24. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Accademia Strumentale Italiana

Accademia Strumentale Italiana

Über die Abfolge der einzelnen Nummern innerhalb der Kunst der Fuge ist viel geschrieben und spekuliert worden. Während aber die meisten Einspielungen dem Erstdruck bzw. den danach sich richtenden modernen Ausgaben folgen, greift die Accademia Strumentale Italiana auf das mit drei späteren Beilagen angereicherte Autograph zurück, das Bach zwischen 1745 und 1748 angefertigt hat (die Nachträge sind von ca. 1749). Diese aufführungspraktische «Abweichung» von der Konvention drückt sich auch auf dem Cover aus – und man reibt sich erstaunt die Augen, dass dort im Untertitel wirklich die ordentliche Berliner Bibliothekssignatur

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #056 – Kunst der Fuge
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Daniil Trifonov

Daniil Trifonov

Um den Titel dieses Doppelalbums zu verstehen, empfiehlt sich die Lektüre des Booklets. Mit den unter dem Motto «The Art of Life» versammelten Sätzen und Kompositionen möchte Daniil Trifonov nämlich einen Zugang zum Menschen Johann Sebastian Bach finden, ihm und seiner Zeit näherkommen. Der zu lesende Text ist freilich einer jener Essays, die seit einigen Jahren Einzug in derartige «Konzeptalben» gehalten haben: Entweder reflektieren dabei die Musiker:innen selbst ihre subjektive Sichtweise oder lassen einen versierten Autor antreten, der in seinen Text reichlich O-Töne hineinwebt. Das kann gelingen, muss aber nicht.

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #056 – Kunst der Fuge
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Filippo Gorini

Filippo Gorini

Virtuosität und Poesie zeichnen das Spiel von Filippo Gorini aus. So rollt bei ihm der Canon alla duodecima mächtig an, während der Contrapunctus XII geradezu introvertiert zelebriert wird. Es sind diese Gegensätze, die in allen Belangen für dieses Doppelalbum charakteristisch sind. Denn Filippo Gorini gestaltet die Faktur der Fugen pianistisch (und eben weniger als abstrakten Tonsatz), lässt manches im Legato, im Piano und Pedal verschwimmen und vergehen, greift anderes dann aber umso akzentuierter auf. Entstanden ist auf diese Weise eine sehr persönliche Sichtweise auf die Komposition als Ganzes. Mit einigen

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #056 – Kunst der Fuge
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Les inAttendus

Les inAttendus

Diese Ensemble ist von seiner Besetzung her wirklich «unerwartet». Wie wohl eine Kunst der Fuge mit auf Akkordeon, Violine und Gambe klingen mag? Vor allem erstaunlich durchsichtig in der kontrapunktischen Faktur – und dennoch als ein in sich geschlossenes, homogenes Ganzes. In diesem Fall war die Idee zu dieser ungewöhnlichen «Deutung» bereits 2015 geboren, eingespielt wurde sie im Dezember 2019. Bedenkt man ferner, dass das Akkordeon in den beiden letzten Dekaden im Rahmen der «klassischen Musik» einen ungeheuren Aufschwung erlebt und sich vollauf etabliert hat, mögen nur Puristen mit den

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #056 – Kunst der Fuge
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Eloïse Bella Kohn

Eloïse Bella Kohn

Große Werke fordern Konzentration. Und so ist es wohl auch kein Wunder, dass als Ergebnis von Lockdown und Konzertpause bei einigen Pianisten und Pianistinnen der Wunsch Realität wurde, sich grundsätzlich einmal mit Bachs «Opus summum», der Kunst der Fuge BWV 1080, gedanklich wie interpretatorisch auseinander zu setzen – einem Werk freilich voller Rätsel: angefangen bei der Frage der Abfolge der mit «Contrapunctus» überschriebenen Sätze und der ergänzenden Canones, endend mit dem Geheimnis um die Quadrupel-Fuge (zugespitzt formuliert: ob Bach sie doch schon vollendet hatte oder über ihr tragisch verschied). Aufführungspraktisch

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #056 – Kunst der Fuge
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Edinburgh 1742 / Ensemble Maryas

Edinburgh 1742 / Ensemble Maryas

Es gibt in der Musikgeschichte immer wieder überraschende Konstellationen. Dazu zählen auch die Jahre des aus Lucca stammenden Francesco Barsanti im schottischen Edinburgh, die zugleich als seine produktivsten gelten. Hier hat er offenbar auch seine besten Werke hervorbracht. Nach England kam Barsanti (1690–1770) 1714 gemeinsam mit Francesco Geminiani, zwanzig Jahre später wandte er sich gen Norden, wo er als Musikmeister in der Edinburgh Musical Society tätig war. Neben eigenen Kompositionen widmete er sich auch den traditionell überlieferten Liedern und Gesängen (erstaunlich, dass diese wohl jede Generation von Komponisten faszinierten) und

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #046 – Anno Domini
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Leipzig 1723 / Capricornus Consort Basel

