29. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Berlioz / Holmès / Stéphanie d’Oustrac

Berlioz / Holmès / Stéphanie d’Oustrac
Berlioz / Holmès / Stéphanie d’Oustrac
Erst wenn die Nächte kürzer werden, werden sie auch für die Künste interessant. Jedenfalls sind eisesstarre Winternächte gleich in welcher Darstellung rar (kalt bleibt eben kalt, Winterreisen sind gefährlich, und bei Tage gibt es fallweise Nebensonnen). Laue oder gar warme Sommernächte haben aber wohl schon immer einen gewissen Reiz ausgeübt – auch auf Hector Berlioz, der 1834 bis 1840 die entsprechenden Verse von Théophile Gautier zunächst nur mit Klavierbegleitung vertonte, seine sechs Gesänge der Nuits d’été dann aber 1856 instrumentierte und ihnen damit eigentlich erst ihre wahre Gestalt verlieh (man hat den Eindruck, die Farbigkeit des Orchesters wäre ohnehin von Anfang an mitgedacht gewesen). Kombiniert werden sie auf diesem Album mit der Cléopâtre-Szene aus dem Jahre 1829, die immer noch etwas von der Radikalität hat, die einst die Jury des Rom-Preises verstörte. Berlioz war trotz Webers Freischütz um Jahre und Jahrzehnte seiner Zeit vorausgeeilt.

Gesungen, mehr noch dramatisch interpretiert wird all dies von Stéphanie d’Oustrac, deren dunkler Mezzosopran teilweise erdig, teilweise rau klingt und so die Szene in erschütternder Weise erlebbar macht. Schönheit im Sinne einer antiken Ästhetik ist ihre Sache nicht – aber auch Berlioz hat in seiner Komposition ohnehin schon andere Töne angeschlagen. Dazu passt der sehr direkt eingefangene Sound des Orchestre Pasdeloup, das 2021 mit dieser Einspielung seinen 160. Geburtstag feierte. Ein grandioses Jubiläum, zumal in Kombination mit dem seit der Gründung präsenten Auftrag, klassische Musik einem größeren Publikum näher zu bringen. Diese Produktion, zumal unter dem mit dem Orchester seit langem verbundenen Wolfgang Doerner, ist dabei fraglos ein Sympathieträger – zumal mit dem wunderbaren La Nuit et l’Amour (1888) von Augusta Holmès (1847–1903).

Hector Berlioz. Les nuits d’été op. 7; Cléopâtre; Augusta Holmès. La Nuit et l’Amour
Stéphanie d’Oustrac (Mezzo), Orchestre Pasdeloup, Wolfgang Doerner

Gramola 99247 (2020)

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