19. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Danish String Quartet – Prism II

Danish String Quartet – Prism II

War für ein Prisma. Was für ein Fächer an Musik. Was tut sich hier für eine Musikwelt nur auf. Diese Konstellation aus Musikwerken, an deren Anfang eine Fuge (von Bach) steht und an deren Ende ebenfalls eine Fuge (von Beethoven) steht. Bei markieren Grenzfrequenzen des gebündelten Lichtstrahls aus vier Streichinstrumenten. Größere Werke zur Entfaltung zu bringen als die hier angezeigten von Bach, Schnittke und Beethoven ist kaum denkbar. Prismatisch sind die Werke auch in sich selbst. Das dritte Streichquartett von Alfred Schnittke aus dem Jahr 1983 steht für eine musikalische

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Anna Prohaska / Bach Redemption

Anna Prohaska / Bach Redemption

Das Cover spricht Bände und dokumentiert zugleich die Zeit seiner Entstehung. Mehr allerdings auch nicht. Denn wer offenen Auges durch das reich bebilderte Booklet blättert, der kommt auf S. 18/19 aus dem Staunen nicht heraus: Das solistische Gesangsquartett, Bläser und Streicher sind bei der Aufnahmesitzung eng im Kreis versammelt. Da wird einem, ob der offenkundig vermittelten «zwei Wahrheiten», dann doch reichlich unwohl. Und was ist von einem Foto zu halten, auf dem Anna Prohaska nicht bloß im gruftigen Outfit abgelichtet ist, sondern mit aufgesetzten schwarzen Flügeln auch noch als Todesengel

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Schola Heidelberg / In bedrängter Zeit

Schola Heidelberg / In bedrängter Zeit

Hätten Sie’s gewusst? Bereits im Musicalischen Lexicon (1732) von Johann Gottfried Walther findet sich ein Eintrag zum Thema «Corona» – gemeint war dort allerdings die damals noch bei den Italienern geläufige Bezeichnung für eine gewöhnliche Fermate; sie bedeute ein «allgemeines Stillschweigen, oder eine Pausam generalem». Auch die Schola Heidelberg war 2020 zum Schweigen gezwungen – mit Ausnahme eines «Concertstimmen-Quartetts», das im Sommer des Jahres auf dem Dilsberg oberhalb der Neckarschleife mit gehörigem Abstand ein vordergründig weihnachtliches Programm vorzüglich hell, voll reiner Klarheit einsang. Doch wie leicht hat sich in den

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Hiyoli Togawa / Songs of Solitude

Hiyoli Togawa / Songs of Solitude

Wie Einsamkeit klingen kann, vermittelt Hiyoli Togawa mit ihrer Viola auf diesem ebenso beeindruckenden wie singulären Album. Als im Frühjahr 2020 die Straßen plötzlich leer wurden, kam ihr die Idee, weltweit Komponist:innen um ein aktuelles Stück zu bitten, mit dem die seltsame Zeit des Stillstands kommentiert werden sollte. Entstanden sind auf diese Weise elf zeitgenössische Werke, die alle einen jeweils eigenen Weg gehen: inspiriert durch ein japanisches Volkslied (Hosokawa), beim stillen Hineinhorchen in das Instrument selbst (Federico Gar­dell), mit gesungener Begleitung (Kalevi Aho) oder bis hin zum neunstimmigen, im Multitrack-Verfahren

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Alina Ibragimova / Paganini

Alina Ibragimova / Paganini

Capricen op. 1 von Nicolò Paganini – Alina Ibragimova jedenfalls hat sich diese 24 kleinformatigen Meisterstücke vorgenommen – nicht allein um diese virtuos zu beherrschen, sondern auch musikalisch zu deuten. Die Konzentration auf das Wesentliche, frei von Verpflichtungen und Ablenkungen, muss als ein Glücksfall angesehen werden … Vortrefflich!

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Augustin Hadelich / Bach

Augustin Hadelich / Bach

Frühjahr 2020. Es wird still. Nach all den Absagen von Konzerten, Besuchen und Reisen richtet man es sich daheim ein. Während manche auf dem Sofa «tapfer» gegen das Virus kämpfen, andere ihre Ablage auf Vordermann bringen oder Keller und Dachboden aufklaren, sind alle Musiker:innen dazu verdammt, sich solistisch mit ihrem Instrument auseinander zu setzen. Kann man sich auf dem Klavier noch selbst begleiten, ist bei Streichern (und mehr noch bei den Bläsern) das Repertoire „für sich allein“ stark begrenzt. Vor allem ist es anspruchsvoll. Hier kommt nun der Lockdown ins

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Bjørn Charles Dreyer: Time and Mass

