29. April 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Johann Hermann Schein / Capricornus Ensemble

Johann Hermann Schein / Capricornus Ensemble

Fast könnte man vermuten, dass die Weihnachtszeit vor allem durch Musik des Barock bestimmt wird. Tatsächlich klingen gerade die Musiken aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonders festlich, wenn dort das Jesuskind mit Pauken und Trompeten, den herrschaftlichen instrumentalen Insignien, als «Himmelsfürst» empfangen wird. Man bedenke dann auch die Eröffnung des Bach’schen Weihnachtsoratoriums, bei dem die weltliche Kantate «Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten!» parodiert wird (ihr also ein geistlicher Text unterlegt wurde). Bei der Musik von Johann Hermann Schein (1586–1630) darf man sich nochmals um 100 Jahre zurückdenken. Auch

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #105 – Weihnachten
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Capriccio pastorale / Capella de la Torre

Capriccio pastorale / Capella de la Torre

Erst die Plätzchen, dann der Baum, dann die Sektkorken. So geht das Jahr zu Ende – meist auch mit musikalisch passender Begleitung. Im Dezember ist es oftmals das Weihnachtsoratorium (das von Johann Sebastian Bach, natürlich), das für viele einfach dazu gehört. Doch gibt es auch andere Musiken, die sich zur festlichen oder besinnlichen Einstimmung eignen. Fünf Empfehlungen dazu gibt es in dieser Hörbar-Woche – von der Renaissance bis in die Gegenwart. Den Anfang macht die Capella de la Torre mit einer Reise in Europas Süden und zurück ins 16. und

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #105 – Weihnachten
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Yaara Tal / 1923

Yaara Tal / 1923

Auch auf diesem Album ist kein «Tanz-Jazz» zu finden und zu hören. Vielmehr hat Yaara Tal bei ihrer Auswahl der Stücke auf eine möglichst internationale und umfangreiche Breite des Repertoires und der Stile gesetzt. Was vorgestellt wird, sind mit jedem Stück und jedem Werk Optionen einer sich neu formierenden Musikgeschichte. Nicht alles wurde dabei richtungweisend, nicht alles Wegweisende bewährt sich in diesem Kontext gleichermaßen. Vor allem der gelungene Blick nach Paris mit Kompositionen von Mompou, Tansman, Jaques-Dalcroze versetzt einen in eine ganz andere Atmosphäre: elegant, leicht tänzerisch, keinesfalls aufrührerisch. Eher

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #104 – 1923
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Bartók / Krenek / Toch / Weill

Bartók / Krenek / Toch / Weill

Ein Album, das so vielleicht nur von einem Rundfunkorchester selbst produziert werden kann. Denn hier stehen nicht die Interpreten im Vordergrund, sondern die Werkauswahl und damit auch das Konzept. Natürlich erlaubt es die digitale Welt, solch eine «gemischte» Produktion durch gutes Tagging leicht zugänglich zu machen – man muss sie nur mit einer (funktionierenden) Suchoption auch finden. Hier wiederholt sich dann (nur etwas unübersichtlicher) das Prozedere aus analogen Zeiten, als es noch gut sortierte Schallplattenhändler in allen größeren Städten gab: Am liebsten waren mir dort im Regal hinter den großen

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #104 – 1923
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André Caplet / 1923

André Caplet / 1923

Dass 1923 nicht allein das Jahr des Aufbruchs für die angeblich «goldenen» 20er Jahre war, lehrt der Blick in die Geschichtsbücher. Es war ein Jahr, das in jener Dekade erstmals den Abgrund sichbar machte – einen Abgrund, der im Folgenden umso lauter weggejazzt und übertanzt werden sollte; man denkt sofort an die mittlere Tafel des 1927/28 entstandenen Großstadt-Triptychons von Otto Dix mit Jazzband und Shimmy-Tänzern. Weniger bekannt sind die dunkleren Seitentafeln mit ihren Straßenszenen, allzu «leichten» Frauen und Kriegsversehrten. Wer bei dem vorliegenden Album ein weiteres Mal den «wilden Sound

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #104 – 1923
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Schumann Quartett / 1923

