
Tui Hirv (Sopran), Caput Ensemble, Gu∂ni Franzson
Sono Luminus DSL-92241 (2019)