5. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Rachmaninow / The Complete Edition

Rachmaninow / The Complete Edition
Rachmaninow / The Complete Edition
Es ist seit Jahrzehnten eine schöne Tradition, zu runden Feier- und Gedenktagen eines Komponisten die eine oder andere «Box» mit «gesammelten Werken» herauszubringen. Oft genug wurden und werden dafür die gut gefüllten Archive noch einmal gründlich durchforstet. Die dabei verfolgten Philosophien und Ziele (mit all ihren Unterschieden) zeigten sich vor allem im Beethoven-Jahr 2020. Bei Rachmaninow ist heuer die Sache um vieles einfacher – vielleicht auch, weil sich das Œuvre übersichtlicher darstellt und neben den Hauptwerken in den großen Gattungen eben doch nur wenig anderes steht. So legte vor ein paar Monaten das Traditions-Label Decca eine Box vor, die tatsächlich das hält, was sie in großen Lettern verspricht: The Complete Edition.

Derartige Editionen verstehen sich dann als «komplett», wenn tatsächlich jede Note, jedes Notat durch eine Einspielung klingend dokumentiert wird. Eine seltsames Unterfangen, stellt sich doch als entscheidende acFrage bei der Kuratierung, welche der verfügbaren Einspielungen noch einmal aufgelegt werden sollen – und vor allem: welche nicht. Bei dieser Rachmaninow Complete Edition war der Ansatz offenbar differenzierter, wie der Blick in den Appendix zeigt: Von den Klavierkonzerten wurde jeweils eine weitere herausragende Interpretation ausgewählt, hinzu kommen Rachmaninows eigene Aufnahmen (die Ampico Piano Recordings) aus den Jahren 1919 bis 1929. Bei den Werken wurde im Ergebnis Vollständigkeit erreicht, auch durch Lizensierung einzelner Aufnahmen. So finden sich erste Fassungen (Klavierkonzert Nr. 1, Klaviersonate Nr. 1) neben vierhändigen Bearbeitungen (Symphonische Tänze), ferner aber auch die beiden weithin unbekannten Streichquartett-Fragmente und manch anderes «Randständiges». Die spürbar gelungene Auswahl der Interpretation macht die Box jedenfalls nicht langweilig – im Gegenteil lohnt es sich, auch das eine oder andere abseits der eigenen Vorlieben zu entdecken. Pluspunkt: Das zwar nicht allzu umfangreiche, aber gut aufgearbeitete und im traditionellen Decca-Layout des ausgehenden 20. Jahrhunderts gehaltene CD-Booklet.

Sergei Rachmaninow. The Complete Edition
• Sinfonisches:
Sinfonie Nr. 1 d-Moll op. 13; Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27; Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 44; Symphonische Tänze op. 45; Die Toteninsel op. 29; Die Glocken op. 35; Prinz Rostislaw (1891); Caprice bohémien op. 12; Der Berg op. 7; Études-Tableaux (arr. von Ottorino Respighi); Scherzo d-Moll (1888); «Jugendsinfonie» (1891); Vocalise op. 34/14.
• Konzertantes:
Klavierkonzert Nr. 1 fis-Moll op. 1; Klavierkonzert Nr. 2 op. 8; Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll op. 30; Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40; Rhapsodie über eine Thema von Paganini op. 43.
• Kammermusik:
Sonate für Violoncello und Klavier g-Moll op. 19; Stücke op. 2; Mélodie D-Dur; Lied F-Dur für Violoncello und Klavier (1890); Vocalise op. 34/14 für Violoncello und Klavier (arr. von Lynn Harrell); Trio élégiaque Nr. 1 g-Moll (1892); Trio élégiaque Nr. 2 d-Moll op. 9; Stücke op. 6; Streichquartett Nr. 1 (?1889); Streichquartett Nr. 2 (?1896).
• Klavierwerke:
Préludes op. 23; Préludes op. 32; Prélude op. posth. (1917); Variationen über eine Thema von Corelli op. 42; Klaviersonate Nr. 1 d-Moll op. 28; Klaviersonate Nr. 2 b-Moll op. 36; Variationen über eine Thema von Chopin op. 22; Études-tableaux op. 31; Études-tableaux op. 39; Moments musicaux op. 16; Morceaux de fantaisie op. 3; Fragmente (1917); Vocalise op. 34/14 (arr. von Zoltán Kocsis); Transkriptionen von Werken von Bach, Schubert, Mendelssohn, Bizet, Mussorgskyi, Rimski-Korssakow, Tschaikowski, Kreisler, Rachmaninow; Morceaux de Salon op. 10; Three Nocturnes (1888/89); Lied ohne Worte d-Moll; Kanon e-Moll (1890/91); Fuge d-Moll (1890/91); Four Pieces (?1887); Prélude F-Dur (1892); Morceau de fantaisie «Delmo» g-Moll (1899); Fughetta F-Dur (1899); Orientalische Skizze (1917); Night is sorrowful op. 26/12; Nunc dimittis aus op. 37.
• Werke für zwei Klaviere:
Suiten Nr. 1 op. 5; Suite Nr. 2 op. 17; Symphonische Tänze op. 45; Russische Rhapsodie (1891); Romanze G-Dur (1893); 6 Morceaux op. 11.
• Sämtliche Lieder.
• Werke für Klavier zu sechs Händen:
Walzer A-Dur (1890); Romanze A-Dur (1891).
• Weitere Instrumentalmusik:
Italienische Polka für Klavier zu vier Händen und Trompete (1909).
• Chorwerke:
6 Chöre op. 15; Kantate op. 20 «Frühling»; Russische Lieder op. 41; verschiedene Chöre a cappella; Deus meus (1890); Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomus op. 31; Vesper op. 37.
• Opern:
Monna Vanna (1907); Aleko (1892); Le Chevalier avare op. 24; Francesca da Rimini op. 25.
• The Ampico Recordings – Rachmaninow spielt eigene Werke und Transkriptionen.

Vladimir Ashkenazy, Vovka Ashkenazy, Dódy Ashkenazy, Martha Argerich, Jorge Bolet, Igor Buketoff, Riccardo Chailly, Nelson Freire, Alexander Ghindin, Lynn Harrell, Peter Jablonski, Neeme Järvi, Zoltán Kocsis, Elisabeth Leonskaja, Alastair Mackie, Dene Olding, Joan Rodgers, Elisabeth Söderström, Svjatoslav Richter, Edo de Waart, Alexis Weissenberg, Walter Weller, Mikhail Pletnev, André Previn, Heinrich Schiff, Stanislaw Wislocki, Prague Philharmonic Choir, St. Petersburg Chamber Choir; Beaux Arts Trio, Goldner String Quartet, London Symphony Orchestra, Helsinki Philharmonic Orchestra, Warsaw Philharmonic Orchestra, Radio-Symphonie-Orchester Berlin, Concertgebouw Orchestra, Gothenburg Symphony Orchestra, Iceland Symphony Orchestra, San Francisco Symphony, Sydney Symphony Orchestra.
Decca 478 6765 (1919–2012)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #101 – Rachmaninow 150