1. Juni 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Trees on the Roof: Music without movies

Music without movies

Manchmal muss man auch bis auf den Grund eines Sees sehen, um dann festzustellen, dass in ihm kein Wasser ist. Ist das nicht bitter? Die CD mit „Music without movies” gehört von sich aus gesehen in die Kategorie: Easy listening. Darüber müssen wir mal wirklich reden. Easy ist dabei nämlich gar nichts. Jedes Stück klingt hier tatsächlich so, als entstammte es einer x-beliebigen Filmproduktion zu der dann ästhetisch niederschwellige Musik produziert wird, die man irgendwie schon zu kennen glaubt, obwohl kein Ton auf dem anderen sitzt. Easy wird mit der

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Volkmann: Dreams to come

Volkmann: Dreams to come

Entschuldigen Sie mal bitte, lassen Sie uns durch. Wir haben etwas zu sagen. Und los geht es mit einer eruptiven Musik, die ich lange schon nicht mehr so gehört habe. Es wird losgerotzt auf einem Perkussionsbett, es rockt danach wie aus der Garage. Eine emotionale Triebfabrik wie man sie im wohldosierten und hochschultonfallkomplexen großen Klangpool des jungen gegenwärtigen Jazz so bitter nötig hat. Der Mythos des politisch engagierten Jazz lebt und er ist ungeglättet rotzig, übertrieben, exzessiv – wie als ob man mit purer Gewalt gegen eine ästhetische Wand zu

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WOODEN PEAK - Human | Machine | Nature

WOODEN PEAK – Human | Machine | Nature

„Human | Machine | Nature ist eine elektroakustische, klangarchäologische Komposition von Sebastian Bode und Jonas Wolter. … Dreh- und Angelpunkt von Human | Machine | Nature ist die ehemalige Brikettfabrik Werminghoff, heute bekannt als Bergbaumuseum Energiefabrik Knappenrode, unweit von Hoyerswerda. Anfang der neunziger Jahre wurde die Fabrik im Zuge der politischen Wende stillgelegt und wenig später in kaum verändertem Zustand als Museum eröffnet.“ Die Autoren fragen, was wohl passiert, „wenn die Sounds aus alten Tagen zurückkehren und mit Musik und Klängen von heute verschmelzen?“ Man könnte es einfach beantworten: Nichts

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Richardson: Afrofuturism

Richardson: Afrofuturism

Bescheidenheit sieht anders aus: „Frank Zappa, Queen, Brian Wilson and Radiohead meets Schoenberg in a sci-fi 80s lounge“. So, so! Man könnte auch sagen, warum nicht mal einen musikalischen Thermomix experimentell nutzen, statt mit vorgeschriebenen Rezepten und warum die Zutaten eigentlich abmessen. Alles geht, alles muss rein. Nachher klingt es halt, wie es schmeckt. Dieser Mut wird leider ästhetisch nicht belohnt, sondern bleibt auch musikalisch reine Matschepampe. Mit dem Hype-Wording „Afrofuturism“ springt man zwar auf den Zug einer Jazzmodischkeit auf, aber am Ende klingt es hier doch wie nur schlechtbezahlte

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Istanbul 1900

Cavus & Dirks: Istanbul 1900

Neun Miniaturen zu einem Bildnis der Metropole Istanbul verdichten die beiden Gitarristen auf einer so sanfte und zarte Weise, dass man in diese Musik einschlüpfen kann, wie in eine Erzählung. Die beiden Musiker sind hier Geschichtenerzähler, die wie eine Person agieren, die eben nur mit vielen Ohren hört und mit vielen Augen sieht und mit größter Vorsicht ihre Geheimnisse preisgibt, wenn auch nicht eben alle. Die neun „Bilder“ haben ein bisschen den Klang des Orients in sich aufgehoben, wie Istanbul hier besonders durch seine Geschichte als einer Vergangenheit um 1900

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BLK2LIFE – A Future Past

BLK2LIFE – A Future Past

Eine Platte mit großem Anspruch, will man doch die Substanz afro-amerikanischer Musik- und Jazzgeschichte im Rahmen des Weltgeflechts zum Ausdruck bringen. Jazz, Funk, Politics im Gewand der kommerziellen musikindustriellen Verwertung. Wie geht das? Der amerikanische Trompeter und Bandleader Theo Crocker hat sich zu diesem Zweck zahlreiche Gäste geladen wie Ari Lennox, Charlotte Dos Santos, Malaya oder Gary Bartz und Wyclef Jean. In der „Produktbeschreibung“ wird hypostasiert: „BLK2LIFE || A FUTURE PAST feiert (…) nicht nur die afrikanische Herkunft, sondern ist letztlich eine Wiederaneignung dieser Kultur durch Kultur.“ In Zeiten, wo

