19. Januar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Christopher Gunning

Christopher Gunning

Dass die Grenzen zwischen den Genres fließend geworden sind, liegt in der Natur einer sich nicht mehr abgrenzenden Ästhetik, die längst die Postmoderne hinter sich gelassen hat. Doch sind die Werke der Grenzgänger wirklich so attraktiv, wie man es sich wünscht? Schon in den 1980er Jahren stolperte Andrew Lloyd-Webber mit seinem persönlich inspirierten Requiem; zudem scheint sich der Abstand zwischen Film-Score und Konzert-Partitur in den letzten Jahrzehnten eher vergrößert zu haben – und dies, obwohl sich ein gewisses «easy listening» breit macht. Kurios: während so manches mehrteilige Kino-Epos musikalisch durch

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #037 – Klanggestalten
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Christopher Tyler Nickel: Symphony No. 2

Christopher Tyler Nickel: Symphony No. 2

Vermutlich wird der eine oder andere Enthusiast für Film und Game Music den Namen von Christopher (Tyler) Nickel (geb. 1978) kennen. Doch auch mit seiner Konzertmusik hat er (so die eher wortreich anpreisende als resümierende Biographie im Booklet) in der «Neuen Welt» Tausende andere erreicht; auf CD oder in realen Konzertprogrammen ist sein Name indes kaum zu finden. Umso mehr muss sich die Partitur selbst beweisen, wie hier im Fall der 2. Sinfonie. Entstanden 2016 und im Vorfeld der vorliegenden Einspielung 2018 nochmals umfassend revidiert, handelt es sich um ein Werk,

Teil [part not set] von 5 in Michael Kubes HörBar #037 – Klanggestalten
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Dark Lux – Lux:NM

Gordon Kampe: DARK LUX – Lux:NM

Ein sinistres „Gesamtgruselwerk“ zwischen Elektronik und Instrumentalklang, das LUX:NM hier mit Autorin Sarah Trilsch, Elektronikfachkraft Jan Brauer und Gordon Kampe ausgeheckt hat, der hier mit hörbar guter Laune den kompositorischen Bösewicht mimt. Da gibt es dann in der Kampe-typischen Lust am Verbiegen und Verbeulen so manch chaotisch überdrehte Monstermusiken, abgründige Volksliedsimulationen, „komische Kadenzen“ oder „röchelnde Flüsterkantaten“, rücksichtslos kaputte Nachtmusiken oder Tarantellas, Gigues und Tangos, die auf Vulkanen tanzen. Manchmal treten auch Rameau und Gesualdo als musikalische Gespenster auf. Das Schöne an diesem „Hörstück“ in 22 abwechslungsreich düster-komischen Kapiteln ist aber

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Olga Neuwirth: Solo (Klangforum Wien)

Olga Neuwirth: Solo (Klangforum Wien)

In Olga Neuwirths Solostücken geht es weniger um halsbrecherische Demonstrationen unkonventioneller Spieltechniken als um Klangräume, wo Dinge aufeinandertreffen, die sich normalerweise nicht zwangsläufig begegnen, wo Disparates zu einer schrägen Poetik verschmilzt. Zum Beispiel eine Flöte und der Rhythmus einer Olivetti-Schreibmaschine („Magic flu-idity“, 2018) oder die elementaren Klanglichkeit eines Fagotts mit Tape-Interpolationen einer diffus verrauschten Folklore („Torsion“, 2003). Das kann in Neuwirths abgründigen Musik-Legierungen Züge des Unheimlichen annehmen wie im taufrischen „CoroAtion I: io son ferito ahimè“ (2020): eine ganz persönliche Corona-Reflexion, wo ein Sammelsurium an Perkussion in eine sphärische Sample-Klangwelt

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Enno Poppe: Filz (Ensemble Resonanz und Tabea Zimmermann)

Enno Poppe: Filz – Ensemble Resonanz

Stücke für Streicher stehen im Fokus der aktuellen Poppe-Veröffentlichung mit dem Ensemble Resonanz, wie gewohnt im Selbstdirigat eingespielt. Dass Streichinstrumente eine besondere Faszination auf den Komponisten ausüben, scheint naheliegend, sind Enno Poppes gleichsam ‚asiatische’ Artikulationspraktiken im differenzierten Einsatz von Mikrotonalität doch auf ständiges Schleifen der Tonhöhe aus. Das mit Tabea Zimmermann denkbar prominent besetzte „Filz“ für Viola und Kammerorchester (2013/14) klingt, als hätte man ein Bratschenkonzert in ein Säurebad geworfen. Zimmermanns perforierte Solopassagen lassen Anflüge elegischer Expressivität wie verätzt erscheinen. Faszinierend. Die rezitativischen Außensätze, bei denen das Orchester als sparsamer

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Schubert – Liszt / Can Çakmur

Schubert – Liszt / Can Çakmur

Mutig und ein Statement. So lässt sich dieses fulminante Album von Can Çakmur beschreiben. Nach seinem Debüt bei BIS als Gewinner des Ersten Preises bei der Hamamatsu International Piano Competition 2018 – einer Produktion, die wiederum ihrerseits vielfach ausgezeichnet wurde – folgt der 1997 in Ankara geborene Pianist keinem ausgetretenen Pfad, sondern widmet sich einem seiner persönlichen Favoriten: der Lizst’schen Transkription von Franz Schuberts Schwanengesang, einem der phantastischsten Zyklen der Musikgeschichte, ohne dass es sich um einen wirklichen Zyklus handelt. Und so wie Liszt bereits die Liederfolge veränderte, so ordnet

