Wieder einmal zeigen Julian Chauvin und Le Concert de la Loge ihre Kompetenz in Sachen «Mozart», auch wenn hier die Totenmesse in einer anderen Gestalt erklingt. Die Leichtigkeit der Streicher und die in sich abgerundeten Bläser, die kantable Gestaltung und die fallweise zupackenden Akzente erscheinen vollkommen ausgehört. Dabei wollen sie nicht überreden, sondern fügen sich einfach in eine sehr konsistente Interpretation der Partitur – vor allem dort, wo sich die Faktur verdichtet. Freilich bringt die ganz instrumental gedachte und im Tempo angezogene Schlussfuge den sonst sehr gut disponierten Chor merklich an seine Grenzen (da hätte man hinhören und eingreifen müssen). Bei der nur wenige Wochen zuvor aufgeführten Krönungsmesse für Napoleon von Giovanni Paisiello funktioniert der von Chauvin bevorzugte und vielfach erprobte Zugang zur Musik allerdings nur bedingt. Die italienisch geprägte, zwischen Oper und Liturgie stehende Komposition zeigt deutlich Züge einer repräsentativen Gebrauchsmusik – auch wenn die Einspielung sich hier hinsichtlich der Mitwirkenden an einer «normalen» Besetzungsgröße orientiert. Dennoch: Es ist verblüffend, was einst nahezu zeitgleich an einem Ort gespielt wurde und mit unterschiedlichen historischen Kontexten verknüpft ist. NB. Als 1840 Napoleons Leichnam in den Invalidendom überführt wurde, erklang natürlich Mozarts Requiem.
Wolfgang Amadeus Mozart. Requiem d-Moll KV 626 (Paris 1804); Giovanni Paisiello. Messe pour le sacre de Napoléon
Sandrine Piau (Sopran), Chantal Santon Jeffery (Sopran), Eleonore Pancrazi (Mezzo), Mathias Vidal (Tenor), Thomas Dolié (Bariton), Chœur de Chambre de Namur, Le Concert de la Loge, Julien Chauvin
Alpha ALP 919 (2022)
- Mozart / Philippe Herreweghe
- Mozart / Pandolfis Consort
- Mozart / Michael Ostrzyga
- Mozart & Paisiello / Julien Chauvin
- Mozart & Salieri / Hervé Niquet