Nachdem schon seit geraumer Zeit die Musik von Mieczysław Weinberg (1919–1996) wiederentdeckt wird, haben nun auch seine Notenbücher für Kinder erneute Aufmerksamkeit erfahren. Bereits 2011 erschien beim Label cpo eine Gesamteinspielung mit Elisaveta Blumina; hier nun ist es Aneta Majerová, die an nur einem Tag alle 23 Stücke aufgenommen hat. Die Produktion denkt dabei die Werke akustisch durchaus vom Titel her, stellt sie nicht in den Konzertsaal, sondern in ein Studio mit eher direkter Mikrophonaufstellung und sattem, trockenen Klang. Das bekommt der Musik und ihrer Doppelbödigkeit gut, es macht sie zugänglich und erfahrbar – sowohl das sperrig-dunkle Marziale lugubre (op. 19/7) wie auch das sich mit seinen Repetitionen konsequent entwickelnde Allegro comodo (op. 23/3).
Freilich haben schon Weinbergs Zeitgenossen eine gewisse Komplexität der Stücke moniert. Sie seien nichts «für Kinder» – und tatsächlich fordern die Nummern sowohl technisch wie auch vom Ausdruck her eine Reife, die über den Anforderungen des Albums für die Jugend liegt. Zugleich stellen die drei Sammlungen aber auch eine vorzügliche Einführung in eine neue Klangwelt jenseits von Bartóks Mikrokosmos dar, die auch traditionelle Gesten aufnimmt. Hier sind die Pädagogen gefragt, die historischen Bezüge am Klavier herzustellen (wie etwas für das Lento funebre op. 23/6). So wird man auch die Jugend für Neues und Altes begeistern. – Aneta Majerová fasst in ihrer Einspielung die Sammlungen hörbar als Zyklen auf, trennt daher nicht, sondern zieht größere Linien (op. 16!). Ein Gewinn.
Mieczysław Weinberg. Children’s Notebooks.
Notenbuch für Kinder Nr. 1 op. 16 (1944); Notenbuch für Kinder Nr. 2 op. 19 (1945); Notenbuch für Kinder Nr. 3 op. 23 (1947)
Aneta Majerová (Klavier)
Animal Music ANI 096-2 (2021)