26. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Time Travel

Time Travel
Time Travel
Hier darf man sich getrost aussuchen, ob man im Lauf der Jahre den Anschluss verpasst oder das Personal Verspätung aus der vorherigen Fahrt hat. Ja, auch das musikalische Reisen ist nach wie vor ein Abenteuer. Und wer sein Album Time Travel nennt, muss sich am letzten neuzeitlichen Abenteuer messen lassen. Ich muss aber leider gestehen: Diese Produktion lässt mich kalt wie der tiefste Winter. Die Idee, Musik von Purcell und den Beatles zu verbinden und mitunter klanglich neu zu deuten, hat zwar einen gewissen Reiz – und wer genau hinhört, kann etwas von dieser abstrakten Lust an den Querverbindungen über die Jahrhunderte hinweg verspüren. Und doch empfinde ich das hier einfach nur als «gewollt». Denn weder der altehrwürdige «Henry» noch die Beatles werden am Ende über das bloß Atmosphärische hinaus wirklich ernst genommen.

Dass man Songs der Beatles in nahezu jede musikalische Epoche versetzen kann, ist ein alter Hut. Und auch Purcells Musik verträgt ein zart intoniertes Saxophon, ohne wirklich Schaden zu nehmen. Trotzdem höre ich mir das eine wie auch das andere lieber im Original an, oder zumindest ohne dass es wechselseitig gemischt wird. Doch warum überhaupt fügt man hier etwas zusammen, was nicht zusammen gehört? Früher stand das Label deutsche harmonia mundi (dhm) für herausragende Interpretationen in historischer Aufführungspraxis. Diese Identität des Labels scheint aufgelöst zugunsten eines geschmeidigen Sounds, verbunden mit dem Absturz in die programmatische Beliebigkeit. Will man so neue Hörerschichten erschließen? Ich halte noch immer an der Idee fest, dass vor allem das Original überzeugt, wenn es denn vortrefflich interpretiert wird. So aber lässt mich das Album am Ende vollkommen ratlos und enttäuscht zurück. Eine Zeitreise, die wie bei H. G. Wells an so unwirkliche wie unwirtliche Orte führt.

Time Travel. Henry Purcell. Instrumentalsätze & Arien-Arrangements aus King Arthur; The Fairy Queen; Hail, bright Cecilia; Music for the Funeral of Queen Mary; Dido and Aeneas; The Indian Queen; Distressed Innocence, Bonduca, Abdelazer; Aureng-Zebe; Beatles. Another Girl (1965); Because (1969); Being for the Benefit of Mr. Kite (1967); Yesterday (1965); Blackbird (1968); Norwegian Wood (1965); Tomorrow never knows (1966); Girl (1965); When I’m 64 (1966)
Asya Fateyeva (Saxophon) , Lautten Compagney, Wolfgang Katschner

dhm 19439924962 (2021)

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