29. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
L’Opéra de Paris 1900–1960 – Une Histoire Sonore

L’Opéra de Paris 1900–1960 – Une Histoire Sonore

Was für ein Fest – und noch dazu: nach guter französischer Tradition ein Fest in vier Akten. Da wäre zunächst die Institution der Pariser Oper mit ihrer diese Gattung maßgeblich mitbestimmenden Geschichte, dann das auf klassisch-romantischer Basis beruhende, kontinuierlich entwickelte und wo nötig frankophonisierte Repertoire, ferner die über Jahrzehnte gewachsene Phalanx von meist guten, oft auch herausragenden Sängerinnen und Sängern, und schließlich die aus all dem resultierende Einspielung auf einem Medium, das eine mechanische Aufnahme für die Zeitgenossen und die Nachwelt speichert. Für diese 10 CDs umfassende Dokumentation wurden aufwendig

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National Theatre Belgrade – Seven Great Russian Operas from 1955

National Theatre Belgrade – Seven Great Russian Operas from 1955

Auslaufende Urheberrechte machen es möglich, dass Stück für Stück Schätze aus der Vergangenheit gehoben werden. Denn die (historische) Diskographie eines Künstlers, Ensembles, Orchesters oder Opernhauses ist das eine, die Einspielungen heute auch tatsächlich wieder verfügbar zu haben das andere. Zugleich stellt sich die Frage, wie die alten Bänder oder Platten digitalisiert und akustisch aufbereitet wurden. So kann eine alte Aufnahme nach diesem Prozess je nach Verfahren durchaus sehr unterschiedlich klingen: von einer unglaublichen Frischzellenkur bis hin zur anhaltenden Perspektivlosigkeit im mageren Mono. In diesem Sinne ist Günter Hänssler und seinem

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One Century of Music – Orchestre de la Suisse Romande

One Century of Music – Orchestre de la Suisse Romande

Aus den Radioprogrammen wie vom Plattenteller ist der Name des Orchesters nicht wegzudenken. Mehr noch handelt es sich bei dem Orchestre de la Suisse Romande um das musikalische Aushängeschild der Romandie. Das macht leicht vergessen, dass sowohl die Gründung wie auch die nachfolgenden Jahre von Unsicherheiten begleitet waren. Als nach dem Ende des Ersten Weltkriegs andernorts um die politische Richtung gekämpft wurde und die Spanische Grippe ihre Opfer forderte, präsentierte sich am 30. November 1918 das Orchester erstmals in der Genfer Victor Hall und zwei Tage später im Théâtre de

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Philharmonia Orchestra. Birth of a Legend

Philharmonia Orchestra. Birth of a Legend

Was waren das für Zeiten, als sich ein Schallplatten-Label ein eigenes Orchester leisten konnte. Denn das von dem Produzenten Walter Legge 1945 ge­gründete Philharmonia Orchestra wirkte in seinen ersten 20 Jahren vor allem (aber nicht nur) als Studio-Orchester für den offenbar unersättlichen und höchst ertrag­reichen Klassik-Markt. Erst als 1964 die EMI ausstieg, sahen sich die Musiker gezwun­gen, durch Umfirmierung den Klangkörper zu erhalten. Einen Querschnitt aus diesen ersten zwei Dekaden bietet die vorliegende Box – nun von Warner als Nachlassverwerter des einstigen Kult-Labels. Die Archive sind (das haben in den letzten

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A New Century – The Cleveland Orchestra / Welser-Möst

A New Century – The Cleveland Orchestra / Welser-Möst

Hochwertig und exquisit. So präsentiert sich diese Veröffentlichung bereits in ihrer Optik und Haptik. Bei der Wahl des Oberflächenmaterials hat man offen­kundig auf ganz andere, zweifelsohne: mobile, Kultobjekte geschielt – ein Statement, das sich auch im 150 Seiten starken, durchgehend farbig und in bester Qualität gedruckten Begleitbuch spiegelt: mit einer üppigen Introduktion, einem Vorwort, Werkeinführungen, der Geschichte des Orchesters, des eigenen Konzertsaals und seiner Orgel sowie Ausblicken auf die Zukunft. Gerade noch rechtzeitig vor dem weltweiten kulturellen Lockdown erfolgte die Aussendung, mit der nun auch das traditionsreiche, 1918 gegründete Cleveland

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Strauss: Don Juan / Till Eulenspiegel / Also sprach Zarathustra – NDR Elbphilharmonie / Urbański

Strauss: Don Juan / Till Eulenspiegel / Also sprach Zarathustra – NDR Elbphilharmonie / Urbański

Hier lohnt sich das Studium des im Booklet meist auf einer der letzten Seiten ver­borgenen, vielfach klein gedruckten Impressums. Denn die Aufnahme stammt nicht aus der viel diskutierten neuen Elphi, deren Namen das NDR Orchester trägt, sondern noch aus der akustisch untadeligen alten Laeiszhalle. Darüber hinaus datieren die Einspielungen zweier Werke aus der Zeit, in der man noch vom NDR Sinfonieorchester sprach (März 2016). Bloße Beckmesserei des Rezensenten – oder hat man beim Markenmanagement großzügig die Augen zugedrückt? Aber auch sonst klingt mir die Produktion etwas pauschal und im Klang