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York: Souljazz Experience Vol. 1

York: Souljazz Experience Vol. 1

Später Ableger der ganzen Jazz-Pop-Wellen seit den 70er-Jahren. Soll und kann uns nur recht sein. Wenn die Musiker:innen und die Faktur des Ganzen in sich stimmig ist und der Wipp- und Wuppfaktor unvermeidliche Höhenflüge annimmt. Selbstbeschreibung passt: “The album also features a number of top-class guest musicians, making The Soul Jazz Experience Vol. 1. a truly feel-good experience.” Dabei muss das Ergebnis ja nicht zwingend in flachem und unwiderstehlichem Mitgesummse bestehen. Einzelne Tracks zeigen nicht nur eine grandiose Art des Kunst des Arrangierens und musikalischen Ausagierens, sondern eine Tiefe, die

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Kevin Brady Electric Quartet: Plan B

Kevin Brady Electric Quartet: Plan B

Wer einen Plan B hat, hatte auch einen Plan A. Plan A des Kevin Brady Electric Quartets kennen wir nicht, er liegt nicht vor. Track „Plan B“ allerdings ist ein müdes Stück Musik, dass man nur hoffen kann, Plan C funktioniert mal besser. Nein, man wird nicht so recht froh mit dieser Platte, die doch nach eigenem Bekunden so Großes will: “Brady’s ambition was to record an album that consisted of new, original compositions that explore improvisation in an electric quartet format. While tipping their collective hat to the music

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Kupke/Zerbe: Monalisa

Kupke/Zerbe: Monalisa

Eine kleine Serenade von Pretiosen musikalischer Improvisationen. Klarinette und Klavier teilen hier nicht nur die beiden ersten Buchstaben, sondern ihr Faible den unsingbaren Rest. Ein spätes Produkt aus dem Gewächshaus der Ehrerbietung an Hanns Eisler. Hier aber nicht in den vier Fäusten für jenen mit der Wildheit, wie sie Heiner Goebbels und Alfred Harth in direkter Konfrontation ausgebildet haben. Sondern wie durch mehrere Schleier gefiltert in der Tradition des Klavierliedes – nur eben statt mit Stimme mit Klarinette. Kein Wunder also, dass in der „Mahlerei“ auch dessen Liebsubstanz zum Schwingen

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Rifflet – Troubadours

Rifflet – Troubadours

Eine Musik, die einen mitnimmt wie eine Welle oder wie eine Art Treibsand. Nur völlig gefahrlos. Die Kompositionen von Rifflet sind eigentlich im Kern sehr leicht durchschaubar. Auf einem Rhythmus-Bett breitet sich ein melodisches Phrasengeflecht aus. In dieses kann man sich hineinbegeben und sich zurücklehnen. Eine musikalische Karawanenreise ist das am Ende mit so vorzüglicher Klanggestaltung, meditative Musik, tranceartig gewoben. Immer dabei eine gewissen Trauerartigkeit wie beim Marsch (Sordello – Track 1 oder Beatrice – Track 4). Das geht alles ganz ruhig vonstatten, gemurmelt dann auch wieder mal. Mediterranes Flair.

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Henkelhausen Quintet: Misantropic Tendencies

Henkelhausen Quintet: Misantropic Tendencies

Am Anfang tut man sich etwas schwer mit dieser Platte. Sie ging beim ersten Vorhören erst einmal an ihren Platz in Wartestellung. Vielleicht … Vielleicht geht es einem im zweiten Durchgang ja besser. Und, oh Wunder, ja. Was für eine klassisch freie Musik mit Duftnoten aus Rauch und Zimt (Track: Tom Has a Big Brain“). Kräftige Würzung mit feinen Noten. Brodelnde Mengen von Klang und Rhythmus mit subtilster, akrobatisch gefädelter Statik, stabil. Eine fortwährende Gefahr solcher „kluger“ Musik: sie verkapselt sich manchmal zu sehr in sich selbst, so dass sie

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Woody Black 4: The Lost Tapes

Woody Black 4: The Lost Tapes

Mit vier Klarinetten unterwegs durch die Weiten der Welt. Was für ein Hörspaß, was für ein Hörvergnügen. Diese Leichtigkeit der Klänge, die in dieser Weise kein Instrument erreichen kann wie die Klarinette, deren Modulation im Atmen und Phrasieren einfach jedes Material sich unterwerfen kann. Es biegen sich unter der Last des Schwebens alle Komplexitäten zu Sinnespunkten, die sich im Fokus finden und in alle Richtungen zerstäuben können. Mit vier Klarinetten, drei davon im Bassregister, drehste den Stöpsel der musikalischen Ästhetik aus dem verstopftesten Abflussrohr der Musikgeschichte. All das regeln die

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