Bjørn Charles Dreyer: Time and Mass

Eine CD, bei der Stille hörbar wird. Auch wenn es für mich immer ein Problem darstellt, wenn eine künstlerische Äußerung als höchst persönliche Seelen­therapie ihres Schöpfers offenbart wird (ist in einem solchen Fall die kritische Auseinandersetzung nicht von Anfang an moralisch-ethisch kompromittiert?), so drängt sich hier nichts auf. Im Gegenteil: Bjørn Charles Dreyer tastet sich mit E-Gitarre oder Piano vorsichtig voran, klanglich unterstützt von einzelnen Musikern und dem Sinfonieorchester aus dem norwegischen Kristiansand. Sinfonisch wird es allerdings an keiner Stelle – eher sind es einzelne und zudem elektronisch verfremdete Klänge,

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Clara Iannotta: Moult

Clara Iannotta

Die beim Label KAIROS erscheinende Serie mit Komponisten-Portraits ist weit mehr als ein repräsentatives Aushängeschild der Ernst von Siemens Musikstif­tung. Es handelt sich eher um eine ästhetisch unvoreingenommene klingende Dokumentation zeitgenössischer Musik. Sie ermöglicht damit einen weiterfüh­renden Diskurs auch abseits einzelner Festivals oder Studioproduktionen, die allzu schnell im Archiv verschwinden. Sie ist Teil eines Vermittlungsprozesses, der die vielfach komplex notierten klangliche Vorstellungen auch abseits einer realisierenden Live-Aufführung erfahrbar macht – und noch dazu in wiederhol­barer Weise, so dass sich die einzelnen Werke auch nachhören lassen. Die so entstehende Vertrautheit mit

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Occurrence

Occurrence – ISO Project Vol. 3

Mit dieser CD schließt ein kleiner, doch konzeptionell wie musikalisch sensationeller Zyklus ab: drei CDs mit nicht weniger als 14 Werken von elf isländischen Komponist:innen, gespielt vom Isländischen Sinfonieorchester, erschienen im Rhythmus von zwei Jahren. Allein die Titel der Alben zeugen von einer beeindruckenden Planung und Dramaturgie, die anders als viele Eintagsfliegen nicht den schnellen Erfolg sucht, sondern überzeugen will: Recurrence, Concurrence und Occurrence. Hier geht es allein um Qualität, und dies in dreifacher Hinsicht, nämlich kompositorisch, interpretatorisch wie auch aufnahmetechnisch. Jedes Album enthält neben der üblichen CD auch eine

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Christopher Gunning

Christopher Gunning

Dass die Grenzen zwischen den Genres fließend geworden sind, liegt in der Natur einer sich nicht mehr abgrenzenden Ästhetik, die längst die Postmoderne hinter sich gelassen hat. Doch sind die Werke der Grenzgänger wirklich so attraktiv, wie man es sich wünscht? Schon in den 1980er Jahren stolperte Andrew Lloyd-Webber mit seinem persönlich inspirierten Requiem; zudem scheint sich der Abstand zwischen Film-Score und Konzert-Partitur in den letzten Jahrzehnten eher vergrößert zu haben – und dies, obwohl sich ein gewisses «easy listening» breit macht. Kurios: während so manches mehrteilige Kino-Epos musikalisch durch

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Christopher Tyler Nickel: Symphony No. 2

Christopher Tyler Nickel: Symphony No. 2

Vermutlich wird der eine oder andere Enthusiast für Film und Game Music den Namen von Christopher (Tyler) Nickel (geb. 1978) kennen. Doch auch mit seiner Konzertmusik hat er (so die eher wortreich anpreisende als resümierende Biographie im Booklet) in der «Neuen Welt» Tausende andere erreicht; auf CD oder in realen Konzertprogrammen ist sein Name indes kaum zu finden. Umso mehr muss sich die Partitur selbst beweisen, wie hier im Fall der 2. Sinfonie. Entstanden 2016 und im Vorfeld der vorliegenden Einspielung 2018 nochmals umfassend revidiert, handelt es sich um ein Werk,

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Dark Lux – Lux:NM

Gordon Kampe: DARK LUX – Lux:NM

Ein sinistres „Gesamtgruselwerk“ zwischen Elektronik und Instrumentalklang, das LUX:NM hier mit Autorin Sarah Trilsch, Elektronikfachkraft Jan Brauer und Gordon Kampe ausgeheckt hat, der hier mit hörbar guter Laune den kompositorischen Bösewicht mimt. Da gibt es dann in der Kampe-typischen Lust am Verbiegen und Verbeulen so manch chaotisch überdrehte Monstermusiken, abgründige Volksliedsimulationen, „komische Kadenzen“ oder „röchelnde Flüsterkantaten“, rücksichtslos kaputte Nachtmusiken oder Tarantellas, Gigues und Tangos, die auf Vulkanen tanzen. Manchmal treten auch Rameau und Gesualdo als musikalische Gespenster auf. Das Schöne an diesem „Hörstück“ in 22 abwechslungsreich düster-komischen Kapiteln ist aber

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