28. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Haydn / Ivan Ilić

Haydn: Sinfonien / Ivan Ilić

Musik wurde schon immer bearbeitet oder einfach gangbar gemacht. Dies betrifft vor allem die Zeit des sich etablierenden Klein- bis Großbürgertums, das auch selbst in der Guten Stube oder im Salon musizierte; ob aus gesellschaftlicher Verpflichtung heraus oder aus eigenem Interesse. Mit dem Siegeszug des Klaviers wurde es dann einfacher, sich größere Gattungen und Besetzungen «ins Haus» zu holen – in Form von Klavierauszügen (so bekanntlich die einschlägige Bezeichnung bei Opern) oder von Transkriptionen (etwa von Sinfonien, Streichquartetten etc.). Die Intention konnte dabei schwanken zwischen der idealtypischen Abbildung der Partitur

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Dan Tepfer: Natural Machines

Dan Tepfer: Natural Machines

iTunes sortiert das unter New Age ein. Freunde der Sortier- und Segmentierungsindustrie, das stimmt so – und anders – nicht. Nicht vorne und nicht hinten, nicht in der linken und nicht in der rechten Hand, und ebenso nicht im Pedal. Es gibt hier im Gegenteil durchrationalisierte witzige 11 Studien am Klavier in Sachen Konstruktion, Erfindung und Improvisation. Punkt. Äh, Kontrapunkt. Am Piano, äh, am Digiklavier. Das Cover zeigt einen Mann, der eine Art Kugel aus wohl einem Draht in der rechten Hand hält. Das muss für bei iTunes wohl New

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Beethoven 1–9 / Liszt

Beethoven 1–9 / Liszt

Sie sind ein Markstein in der Geschichte der Klaviermusik und dennoch selten im Konzert zu hören. Denn warum sollte man die Transkription einer Beethoven-Sinfonie aufs Programm setzen, wenn doch die meisten der neun Kompositionen regelmäßig im Orchester-Original erklingen? Franz Liszt hatte die von ihm erstellten «Partitions de Piano» freilich zu einer Zeit erstellt, in der nicht in jeder größeren Stadt ein Orchester zur Verfügung stand und es somit kaum Möglichkeiten der klanglichen Reproduktion gab. Zugleich war es sein Anspruch, möglichst nah am Original zu bleiben – am Ende freilich eine

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Beethoven 9 / Liszt

Beethoven 9 / Liszt

Würde die «Hörbar» Sterne vergeben – diese Einspielung hätte alle erreichbaren verdient. Denn hier passt einfach alles: von der Interpretation und den verwendeten Instrumenten über die Akustik bis hin zur Präsentation der CD mit einem Booklet, das mit einem Interview über die Hintergründe der Produktion aufklärt, über die Schwierigkeiten der Einstudierung, die Umsetzung der Einspielung bis hin zu den physischen Kräften, die ein solches Projekt fordert. So viel Transparenz ist selten, und sie liest sich fraglos sympathisch. Transparent ist aber auch die Aufnahme, die im Berliner Teldex-Studio entstand. Die beiden

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Beethoven 9 / Kalkbrenner

Beethoven 9 / Kalkbrenner

Dass mit Transkriptionen wirklich noch Neuland zu entdecken ist, zeigt diese französische Produktion. Nicht etwa Liszts Klavier-Fassung von Beethovens Neunter lag auf dem Notenpult, sondern die bereits in den 1830er Jahren in Paris entstandene Bearbeitung von Friedrich Kalkbrenner (1785–1849). Obwohl mehrfach nachgedruckt, legte sich noch im 19. Jahrhundert der Mantel des Vergessens über sie. Dabei beleuchtet Kalkbrenner das Original von einer höchst interessanten Seite – nicht etwas im Sinne einer genau übersetzten Klavierpartitur, sondern an manchen Stellen betont pianistisch und damit der Idiomatik des Instruments angemessen. Beethovens Partitur verliert dabei

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Beethoven 1–9 / Liszt

Beethoven 1–9 / Liszt

Neun Sinfonien – sechs Pianisten. Innerhalb der Serie Beethoven 20/27 mit Neuproduktion und Wiederveröffentlichungen hat harmonia mundi in diesem Fall tief in das gut bestückte Archiv gegriffen. Bereits in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre entstanden diese Aufnahmen der Liszt’schen Transkriptionen von Beethoven-Sinfonien. Sie zeigen recht unterschiedliche Aspekte dieser im Original als «Partition de Piano» bezeichneten Klavierfassungen auf, die einst diese für das 19. Jahrhundert zentralen Kompositionen ohne Substanzverlust greifbar machen sollten. Franz Liszt fertigte im Sommer 1837 zunächst nur drei Transkriptionen (Nr. 5, 6, und 7) an, alles andere

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Ibert: Miniatures – Jean-Yves Sebillotte