Schumann Quartett / 1923

Wer wohl bei dieser Produktion auf die Idee kam, den Untertitel 100 Years of Radio hinzuzufügen? Weder die eingespielten Kompositionen haben dazu einen Bezug, noch taucht das Wort «Radio» oder «Rundfunk» im ausführlichen Booklet-Essay auf. Der Hoax geht sogar weiter: Das Datum «1923» (gemeint ist der 29. Oktober 1923) bezieht sich allein auf die erste für Privatpersonen bestimmte Live-Übertragung in der Weimarer Republik. Blickt man jedoch auf Europa, wäre auf die BBC zu verweisen, die bereits am 14. November 1922 (!) auf Sendung ging. Zwischenfazit: Man muss nicht auf jeden

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #104 – 1923
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Ligeti / Les Siècles

Ligeti / Les Siècles

Die Sechs Bagatellen (1953) und Zehn Stücke (1968) gehören zu den Lieblingen fast jedes Holzbläserquintetts. Nach den «älteren» Werken von Hindemith, Schönberg und Nielsen stehen sie für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts fraglos an der Spitze des Repertoires. Vor allem bieten die Kompositionen einen maximalen Spielraum für eigene Interpretationen. Und diesen Spielraum nutzt das Quintette à vent des Siècles auf eine unwiderstehliche Weise. In den viel gespielten Bagatellen durch eine unwiderstehlich pointierte, offene, überraschende und vor allem die ganze Breite der Klangfarbenpalette auskostende Umsetzung, in den nicht mehr von

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #103 – Ligeti 100
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György Ligeti / Danny Driver

György Ligeti / Danny Driver

«In diesen Stücken trotz ihrer unnachgiebigen Virtuosität das Emotionale und Sinnträchtige in den Vordergrund zu stellen bedeutet – zumindest für mich – die ultimative Herausforderung.» Mit diesen bemerkenswerten Worten schließt der englische Pianist Danny Driver seinen kenntnisreichen Booklet-Essay, und er benennt damit auch genau jenen Eindruck, der sich beim Hören seiner Interpretation der Études nicht nur rasch einstellt, sondern auch von Stück zu Stück intensiviert und manifestiert. Denn obgleich sich Ligeti hörbar von Conlon Nancarrows faszinierenden Studies for Player Piano und ihren ganz neuen Formen instrumentaler Virtuosität inspirieren ließ (die

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #103 – Ligeti 100
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Ligeti / SWR Vokalensemble

Ligeti / SWR Vokalensemble

Die Vokalmusik von György Ligeti unterliegt auch in der breiten Wahrnehmung einer Zweiteilung. Auf der einen Seite stehen das Requiem und das dazu komplementäre 16-stimmige Lux aeterna (1966), wenigstens akustisch weithin geläufig durch die auszugsweise Übernahme in den Kino-Klassiker 2001 – Odyssee im Weltraum, auf der anderen all jene Kompositionen für Chor a cappella, die zwischen 1941 und 1955 noch in Ungarn und nahezu ausschließlich auf ungarische Texte entstanden. Ligeti bevorzugte dabei Verse von Bálint Balassa, dem ersten bedeutenden Dichter des Landes, und Sándor Weöres, der zeitgenössisch mit Sprache und

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #103 – Ligeti 100
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Ligeti / Han Chen

Ligeti / Han Chen

Wer einmal die Études von György Ligeti gehört hat, den dürften sie kaum mehr loslassen. Die innere Motorik vieler Stücke und das geradezu systematische Nachsinnen über einzelne musikalische Aspekte haben den drei Büchern mit insgesamt 18 «Studien» einen bleibenden Platz in der Musikgeschichte wie auch im Repertoire gesichert. Zudem handelt es sich um ein «Alterswerk» des Komponisten, das er erst im Jahre 2001 (unvollendet) aus der Hand legte. Nicht zufällig haben einige der Nummern unter Pianist:innen inzwischen eine hohe Beliebtheit erreicht – Gesamteinspielungen der Sammlungen sind indes noch in der

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #103 – Ligeti 100
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Ligeti / Quatuor Diotima

Ligeti / Quatuor Diotima

Nicht erst zu seinem 100. Geburtstag ist György Ligeti zu einem «Klassiker» der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geworden. Unabhängig im Denken wie auch in der Ästhetik, mehr aber noch ein Sympathieträger in der sprachlichen Vermittlung von Musik, war er schon zu Lebzeiten ein Solitär – und wer ihn auch nur einmal persönlich erlebte, war von seinem Charakter und seiner spielerischen Art im strengen Experiment fasziniert. Das zeigen seine kurzen und griffigen Stücke für Holzbläserquintett, ebenso seine Streichquartette, dessen erstes sich aus der ungarischen Tradition (Bartók) mit jedem Ton herausschält,

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #103 – Ligeti 100
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