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Mussorgsky / Ravel – Les Siècles / Roth

Mussorgsky / Ravel – Les Siècles / Roth

Es gibt im sinfonischen Repertoire zahlreiche Kompositionen, die in den letzten Jahrzehnten vielfach eingespielt wurden und von denen man gern glaubt, sie in allen klanglichen Details zu kennen. Dazu gehören an erster Stelle die Bilder einer Ausstellung in der kongenialen Orchestrierung von Maurice Ravel wie auch dessen vor innerer Glut bebende La Valse. Dass bei diesen oft gehörten Kompo­sitionen aber das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, zeigen François-Xavier Roth und sein Orchester Les Siècles, die sich bereits mit zwei anderen CDs als herausragende Ravel-Interpreten empfohlen haben. Es sind nicht

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Franck: Psyché – Royal Scottish National Orchestra / Tingaud

Franck: Psyché – Royal Scottish National Orchestra / Tingaud

Man kennt seinen Namen und seine Sinfonie in d-Moll. Doch dass César Franck auch herausragende sinfonische Dichtungen geschrieben hat, ist hierzulande bis heute weithin unbekannt geblieben. Nur selten etwa begegnet einem Le Chasseur maudit (Der wilde Jäger) im Konzertsaal – dabei hat es diese späte französische Deutung einer alten Bürger-Ballade musikalisch in sich: Mit Seitenblicken auf Wagner und Berlioz gehört die Partitur zu jenen Werken, die als Folge der 1871 gegründeten Société Nationale de Musique entstanden, um das in Frankreich seit Jahrzehnten im Abseits stehende sinfonische Repertoire wiederzubeleben. A ndere

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Swedish Miniatures for Two Violins – Duo Gelland

Swedish Miniatures for Two Violins – Duo Gelland

Fast scheint es so, als wäre der hohe Norden Europas jene Region, in der ent­weder epische Sinfonien oder kleine Kostbarkeiten entstehen. Man mag dabei die Weite der Landschaft und die natürliche, ungezwungene Nähe zum volksmusikalischen Idiom anführen, doch dürften die Beziehungen ebenso komplex sein, wie die Werke unterschiedlich im Ton. Einen sehr gelungenen Querschnitt durch das Repertoire für zwei Violinen gibt das Duo Gelland hier unter einem betont unprätentiösen Motto, denn es finden sich auf dieser CD nun wahrlich keine Salon-Schmonzetten. Stimmungsvoll ist noch der Einstieg mit einem Duett von Wilhelm Peterson-Berger

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Swedish Miniatures – Bengt Forsberg

Swedish Miniatures – Bengt Forsberg

Hier wurde tatsächlich die Lupe aus dem Futteral geholt, und dies gleich im doppelten Sinne. So handelt es sich zum einen um wirkliche Miniaturen für das Klavier: Die Spielzeit der einzelnen Werke oder Sätze beträgt in der Regel kaum mehr als zwei Minuten – lang genug, um einen Gedanken festzuhalten, zu kurz aber, um diesen auch musikalisch zu diskutieren und zu beleuchten. Zum ande­ren hat Bengt Forsberg bei der Auswahl der Kompositionen genau hingeschaut und tief ins Repertoire teilweise weit entfernter Jahrzehnte gegriffen. Selbst in Schweden wird der Kenner sicherlich

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Robert Schumann: Sinfonie Nr. 2 und Nr. 4 – London Symphony Orchestra, Sir John Eliot Gardiner

Robert Schumann: Sinfonie Nr. 2 und Nr. 4 – London Symphony Orchestra, Sir John Eliot Gardiner

Diese Einspielungen atmen zwar die Lebendigkeit wirklicher Konzertmitschnitte, sie lassen aber auch die letzte Präzision vermissen. Zudem klingen die Streicher in der Zweiten merkwürdig kantig – musikalische Poesie sieht anders aus. Mehr aber noch fällt der vielfach verdiente John Eliot Gardiner hinter den von mehreren Kollegen erreichten Stand der Interpretation zurück. Bei Schumanns Sinfonien wirkt sich dies unverblümt hörbar und fühlbar aus. Daran kann auch die berechtigte Wahl der frühen ersten Fassung (1841) der Sinfonie d-Moll op. 120 nur wenig ändern. Sie wirkt über weite Strecken hemdsärmelig in der Präsentation

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Robert Schumann: Sinfonie Nr. 2 und Nr. 4 – Antwerp Symphony Orchestra, Philippe Herreweghe

Robert Schumann: Sinfonie Nr. 2 und Nr. 4 – Antwerp Symphony Orchestra, Philippe Herreweghe

Erfrischend, markant, durchsichtig und poetisch zugleich. Wer schon immer mit Schumanns Instrumentation gehadert hat, der möge sich mit dieser Einspielung vertraut machen. Dabei wurde nicht an der Besetzung der Streicher gespart (12-12-8-6-5), vielmehr liegt einmal mehr das Geheimnis in der klanglichen Balance und einem ausgewogenen Tempo (wie im Scherzo der Zweiten). Auch die Vierte verliert unter der Stabführung von Philippe Herreweghe viel von ihrer oft zu hörenden Statik. So entschlackt – das geht noch immer! – rückt Schumann übrigens auch näher an Beethoven (9.) heran als an Brahms (1.), was

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