Tatsächlich ließe sich aber trefflich darüber diskutieren, ob Dubois’ Dixtuor wirklich noch der Kammermusik zuzurechnen ist. So drängt die solistische Besetzung nach Thematik, Ausarbeitung und Faktur unüberhörbar ins Sinfonische, dennoch lassen sich die Streicher kaum in chorischer Besetzung denken. Dass die vorliegende Interpretation über diese Zwitterhaftigkeit nicht hinwegspielt, sondern sie bewusst akzentuiert, ist ein herausragender Pluspunkt des Albums; und er macht das Werk in vielfacher Hinsicht interessant. Die beiden Stücke von d’Indy und Caplet sind nicht zu denken ohne die Société de musique de chambre pour instruments à vent (1879 gegründet) und die Société moderne d’instruments à vent (1895 gegründet). Ohnehin gilt: Was wäre die Musik für Holzbläser im 19. und 20. Jahrhundert ohne das französische Engagement? Die Suite persane von Caplet, ein früher interkultureller (oder doch bloß kolonialer?) Geniestreich, verknüpft ferne Heterophonie mit exotischer Harmonik. Dass die Sätze am Ende eher an spätere Klänge aus so mancher Filmfabrik erinnern als etwa an Gustav Holsts legendäre Beni Mora-Suite, ist freilich dem Komponisten als Kind seiner Zeit kaum ernsthaft anzulasten. – Ein wundervoll inspirierendes Album, das man gern gleich mehrfach hört.
Theodore Dubois. Dixtuor (1909); Vincent d’Indy. Chanson et Danse op. 50 (1898); André Caplet: Suite persane (1900)
Polyphonia Ensemble Berlin
Oehms OC 493 (2020)
- Wigmore Soloists
- Linos Ensemble
- Anima Eterna Brugge
- Oxalys
- Polyphonia Ensemble Berlin