21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Le Tombeau de Claude Debussy

Le Tombeau de Claude Debussy
Le Tombeau de Claude Debussy

1920 veröffentlichte die gerade erst von Henry Prunière gegründete und für 21 Jahre kontinuierlich erscheinende Zeitschrift La Revue musicale eine Sondernummer mit dem Titel Le Tombeau de Claude Debussy. Insgesamt zehn Stücke von zehn Komponisten sind hier als ein buntes Kaleidoskop neben einer Lithographie von Raoul Dufy versammelt. Sie zeugen von der inneren Verbundenheit und dem schöpferischen Respekt gegenüber dem zwei Jahre zuvor und zu früh verstorbenen Komponisten, der mit seinen Harmonien und Klängen Türen in die Moderne geöffnet hatte.

Da durch die Redaktion kein äußerer Rahmen vorgegeben worden war, geriet das musikalische Epitaph keineswegs schwarz/weiß und blieb doch eher eine «Augenmusik», im Zweifel als Bearbeitung für das Klavier: de Falla hatte seine Homenaje ursprünglich für Gitarre geschrieben, und Strawinsky gab einen Abschnitt seiner Symphonies d’instruments à vent zum Druck. Ravel wiederum trug ein Allegro für Violine und Violoncello bei, das er wenige Monate später zu einer vollständigen Sonate erweiterte. Auch stilistisch zeigt sich eine erfrischende Inhomogenität – was sicherlich dazu beigetragen hat, dass dieses Tombeau wie so viele andere musikalische Beilagen oder kooperative Sammlungen rasch in Vergessenheit gerieten. Dass die einzelnen Stücke ebenso wie die daraus erwachsenen vollständigen Kompositionen nun erstmals(!) auf einer CD versammelt sind, ist Tomer Lev zu verdanken, der als Rektor der Buchmann-Mehta School of Music Kollegen wie auch die studentischen Bläser des Orchesters zu diesem herausragenden und interpretatorisch gelungenen Projekt bewegen konnte.

Wer sich mit «Paris um 1920» beschäftigt, wird um diese im Booklet gut dokumentierte Produktion nicht herumkommen. Allen anderen sei sie ebenso ans Herz gelegt.


Le Tombeau de Claude Debussy

  • (1920, Werke von Paul Dukas, Manuel de Falla, Florent Schmitt, Erik Satie, Gian Francesco Malipiero, Igor Strawinsky, Eugene Goossens, Béla Bartók, Albert Roussel);
  • Maurice Ravel: Sonate für Violine und Klavier (1922);
  • Igor Strawinsky: Symphonies d’instruments à vent (1920/47);
  • Manuel de Falla: Le Tombeau de Claude Debussy – Homenaje (Arr. für Gitarre)

Tomer Lev (Klavier), Janna Gandelman (Violine), Dmitry Yablonsky (Violoncello), Ruben Seroussi (Gitarre), Sharon Rostorf-Zamir (Sopran), Buchmann-Mehta Symphony Orchestra, Zeev Dorman, Tombeau, Claude Debussy

Naxos 8.573935 (20017/18, 2020)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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