21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Sebastian Gahler – Two Moons [2022]

Sebastian Gahler – Two Moons

«Dass der japanische Weltschriftsteller Haruki Murakami Jazz liebt, ist bekannt. Sebastian Gahlers neues Album beweist, dass auch das Gegenteil gilt: Jazz liebt Murakami.» So liest man es im Waschzettel zur Platte. Da kann man wenig gegen sagen. Aber auch nur wenig dafür. Ob es hier der Fall, da sind bescheidene Zweifel doch gestattet. Wüsste man nichts vom Zusammenhang, liefe diese elfteilige CD wie eine gute, aber auch irgendwie ohne große Aufregung erzeugende Platte durch. Dafür gibt es sicher aber auch keine bessere Erklärung als diejenige, dass der Rezensent letzten Endes

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Muthspiel – Diary 1989-2022

Muthspiel – Diary 1989-2022

Beim Tagebuch handelt es sich hier um «Selected Recordings» des Geburtstagskinds Christian Muthspiel auf zwei CDs mit Aufnahmen aus den letzten 33 Jahren, die der Posaunist, Pianist, Komponist und Bandleader hier zusammenstellen durfte. Was für eine dufte Sache das doch gworden ist. Ich kann und will dazu gar nicht viel Worte verlieren. Es ist ein so irres Panoptikum von Stilen, Techniken und Mixen, das von Musik der europäischen Tradition (Dowland), über traditionelle Musik (Jodler) bis hin zu den Weltmusiken Jazz, Blues und Soul reicht und auch Exponate seiner aktuellen Doppel-CD

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Sebastian Sternal – Thelonia

Sebastian Sternal – Thelonia

Bei manchen dauert es etwas länger: Pianisten und Pianistinnen machen fast immer irgendwann eine Aufnahme, die sie ganz allein am Piano zeigen. Enorm ist daher die Dichte der Aufnahmen und Konzerte, die fast wie Sand am Meer sich nicht mehr zählen lassen. Sebastian Sternal hat die Ungunst der Stunde, beziehungsweise der Corona- Einschränkungen in 2020 genutzt, sich auch dieser Aufgabe zu stellen. «Der ersten Aufregung über Corona im März folgte die Phase, in der alle ruhig zuhause blieben. So ging es mir natürlich auch. Ohne Konzerte und Außentermine änderte sich

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Muthspiel & Orjazztra Vienna ­Homecoming

Muthspiel & Orjazztra Vienna – ­Homecoming

Christian Muthspiel feiert(e) in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Das zelebriert sein Label gebührend mit zwei Doppel-CDs. Die eine davon (Diary 1989–2022, Selected Recordings) versammelt älteres Material, das zu einem Puzzle sich eines Künster:innenlebens zusammenfügt. Die andere CD «Homecoming» besteht aus insgesamt 12 Tracks, die im März 2021 aufgenommen worden sind. Laut Waschzettel habe sich Muthspiel damit «den Traum eines eigenen Jazzorchesters, den er seit seinem Weggang vom Vienna Art Orchestra im Jahr 2004 hatte» erfüllt. Die an gleicher Stelle angeführte Behauptung, dass Großbesetzungen im Jazz rar geworden seien, kann

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Hornung Trio – Strukturen

Hornung Trio – Strukturen

STRUKTUREN! Heissa. Jetzt gehts aber los, jetzt schlägts gleich 13. Dabei, wenn man sich mal in die Zeiten der 40er bis 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückbegibt, war nicht nur die Neue Musik durchzogen mit derlei Termini, sondern tatsächlich auch der Jazz. Aber «Strukturen» 2022? Da weiß man, was man hat, da weiß man, was man bekommt. Wirklich. Ja. Nein! Liest man sich durch den Waschzettel zu dieser CD, fallen Namen wie Olivier Messiaen, Nikolai Roslavetz, Paul Bley, Alexander Skrjabin, J Dilla, Frederic Chopin und Franz Liszt. Zack, der Rahmen

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Lorenz Kellhuber – Live at Elbphilharmonie

Lorenz Kellhuber – Live at Elbphilharmonie

Kaum jemand dürfte so spektakulär changierend zwischen Jazz und „klassischer Klaviermusik“ wandeln wie der Pianist Lorenz Kellhuber. Ob über Ostinati in wechselnden Lagen improvisierend. Oder zwischen freier Tonalität und gebundenen harmonischen Klangankern, Lorenz Kellhuber erzeugt eine intime, konzentrierte Situation zwischen sich, dem Klavier, dem Raum und seinem Publikum. Bei seiner aktuellen Neuerscheinung tritt dies wohl noch deutlicher hervor als bei seinen bisherigen Soloaufnahmen. Da sinkt ein Mensch ganz tief ein in musikalischer Lyrik – in eine Welt aufgeklärter Düsternis aus Tonbewegungen. Virtuos. Und auch: Da singt ein Mensch ganz in