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #036 – Transkriptionen
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Romantische Lieder / Prégardien, Katsaris

Romantische Lieder / Prégardien, Katsaris

Selten, viel zu selten begegnet einem ein solches Album. Werden Lieder und Gesänge eingespielt, so sind es sonst meist die großen Zyklen, oder der Fokus wird auf einen einzigen Komponisten gelegt. Dramaturgisch anspruchsvoller sind hingegen solche Produktionen, die in einem konkret oder auch abstrakt formulierten Themenkreis Einzelnes zu neuer Wechselwirkung zusammenfügen. Auch Erweiterungen der Besetzung und des meist eng gezogenen Repertoires sind nur selten anzutreffen; die raren Ausnahmen bestätigen umso mehr die Regel. Bereits 2017 versammelte Christoph Prégardien mit A Matter of Heart (2017) mehrere Lieder mit obligatem Horn und

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #036 – Transkriptionen
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Beethoven – Lachner / Hanna Shybayeva

Beethoven – Lachner / Hanna Shybayeva

Das Programm dieser CD ist alles andere als spektakulär. Denn wer angesichts der kammermusikalischen Version von Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 vielleicht an eine zeitgenössische Bearbeitung dachte, wird enttäuscht sein, dass diese aus dem Jahr 1881 stammt – als Teil einer ganzen Serie, mit der der in Stuttgart wirkende Klavierpädagoge Sigmund Lebert seinen Eleven «klassisches» Repertoire aufführungspraktisch näher bringen wollte. Welche Motivation heute hinter einer Gesamteinspielung dieser für die Unterrichtspraxis angefertigten Version steckt, bliebt offen; eher habe ich den Eindruck gewonnen, die Einspielung würde das umfangreiche Vorwort der Druckausgabe (vgl.

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #036 – Transkriptionen
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Haydn / Ivan Ilić

Haydn: Sinfonien / Ivan Ilić

Musik wurde schon immer bearbeitet oder einfach gangbar gemacht. Dies betrifft vor allem die Zeit des sich etablierenden Klein- bis Großbürgertums, das auch selbst in der Guten Stube oder im Salon musizierte; ob aus gesellschaftlicher Verpflichtung heraus oder aus eigenem Interesse. Mit dem Siegeszug des Klaviers wurde es dann einfacher, sich größere Gattungen und Besetzungen «ins Haus» zu holen – in Form von Klavierauszügen (so bekanntlich die einschlägige Bezeichnung bei Opern) oder von Transkriptionen (etwa von Sinfonien, Streichquartetten etc.). Die Intention konnte dabei schwanken zwischen der idealtypischen Abbildung der Partitur

Teil [part not set] von 5 in Michael Kubes HörBar #036 – Transkriptionen
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Benjamin Britten / Peter Grimes

Benjamin Britten / Peter Grimes

«The Opera Company». Machte mit diesem Worten im 20. Jahrhundert eine große Schallplattenfirma von sich reden, ist es nun das ebenfalls in England beheimatete Label Chandos, das für sich dieses Motto beanspruchen könnte. Denn wo Majors von einst keinen Mumm mehr in den Knochen haben, eröffnen sich für andere ganz neue Freiräume. Schon seit einigen Jahren ist klar, dass sich Chandos nicht nur den ewigen Highlights widmet, sondern vor allem jenen Bühnenwerken, die aufregende Akzente setzen. Alles begann vor über 20 Jahren mit der Serie «Opera in English», einer früher

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #035 – Schiff ahoi
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Juan Sebastian Elkano / Euskal Barrokensemble

Juan Sebastian Elkano / Euskal Barrokensemble

Kurios. Der erste Track mit seinen Hafensignalen erinnert mich ein wenig an eine als Erbstück erhaltene Schallplatte mit einem typischen «Hamburger Hafenkonzert» aus den 1950er Jahren. Dann aber setzen Rezitation und ein baskisches Volkslied ein – und schon ist man mittendrin in der hier musikalisch erzählten Geschichte um Juan Sebastian Elkano, der einst die erste Weltumseglung von Magellan 1522 vollendete. Von den ehemals 242 aufgebrochenen Seeleuten erreichten nur 18 wieder ihren Heimathafen. Elkano (bzw. Elcano, 1486/87–1526, zunächst Bootsmann dann Kapitän jener Exposition) gab aber nur das äußere Stichwort für dieses

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #035 – Schiff ahoi
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Haydn op. 76 / The London Haydn Quartet

Haydn op. 76 / The London Haydn Quartet

Beethoven und Schubert hatten davon nur eine ungefähre Vorstellung, von Mozart ist nichts überliefert, Haydn aber berichtet selbst Anfang 1790 in einem Brief über seinen Respekt vor dem Meer und der Seekrankheit, als er den Ärmelkanal zwischen Calais und Dover überquerte: «wehrend der ganzen überfahrt bliebe ich oben auf den schif um das ungeheure Thier das Meer satsam zu betrachten, solange es windstill war, förchtete ich mich nicht, zulezt aber, da der immer stärckere wind ausbrach und ich die heranschlagende ungestimme hohe wellen sahe, überfiel mich eine kleine angst, und

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #035 – Schiff ahoi
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