27. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Johann Nepomuk Hummel Edition

Johann Nepomuk Hummel Edition
Johann Nepomuk Hummel Edition

Einen der ersten Plätze in der Musikgeschichte hat Johann Nepomuk Hummel (1778–1837) nicht ergattern können. Wie viele andere seiner Zeitgenossen wurde er in die geteilte zweite Reihe hinter Haydn und Mozart auf der einen Seite sowie Beethoven und Schubert auf der anderen platziert. Die Gründe dafür sind vielfältig und sicherlich auch im Œuvre selbst begründet, das keine Sinfonie, lediglich drei Streichquartette und ein eher unauffälliges Opernschaffen bis ca. 1814 umfasst (nur das ursprünglich für ein Klappeninstrument geschriebene Trompetenkonzert ist als Standard ins Repertoire eingegangen). Vor allem aufs Pianistische hatte sich Hummel verlegt, bis er in den 1830er Jahren von der jüngeren Generation technisch wie stilistisch überholt wurde. Auf Empfehlung von Joseph Haydn wurde er zum Hofkapellmeister beim Fürsten Esterházy ernannt, später ging er in gleicher Funktion (glücklos) nach Stuttgart, schließlich erfolgreich nach Weimar. – Wenn auch nur selten im Konzert, so konnte man seinen eher «spätklassischen» als «frühromantischen» Kompositionen immer wieder auf CD begegnen: in beeindruckenden Produktionen mit dem Nash Ensemble (CRD) über die London Mozart Players bis hin zur den Messen unter Richard Hickox (Chandos), aber auch in Einspielungen, die eher den Katalog aufgefüllt als musikalisch überzeugt haben.

Die 20 CDs umfassende Box schlägt nun wirklich eine Bresche für Hummel. Zu finden sind vor allem Einspielungen von Werken für Klavier solo, der konzertanten Kompositionen und viel Kammermusik, hingegen nur wenig aus dem Bereich der Kirchenmusik und mit Mathilde von Guise (1810/21) die wohl wichtigste seiner Opern. Die Sammlung ist zwar keine Gesamteinspielung, doch finden sich zahlreiche Stücke, denen man wohl so schnell nicht wieder begegnen wird, wie dem Grand Potpourri National für Gitarre und Klavier als ein Gemeinschaftswerk mit Mauro Giuliani (1781–1829): keine Kuriosität, sondern eine höchst unterhaltsame Musik. Hier wie auch bei den meisten der versammelten Einspielungen wurde ein historisches Instrumentarium verwendet, auf dem Hummels Tonsprache überhaupt erst «richtig» klingt, zumeist Eigenproduktionen aus den vergangenen 10–15 Jahren. Doch selbst da, wo bei Lizenzaufnahmen ein schwarzes Tastenungetüm verwendet wurde, waren vielfach umsichtige Musiker am Werk (dies gilt insbesondere für die legendären VOX-Aufnahmen aus den 1970er Jahren). – Schade nur, dass Brilliant Classics nach wie vor das Booklet schmählich vernachlässigt und den Wert eines auch nur graphisch ordentlich gestalteten Beiheftes als haptische Visitenkarte nicht erkennt.


Johann Nepomuk Hummel: Klaviersonaten Nr. 1–6 (op. 2a/3, op. 13, op. 20, op. 38, op. 81, op. 106), Fantasie C-Dur op. 124, Fantasien op. 18 und op. 123, Fantasie «Recollections of Paganini» WoO 8, Fantasia op. 124, Rondo quasi una fantasia op. 19, La contemplazione aus «Six Bagatelles» op. 107 – Sonate für Viola und Klavier op. 5/3, Amusement op. 108 für Violine und Klavier, Grand Rondeau brillant op. 126 für Violine und Klavier, Introduction und Variationen für Violine und Klavier op. posth. 2 – Grand Potpourri National für Gitarre und Klavier, Potpourri op. 53 für Gitarre und Klavier, Grande Sonate op. 104 für Violoncello und Klavier – Trio op. 78 für Flöte, Violoncello und Klavier, Flötensonaten (op. 2/2, op. 50, op. 64), Grand Rondeau Brillant op. 126 für Flöte und Klavier – Klaviertrios (op. 12, op. 22, op. 35, op. 65, op. 83, op. 93, op. 96), Klavierquintette (op. 74, op. 87), Septette (op. 74, op. 114) – Klavierkonzert Nr. 2 op. 85, Concertino für Klavier und Orchester op. 73, Introduction und Rondo brillant F-Dur «Le Retour à Londres» op. 127, Klavierkonzert Nr. 3 op. 89, Konzert für Klavier, Violine und Orchester op. 17, Klavierkonzert Nr. 4 «Les Adieux» op. 110, Etüden für Klavier op. 125, Fagottkonzert WoO 23, Introduktion, Thema und Variationen op. 102 für Oboe und Orchester, Klarinettenquartett Es-Dur WoO 5, Trompetenkonzert E-Dur WoO 1, Mandolinenkonzert G-Dur, Rondo für Klavier «La galante» op. 120 für Klavier und Orchester, Violinkonzert G-Dur – Te Deum für Chor und Orchester WoO 16, Missa Solemnis in C WoO 12, Alma Virgo op. 89a, Oratorium «Der Durchzug durchs Rote Meer» WoO 11 – Oper «Mathilde von Guise» op. 100

Simone Kermes, Veronika Winter, Kristine Gailite, Philippe Do, Pierre-Yves Pruvot, Hjördis Thebault, Andrea Cajova, Ondrej Saling, Alexander Trostianski, Martin Galling, Mary Louise Boehm, Claudio Gonella, Hans Kann, Alessandro Commellato, Stefano Barneschi, Daniela Cammarano, Luca Magariello, Alessandro Deljavan, Lise Daoust, Elizabeth Dolin, Carmen Picard, Marco Testori, Costantino Mastroprimiano, Giovanni Togni, Claudio Maccari, Izhar Elias, Michael Tsalka, Madoka Inui, Chorus Alea, Rheinische Kantorei, Nepomuk Fortepiano Quintet, Virtuosi Saxoniae, Solamente Naturali, Das Kleine Konzert, Russian Philharmonic Orchestra, Pro Musica Orchester Wien, Orchestra Internazionale d’Italia, Hamburger Symphoniker, Budapest Chamber Orchestra, Didier Talpain, Hermann Max, Ludwig Güttler, Vinzenz Hladky, Diego Dini Ciacci, Heribert Beissel, Tamas Pal

Brilliant Classics 95792 (1966–2018)

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