26. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Heitor Villa-Lobos: Complete Symphonies

Heitor Villa-Lobos: Complete Symphonies
Heitor Villa-Lobos: Complete Symphonies

Wie sich die Geschichte doch immer und immer wieder wiederholt: Werden von einer Gesamteinspielung zunächst die einzelnen CDs über einen längeren Zeitraum scheibchenweise veröffentlicht, erscheint üblicherweise nach der letzten Folge (alsbald oder nach einer Anstandspause) die zusammenfassende wohlfeile Box. Für diejenigen Hörer, die solch ein Projekt geduldig und mit (meist) zunehmendem Interesse verfolgt haben, mag dies ärgerlich sein; wer indes durch das Presseecho neugierig geworden ist, kann günstig zuschlagen.

So nun auch bei der zweiten Gesamteinspielung der Sinfonien von Heitor Villa-Lobos, jenes äußerst produktiven brasilianischen Komponisten, den man vielleicht gerade so von seiner Bachianas brasilieras Nr. 5 im Ohr hat, allerdings nicht wirklich kennt. Dabei gäbe es viel (Unterschiedliches) zu entdecken: neben den zwölf Sinfonien (die Fünfte ist verschollen) auch zwölf Chôros überschriebene Werke verschiedenster Besetzung, 17 Streichquartette oder die Folgen der Guia prático: kurze, charakteristische Stücke für Klavier, sozusagen ein südamerikanischer Großcousin des Mikrokosmos. Bereits in den Jahren um die Jahrhundertwende erschien mit dem RSO Stuttgart und Carl St. Clair eine erste Einspielung bei CPO (2009 als Box); 2012 startet Naxos den eigenen Zyklus mit dem Orchester aus São Paulo unter Isaac Karabtchevsky, der nach der letzten Folge nun auch kompakt angeboten wird. Um es kurz zu machen: Beide Einspielungen ergänzen sich untereinander, beide Zugänge weisen ganz unterschiedliche Wege zu den Partituren. Denn während die Stuttgarter sehr direkt eingefangen wurden und den Notentext auch rhythmisch präzise umsetzen, mithin dicht am Notenbild sind, überrascht die mit National-Bonus versehene Interpretation aus São Paulo mit einer flexibleren, fließenderen Gestaltung und einer betont räumlichen Akustik; zum Vergleich sei der Beginn der 2. Sinfonie (1919) empfohlen.

Ärgerlich ist allerdings, dass auch Naxos lediglich die Einzel-CDs in einen Schuber steckt. Das mag bei der Herstellung praktisch sein, vermehrt aber den Plastikanteil und beansprucht bei sechs CDs unnötigerweise mindestens doppelt soviel Platz im Regal wie ein aufklappbares Jewelcase – macht dann aber auch einen Neudruck des Booklets notwendig.


Heitor Villa-Lobos. Symphonien Nr.1–4 und 6–12, Uirapuru, Mandu-Carara
Leonardo Neiva (Bariton), Saulo Javan (Bass), São Paulo Symphony Choir, São Paulo Symphony Orchestra, Isaac Karabtchevsky

Naxos 8.506039 (2011–2017)

 

 

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