Ibert: Miniatures – Jean-Yves Sebillotte

Das schon weit zurückliegende Einspielungsdatum sollte nicht darüber hinwegtäu­schen, dass diese Produktion erst jetzt auf dem deutschen Markt bequem verfügbar geworden ist. Und sie bietet von Jacques Ibert wahrlich mehr als nur bloße Klavier-Miniaturen. Denn die hier versammelten Einzelwerke und Sammlungen – darunter Les Histoires (1922) und die weitläufig angelegte Petite Suite (1943) – zeigen unbekannte Facetten dieses viel zu wenig gespielten Franzosen, der sich von keiner Seite vereinnahmen ließ. Und so finden sich Melodien, die in ihrer alles andere als neoklassizistischen Einfachheit verzaubern, neben den teil­weise impressionistischen, teilweise an

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Kancheli. 33 Miniatures – George Vatchnadze / Suren Bagratuni

Kancheli: 33 Miniatures – George Vatchnadze / Suren Bagratuni

Nun veröffentlicht, wirkt diese Produktion wie ein musikalischer Nachruf auf Giya Kancheli (1935–2019), vor allem mit den insgesamt 33 kurzen, frei zusammen­gestellten Klavierstücken aus dem Zeitraum zwischen 1965 und 2004, vielfach Melodien aus Film- oder Schauspielmusiken. Man fühlt sich an ein sich langsam drehendes Kaleidoskop erinnert, hier allerdings mit zahlreichen irritie­renden, mitunter gar aufschreckenden Nebengeräuschen (etwa in Track 3). Et­was ratlos stehe ich vor der Kombination dieser durchwegs ruhigen, nach innen gerichteten Töne mit der expressiv klagenden Sonate für Violoncello solo von Ruben Altunyan (*1939), die sehr schnell die Aufmerksamkeit

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Swedish Miniatures – Bengt Forsberg

Swedish Miniatures – Bengt Forsberg

Hier wurde tatsächlich die Lupe aus dem Futteral geholt, und dies gleich im doppelten Sinne. So handelt es sich zum einen um wirkliche Miniaturen für das Klavier: Die Spielzeit der einzelnen Werke oder Sätze beträgt in der Regel kaum mehr als zwei Minuten – lang genug, um einen Gedanken festzuhalten, zu kurz aber, um diesen auch musikalisch zu diskutieren und zu beleuchten. Zum ande­ren hat Bengt Forsberg bei der Auswahl der Kompositionen genau hingeschaut und tief ins Repertoire teilweise weit entfernter Jahrzehnte gegriffen. Selbst in Schweden wird der Kenner sicherlich

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Kaleidoscope. Beethoven Transcriptions – Mai Kodama (Klavier)

Kaleidoscope. Beethoven Transcriptions – Mai Kodama (Klavier)

Unter dem etwas beliebigen Motto „Kaleidoscope“ hat Mai Kodama Klaviertranskriptionen aus dem 19. Jahrhundert versammelt, die im ersten Moment überraschen: Denn neben Saint-Saëns sind auch Balakirev und Mussorgsky mit jeweils zwei Sätzen aus Beethoven’schen Streichquartetten vertreten (op. 59/1 und op. 18/6, ferner op. 59/2 und op. 130, schließlich op. 135). Doch die namhaften Arrangeure treten nicht hinter ihren Bearbeitungen hervor, handelt es sich doch lediglich um sehr enge, direkte Übertragungen auf das Klavier. Beethoven hingegen zeigte mit seiner eigenen Mozart-Bearbeitung (Finale aus KV 591), wie man richtigerweise für das Klavier

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Beethoven: Piano Concertos – Brautigam (Fortepiano) / Kölner Akademie / Willens

Beethoven: Piano Concertos – Brautigam (Fortepiano) / Kölner Akademie / Willens

Nachdem sich Ronald Brautigam bereits mit Beethovens Sonaten, Variationen und Bagatellen auseinandergesetzt hatte, war es nur noch eine Frage der Zeit, wann und mit welchem Orchester die Klavierkonzerte folgen würden. Nun also sind sie pünktlich zum Jahr 2020 erschienen – und wie bei dem schwedischen Label BIS üblich, ist es eine herausragende Einspielung mit kräftigem Understatement geworden. Da gibt es keine Pressekonferenzen, keine breit angelegte Promotion. Selbst das eigentliche Produkt ist im ecopak aus Pappe unscheinbar: keine knalligen Farben, kein Heroenstatus – und alles auf nur zwei CDs gebannt. Brautigam

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Ein Plattencover

Keith Jarrett: Munich 2016

Seit Anfang November 2019 kann ein relativ aktuelles Soloalbum von Keith Jarrett seinen Platz im Regal der Sammlerinnen und Sammler finden. Der Rezensent zweifelt, ob das auch musikalisch gerechtfertigt ist. Dieser Typus des Solokonzerts von Keith Jarrett ist im Ablauf zu ähnlich zu denjenigen aus Rio, Venedig oder New York (oder eben anderen Solo-Einspielungen und Kopplungen seit 2000). Es gibt da die Free-Stücke (I, II …), es gibt den etwas funkigen Teil (Part IV), einen Blues (Part IX), die lyrischen Stücke (Parts III, V, VIII, XI), schließlich die wie immer

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