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Oh No Noh – Kanzi

Oh No Noh – Kanzi

Es handelt sich um das zweite Album des „Gitarristen, Roboterprogrammierers, Magnetbandzerknitterers und Komponisten Markus Rom“. Ich habe selten eine solche präzise Beschreibung gelesen, die so viel schon hervorsagt von dem, was bei dieser spektakulären Platte (Kassette, CD, Download) passiert. Es wird wird in- und übereinandergeloopt, was das Zeug hält – aber nicht nur. Da werden kleinere und größere Klangsteinchen aneinandergelegt und verwoben. Ein musikalisches Teppich-Domino-Spiel. Dabei werden immer wieder neue Farben und musikalische Genre-Bezüge zutage gefördert. Nicht immer alle mit der gleichen Dichtigkeit. Aber doch nie bloß egal. Er, Rom,

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Keith Jarrett – Bordeaux Concert

Keith Jarrett – Bordeaux Concert

Der Endpunkt seines pianistischen Schaffens womöglich. Darüber hängt dieses Gefühl, das man kennt, weil man weiß, dass nach zwei Schlaganfällen im Jahr 2018 das Ende seiner künstlerischen Laufbahn erreicht sein dürfte. Jedenfalls in der Form des Pianospiels. Der nachkommende Schatten hängt somit über den Auftritten, die Keith Jarrett zuvor absolvierte. Das Konzert in Bordeaux ist das letzte aus dem Jahr 2016, das veröffentlicht wurde. Aufgenommen wurde es 10 Tage vor dem Konzert in München und drei Tage nach dem in Budapest am 6. Juli. Ein Konzert von atemberaubender Schönheit insgesamt,

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rand – Peripherie

rand – Peripherie

Es gibt solche und solche. In der Selbstbeschreibung ihres Soundworks geben der Pianist und der Producer Dr. Nojoke ohne Witz an, diese Musik könnte Fans von «Nils Frahm, Alva Noto & Ryuichi Sakamoto, Bing  Ruth, Erased Tapes …» interessieren. Stichworte sind «Ambient, Glitch, Modern Classical Music und Clicks & Cuts». Wer oberflächlich in die Platte reinhört, erkennt all das wieder. Eine weitgehend ruhig dahin zerfließende Musik aus Klavierklängen umschwirrt von allerlei «Electronica». Oder umgekehrt, wenn die Klavierklänge darin eingebettet sind. Das ist in allererster Linie eine genussvolle Angelegenheit und stimmig

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SteDaJoDa: Schwebend

SteDaJoDa: Schwebend

Und gleich wieder so eine Schraubwerkstattmusik mit zwei Kontrabässen, Schlagzeug und Gitarre. Ein Quartett murkelt und werkelt mit, wie man es nennt, erweiterten Spieltechniken in dieser hochentzündlichen Instrumentalkombination sechs Stücke zu wirklich teils wilden, teils sich luftig verflüchtigendem Klanggebilden. Eine Musikmaschine wird da in Gang gehalten im guten alten Horchhin-Stil. Dabei kommt in der Tat etwas sehr Eigenes, Einzigartiges heraus. Gold machen sie damit zwar nicht und selbst das stattdessen erzeugte musikalische Porzellan wirkt eher wie nach einem Polterabend – aber doch erkennt man die teils feine Bemalung im Haufen

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Day & Taxi: Run, The Darkness Will Come!

DAY & TAXI: Run, The Darkness Will Come!

«Unbeeindruckt von Trends bewegt sich DAY & TAXI autonom und unverkennbar an der Schnittstelle von Komposition und Improvisation. DAY & TAXI spielt zeitgenössische Musik, die sich der Vergangenheit bewusst ist, die Gegenwart wahrnimmt und die Zukunft anvisiert.» Schön gesagt. Die Frage ist aber stimmt das auch? Ja, es stimmt, es ist auch gar nicht bezweifelbar. Denn wie sollte man das auch be- oder widerlegen können. Als Kritiker:in könnte man genauso gut sagen: Nö, das kann ich nicht so wahrnehmen. Was ich höre: Das Trio mit Sax, Bass und Schlagzeug gehört

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Satie – Celloland

Satie – Celloland

Eine Selbstläuferin, so eine CD mit 10 Tracks, die auf Bearbeitungen von Klavierwerken Erik Saties beruhen und die mittlerweile auch in der stillen Raucherecke des musikalischen Pausenhofs niemanden mehr erschüttern. Das Quartett hier macht es sich auch nicht besonders schwer. Es setzt auf die Gymnopedies und die Gnossiennen. Ein Schwan von Camille Saint-Saëns gesellt sich an Position Nr. 3 ohne dabei rot zu werden, allerdings hat er wohl sein Herz verloren. Komplettiert wird das alles mit dem Stück „Portugal“ des Cellisten Burkard Maria Weber. Das alles läuft und läuft und

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