Leipzig 1723 / Capricornus Consort Basel

Wer hat darüber nicht schon einmal zu später Stunde bei einem Glas guten Rotweins sinniert? Was wäre wenn… Wenn etwa im Falle Telemanns die Stadt Hamburg oder bei Christoph Graupner der Darmstädter Fürst eben nicht ein paar Goldmünzen draufgelegt hätten (um sie bei der Stange zu halten) und der eine oder andere die Wahl zum Thomaskantor angenommen hätte? Oder auch Johann Friedrich Fasch, der sich schon früh selbst aus der Konkurrenz genommen hatte, als er auf eine Anstellung als Hofkapellmeister in Zerbst einschlug. Wie wäre die Musikgeschichte dann verlaufen, etwa

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #046 – Anno Domini
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London ca. 1720 / Le Rêveuse

London ca. 1720. Corelli’s Legacy / La Rêveuse

Dieses Album wirft einen so hochinteressanten wie farbigen Blick auf die Themse-Metropole zu Beginn des 18. Jahrhunderts – einer Zeit, in der sich das bürgerli­che Musikleben Londons in großen Schritten zu einem der aufregendsten von ganz Europa entwickelte. Hier konnte man als Impresario mit ansprechenden Inszenierungen im Handumdrehen reich werden und ebenso rasch bankrott gehen. Seit 1705 überrollte außerdem die italienische Musik alle Bühnen, Konzertsäle und privaten Salons. Zugleich verbreiteten rührige, strategisch geschickte Verleger die jeweils aktuelle Musik in zahlreichen Arrangements. Dass sich dabei nicht alles gleich um Georg Friedrich Händel

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #046 – Anno Domini
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1717 / Ensemble Scaramuccia

1717. Memories of a Journey to Italy / Scaramuccia

Musik nach Jahreszahlen zu ordnen, ist eine reizvolle Sache. Für die jüngst vergangenen Jahrzehnte fallen einem dazu wie selbstverständlich die im Dezember präsentierten Jahres-Charts ein; ältere Zeiten eröffnen hingegen (kultur-)geschichtliche Zusammenhänge. Im besten Fall zeigen sie uns Nachgeborenen etwas von der Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen – vor allem, wenn man sich das jeweilige Jahr mit den Augen und Ohren der Zeitgenossen zu denken versucht. Dass damit auch ein gewisser Reiz einhergeht, auch weniger bekannte Musik einem breiteren Auditorium schmackhaft zu machen, zeigen all jene Alben, die zuletzt mit einem entsprechenden «Jahresmotto»

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #046 – Anno Domini
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Stradella / Il Trespolo tutore (1679)

Stradella / Il Trespolo tutore (1679)

Seine riskanten Liebschaften wurden ihm am Ende zum Verhängnis. Überlebte der aus Venedig geflohene Alessandro Stradella (1643–1682) in Turin noch ein rächendes Attentat, so wurde er schließlich vier Jahre später in Genua wegen einer anderen Causa auf offener Straße erstochen. Nun gilt für den am Ende 39 Lenze zählenden Komponisten nicht ganz die Sentenz «Lebe schnell, sterbe jung», aber die biographischen Umstände haben in der Musikgeschichte schon etwas Einzigartiges und würden einen fesselnden «Tatort» abgeben, während auf der Opernbühne die ganze Sache bei Flotow und César Franck weitaus glücklicher und

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #042 – Barockopern
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Montéclair / Jephté (1737)

Montéclair / Jephté (1737)

Carissimi und Händel setzten das alttestamentarische Drama um Jephta und die Opferung seiner Tochter in großen Oratorien um, in Paris hingegen erkannte man schon zu Beginn des18. Jahrhunderts das große Bühnenpotenzial des Plots. Und so schuf zunächst Simon-Joseph Pellegrin ein Libretto gegen alle ungeschriebenen Gattungstraditionen, später dann Michel Pignolet de Montéclair (1667–1737) eine Partitur, die zu dem Besten und Zukunftsweisendsten zählt, was an der Seine zu jener Zeit komponiert wurde. Glücklicherweise kommt es am Ende des fünften Akts nicht zur grausigen Tat (auch wurde eine Nebenhandlung eingeführt). Bereits bei der

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #042 – Barockopern
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Vivaldi / Argippo (1730)

Vivaldi / Argippo (1730)

Was wäre wohl geschehen, wenn bereits im 18. Jahrhundert VG Wort und GEMA als Hüterinnen des Urheberrechts mit ihren strengen Mitarbeitern im Parkett gesessen hätten? Nicht auszudenken! Nicht nur, dass ein einmal in die Welt gesetztes und für gelungen erachtetes Libretto vielfach wiederverwendet und in der Regel ungefragt verändert wurde. Auch bei der Zusammenstellung der musikalischen Nummern nahm man es bisweilen nicht so genau – oder eben doch, wenn ganz gezielt besonders erfolgreiche Arien aus Werken anderer Komponisten entnommen und neu eingepasst wurden. Diese Praxis des groß angelegten Pasticcios hatte

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #042 – Barockopern
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